Ludwigshafen Kleiner Ausflug in die Radsportgeschichte

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Die Liebhaber alter Rennräder waren unter sich. Auch wenn der vierte Pfälzer Radklassiker-Treff gestern ein wenig unter der regnerischen Witterung gelitten hat – die Sammler strömten dennoch auf die Radrennbahn an die Friesenheimer Weiherstraße, um das eine oder andere Schnäppchen zu finden. Und um in Erinnerungen zu schwelgen.

Acht Aussteller boten von diversen Kleinteilen rund um das Rennrad, über Laufräder, Trikots und Schuhe bis hin zum kompletten Rennrad so manches an, was Insiderherzen höher schlagen lässt. Fast 80 Räder, vorwiegend italienische Marken aus den 1970er und 1980er Jahren wurden zum Teil bewundert. „Das Schöne bei uns Radsportsammlern ist: Wir können uns Campagnolo noch leisten, während mancher Autofan von einem Ferrari nur träumen können“, flachste ein Mittvierziger aus Mannheim. Er trug ein weißes Baumwolltrikot mit dem Schriftzug Kondor auf seinem rechten Arm. Das war aber nicht der Grund, weshalb er es von Roger Klenk (Maxdorf) gekauft hatte. Es war der Schriftzug des italienischen Komponentenbauers Campagnolo auf der oberen linken Brustseite des Trikots, der ihn fasziniert hat. „Und eine Sünde habe ich heute auch begangen“, meinte er zudem und kramte aus der Umhängetasche seiner Frau eine Schaltung jener italienischen Marke heraus und zeigte sie stolz. Teilweise war sie mit Gold überzogen. Das hatte einen Grund: Es war ein Teil der Jubiläumsgruppe, das das Unternehmen 1983 auf dem Markt brachte. Ein edles Stück, das bei dem Käufer einen besonderen Platz finden wird. „Campagnolo ist für uns wie ein Ferrari“, sagt Anton Wunderlich. Der 58 Jahre alte Ludwigshafener nennt fast 30 Räder sein Eigen, die er als Sammlerstücke tagtäglich bewundert, aber auch restauriert. „Das sind für uns wie Skulpturen.“ Auch er trägt ein Trikot über seinem Arm. Man könnte glauben, es sei jenes von Didi Thurau im damaligen Rennstall TI-Raleigh, das er bei seinen Etappensiegen bei der Tour de France trug. Fast alle Sammler von klassischen Rennrädern, jene, die bis Mitte der 1980er Jahre noch im Einsatz waren und die ausschließlich aus Stahl produziert wurden, verehren eben Tullio Campagnolo. Der Italiener hatte 1933 die Idee zu einem Schnellspannhebel für einen zügigeren Gangwechsel und löste eine Innovation am Rennrad aus. Auch Egbert Fecht, Inhaber von Radsport-Fecht in Friesenheim, ist fasziniert davon und hat aus früheren Beständen einige Räder zum Verkauf angeboten. „Es gibt Rennräder, die werde ich nicht hergeben, da blutet einem das Herz“, sagt der frühere Rennfahrer. Immer wieder wagt er sich auf jene Räder, die heute nur noch unter Liebhabern zu finden sind. „Das Material von damals ist greifbarer, es ist langlebiger und wir haben da auch viel mehr Respekt“, meinte Fecht. Für ihn und viele andere Rennrad-Fans ist es ein Genuss, noch mit dem alten Sturzring und dem schweißtreibenden Baumwolltrikot auf jenen Rädern zu sitzen, deren Schaltung noch am Rahmen erfolgte. „Heute wissen viele nicht einmal damit umzugehen“, meinte der Radsporthändler mit Blick auf die heutige Zeit, in der Materialien wie Aluminium und Carbon beim Rahmenbau dominierten. Deshalb ist für ihn die Klassiker-Ausfahrt mit weiteren 18 Akteuren ein besonderes Erlebnis gewesen. So etwas wie ein kleiner Ausflug in die Radsportgeschichte. |wij

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