Ludwigshafen Leichenteile im Willersinnweiher

In der Vergangenheit hatten die Fernsehmacher an Weihnachten und zwischen den Jahren viel Schönes in ihren Programmen, das mein lieber Mann und ich ganz gerne und gemütlich in den Abendstunden bis nach Mitternacht konsumiert haben. Am liebsten sehe ich um diese Zeit Filme, die einem so richtig ans Herz gehen und bei denen ich dann durchaus die eine oder andere Träne vergieße. Aber irgendwie ist den diversen Sendern in diesem Jahr der sentimentale Saft ausgegangen. Sehr schade. Wären Udo Jürgens und Joe Cocker nicht überraschend gestorben, hätte es in dieser Fernseh-Weihnachtssaison wenig Grund zum Weinen gegeben. Gut gefallen haben uns lediglich die neuesten „Tatort“-Folgen: ein ziemlich origineller Weihnachts-Krimi aus Saarbrücken mit einer Maria, die in einem Stall ein Kind zur Welt bringt, und ein sehr nachdenklich stimmender Münchner „Tatort“, in dem sich Kinder unbemerkt von den Erwachsenen um sie herum im Internet prostituieren. Schon morgen Abend ermitteln zum Glück die Weimarer Kommissare Dorn und Lessing weiter, und am Sonntag schauen wir dem charmanten Wiener Moritz Eisner und seiner schrägen Kollegin Bibi Fellner dann bei der Verbrecherjagd zu. Weil ich mir fürs neue Jahr vorgenommen habe, meine Termine besser zu planen, weiß ich auch jetzt schon, dass am 18. Januar unsere Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal nach ihrem Zusammenbruch aus der Reha zurückkommt und mit Mario Kopper unter dem Titel „Die Sonne stirbt wie ein Tier“ einen neuen Fall lösen wird. Dem Ludwigshafener „Tatort“ wird vorgeworfen, dass er zu wenig Lokalkolorit habe. Schließlich werden ja auch die wenigsten Szenen in der Stadt am Rhein gedreht, weil das für die SWR-Macher in Baden-Baden sehr aufwendig und teuer ist. Mein lieber Mann und ich teilen diese Einschätzung nicht. Oder besser gesagt: Dass sich das Lokalkolorit auf Kameraschwenks über wenige markante Bauwerke wie die Hochstraßen und die BASF beschränkt, ist bei „Tatorten“ in anderen Städten auch nicht anders. Als ehemalige Münsteraner Studentin kann ich verraten, dass Hauptkommissar Thiel und der bornierte Rechtsmediziner Boerne auch in jeder Folge nur einmal an der Lambertikirche vorbeimarschieren oder mit dem Fahrrad über das holprige Kopfsteinpflaster des Prinzipalmarktes brausen, und der Zuschauer ansonsten wenig von der westfälischen Metropole zu sehen bekommt. Aber die eher sperrigen Münsteraner machen etwas aus den vielen kniffeligen Fällen, die nicht nur das witzige „Tatort“-Duo, sondern auch der schrullige Antiquar Wilsberg und reale Kommissare in der Domstadt gelöst haben. Ganzjährig können sich Touristen dort zu einer 90-minütigen Krimi-Tour anmelden und Geschichten über einen ungesühnten Mord auf dem Domplatz, einfallsreiche Kunstfälscher, einen tödlichen Hinterhalt für einen Erzbischof oder Leichenteile im Aasee anhören. Die Spurensuche führt natürlich an die Originalschauplätze. Mein lieber Mann und ich finden, dass es allerhöchste Zeit ist, den Tourismus in Ludwigshafen ebenfalls mit einer solchen Krimi-Tour anzukurbeln. Wir haben zwar keinen Dom, aber dafür die Rhein-Galerie. Und was ist schon der Aasee gegen den Willersinnweiher?

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