Ludwigshafen Impuls in der Kfz-Werkstatt

Yannick Kemper spielt nicht nur Schach. Er sprintet auch: 100 und 200 Meter sind seine Disziplin.
Yannick Kemper spielt nicht nur Schach. Er sprintet auch: 100 und 200 Meter sind seine Disziplin.

«Ludwigshafen.»Mit einer herausragenden Bilanz von sechs Punkten aus sieben Spielen (davon fünf Siegen) schraubte Yannick Kemper seine Deutsche Wertungszahl (DWZ) sogar kurzzeitig über 2000 Punkte. Diese Marke gilt gemeinhin als die Schwelle zum Meisterspieler. Dass er sie jüngst wieder unterboten hat, lag an schwachen Auftritten bei Einzelturnieren in Neustadt und Karlsruhe. „Schon während der Saisonspiele hatte ich teils sehr viel Glück, einmal hatte ich sogar eine eigentlich komplett verlorene Stellung“, gibt sich der Ludwigshafener bescheiden. Dass die starke Punkteausbeute in seiner ersten Spielzeit in der Ersten Rheinland-Pfalz-Liga kein Zufall gewesen sein kann, beweist die Klasse seiner Gegner. 2025 DWZ- Punkte hatten diese im Schnitt aufzuweisen, mehr als 100 Zähler über seinem damaligen Wert – im Schach fast ein Klassenunterschied. Angefangen hat der gebürtige Westerwälder erst im relativ späten Alter von 15 Jahren. „Das ist ein Alter, in dem eigentlich viele wegen der Pubertät mit dem Schach wieder aufhören“, meint Kemper. Für ihn ging es dagegen erst los, als eines Tages ein russischer Kunde in der Kfz-Werkstatt seines Vaters auftauchte. „Wir kamen ins Gespräch über Schach und da ich schon die Regeln kannte, fragte er mich, ob ich nicht in den Verein gehen wolle“, erinnert sich Kemper. Der Autokunde wurde so zu seinem ersten Trainer in seinem Heimatverein Betzdorf im äußersten Norden von Rheinland-Pfalz. Vor einigen Jahren kam Kemper dann nach Ludwigshafen, wo er bei der BASF eine Ausbildung zum Chemielaboranten absolvierte. In seiner neuen Wahlheimat fand er mit dem Schachklub 1912 gleich den passenden Verein. Zweimal die Woche trainiert er. Dazu kommen private Übungsstunden mit einem kroatischen Meisterspieler via Skype. „Zusammen suchen wir passende Eröffnungen für mein Spiel oder analysieren Partien aus vergangenen Turnieren“, sagt Kemper. Das beste Training aber sei die Praxis, und darum ist Kemper viel unterwegs, um Turniererfahrung zu sammeln. „Hier hat die Pfalz doch deutlich mehr zu bieten als meine Heimat, die doch ziemlich dünn besiedelt ist“, lobt Kemper die hiesige Turnierdichte. Dabei musste er jüngst auch Rückschläge hinnehmen: Beim Pfalz Open in Neustadt schaffte Kemper im Februar gerade einmal 2,5 Punkte aus neun Runden. Noch schlimmer erwischte es ihn über Ostern beim Grenke Open in Karlsruhe, dem inzwischen größten Schachturnier Europas. Nach fünf Niederlagen in Folge musste Kemper dort einmal am letzten von 446 Brettern antreten. Am Ende sprangen in acht Runden zwei magere Unentschieden heraus. „Es zieht sich etwas durch meine Schachlaufbahn, dass ich immer abwechselnd starke und schwache Leistungen bringe“, meint Kemper. „Manchmal hapert es eben noch an der Konzentration, und auf diesem Niveau können dann halt ein, zwei schwache Züge entscheidend sein.“ Auf seinem Turnierkalender finden sich dieses Jahr noch zahlreiche Einträge wie die Stadtmeisterschaften in Ludwigshafen und Stuttgart, die deutsche U25-Jugendmeisterschaft in Willingen oder die Rheinland-Pfalz-Meisterschaften in Weilerbach. Langfristig hat Yannick Kemper noch große Pläne: Er möchte den Titel eines FIDE-Meisters erreichen, den der Weltschachverband vergibt. Als Ausgleich zum Denksport betreibt der 22-Jährige seit Kindestagen Leichtathletik, vor allem den 100- und 200-Meter-Sprint. „Früher ging das noch leistungsmäßig, jetzt nach ein paar Verletzungen vor allem, um mich fit zu halten“, sagt Yannick Kemper.

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