Ludwigshafen Krieger, Dandys, Schaukämpfer

Mit „35 Cows and a Kalashnikov“ kehrt das Filmfestival 80 Minuten lang zu seinen Ursprüngen zurück, in die frühen Jahre, als Kultur- und Dokumentarfilme das Programm bestimmten. Oswald „Ossie“ von Richthofen, der Regisseur und Produzent der spannenden ethnografischen Dokumentation, verstarb 2013 an Lungenkrebs. An seiner statt ist seine Witwe Catarina von Richthofen in Mannheim zu Gast.

„Niemand hat Afrika so geliebt wie Ossie“, sagt sie. Der Film zeuge davon. Als Kind eines Diplomaten sei er auf verschiedenen Kontinenten, auch in Afrika, aufgewachsen. Bis zu seinem Todestag im 59. Lebensjahr sei „35 Cows“ seine Triebfeder und seine Freude gewesen. Eigentlich sind es drei Filme in einem. Auf den dreifachen Ethno-Trip trifft es unbedingt zu, was Festivaldirektor Michael Kötz im Programmheft formuliert: „Nur wer tatsächlich in fremde Kulturen eintaucht, kann sagen, er sei dort gewesen.“ Mit „35 Cows“, der im Mai beim „DOK.fest“ in München uraufgeführt wurde, begibt man sich nach Äthiopien, in die Republik Kongo und in die benachbarte Demokratische Republik Kongo. Die 35 Kühe und die Kalaschnikow, die der Titel nennt, sind der Preis, den ein Surma-Mann für eine Frau zu zahlen hat. „35 Cows“ ist ein Film von Männern über Männer und die Rituale ihrer Selbstdarstellung. Frauen spielen nur eine Nebenrolle. Ossie von Richthofen, ein Urgroßneffe des „Roten Barons“ Manfred von Richthofen, feiert in oftmals atemberaubend schönen Bildern die Körperbemalung der Surma im abgeschiedenen Süden Äthiopiens. Kommentarlos wie auch in den anderen Kapiteln zeigt er die Viehzüchter und Kleinbauern beim gegenseitigen Bemalen und Betupfen mit Asche und Tonfarben, beim Erneuern der Ziernarben an Armen und Oberkörpern, beim Trinken von Milch und Blut, bisweilen direkt aus den Körpern ihrer Rinder. Man sieht sie auch beim Donga-Stockkampf, einem Mannesritual, bei dem junge Männer sich präsentieren können und junge Frauen die Gelegenheit haben, unter den Kämpfern den Zukünftigen auszuspähen. Einige Männer tragen Kalaschnikows aus dem Sudan anstelle der traditionellen Stöcke. „Ziemlich omnipräsent“ seien die russischen Sturmgewehre dort, meint Catarina von Richthofen. Ebenso exotisch wie die Surma wirken die „Sapeurs“ in Brazzaville, elegante Dandys in schriller Kleidung mit dicken Zigarren im Mundwinkel. Es sind Flaneure der Slums, die im Film als „Gentlemen“ bezeichnet werden. Von „Witchcraft Wrestlern“ in Kinshasa handelt das dritte Kapitel, in dem einer einzigen Frau etwas größere Aufmerksamkeit zuteil wird: Zena la Guerrière. Sie catcht wie die Männer mit Kampftechnik, Intelligenz und der Kraft ihrer Vorfahren. Mehr als ein herkömmlicher Dokumentarfilm ist „35 Cows“ eine filmische Vorbeugung vor Afrika, eine Hommage an seine verborgenen Schönheiten, die sonst angesichts von Berichten über Hunger, Krankheiten und Kriege immer wieder in den Hintergrund rücken. Der Film ist eine schöne, sehr persönliche Trilogie von Ossie von Richthofen, mitproduziert von seinem Freund, dem Erfolgsregisseur Roland Emmerich.

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