Ludwigshafen Heinz Erhardts Sohn?

„Striptease auf höchster Ebene“: Kay Scheffel (rechts) und der Geiger Stefan Krznaric im Capitol.
»Striptease auf höchster Ebene«: Kay Scheffel (rechts) und der Geiger Stefan Krznaric im Capitol.

Stilgerecht holt der gut genährte Mann mit Brille und Glatze die Gäste zurück in die 50er- und 60er Jahre. Die Ära des Wirtschaftswunders machen schon die roten Samtpolsterwände, der alte Schreibtisch und das Wählscheiben-Telefon lebendig. „Noch´n Gewicht“ nennt sich die jüngste Folge der „Kay Scheffel Show“. Damit spielt sie auf das Offensichtliche an: auf seinen rundlichen Körperbau und seine große Ähnlichkeit mit seinem großen Vorbild, die er gleich anfangs besingt: „Man kennt mich schon und fragt: ,Sind sie nicht Heinz Erhardts Sohn?`“ Das Publikum scheint den Zeitsprung gerne mitzumachen. Jenseits der Mühen und Härten des Lebens im Nachkriegsdeutschland waren Fernsehen und Leinwand die Illusionsträger der schönen heilen Welt. Der Humor war nach der NS-Zeit weitgehend unpolitisch. Komiker wie der 1979 verstorbene Heinz Erhardt machten sich über sich selbst lustig und rissen weniger böse Witze über andere. Genau das scheint auch Scheffels Credo zu sein. Er sieht eben nicht nur aus wie sein Idol. Es ist das Verschmitzte, das Tollpatschige, mit dem auch Scheffel Sympathien gewinnt, das Freundliche, das Harmlose, das jeden Zyniker entwaffnet. Mit zur Schau gestellter Unsicherheit spielt er sein scheinbares Lampenfieber aus und amüsiert mit lustigen Versprechern. Das Publikum lacht herzhaft, vielleicht aber auch nur, weil der Witz so harmlos ist. Der Komiker als Ziel des eigenen Spottes ist heutzutage rar geworden. Das Boshafte überlässt Scheffel als Bauchredner seinem Puppenkabinett, allen voran dem Raben Rocky. Mit einer Stimme wie Johnny Cash und Clint Eastwood in einer Person schenkt der Vogel ihm ordentlich ein: „Bist wohl nicht drangekommen?“, ranzt Rocky Scheffel an, als der ihm erzählt, dass er vor der Show extra im Schönheitssalon gewesen sei. Scheffels Glatze sei „Striptease auf höchster Ebene“. Schallend gelacht wird auch, als Scheffel von der nackten Dame erzählt, die er in seinem Hotelbett zuerst ent- und dann zugedeckt habe. „Was hättest du getan?“, fragt Scheffel den Raben und Rocky meint: „Dasselbe wie du, du Lügner...“. Als „Pionier unter den Bauchrednern“, der ab 1980 die Hochburgen des Karnevals am Rhein erobert hat, bezeichnet sich Kay Scheffel selbst. So haben auch seine Puppen schon ein langes Leben im Showbiz hinter sich. Etwa Juanita, die Ente mit der piepsigen Stimme aus Las Vegas. Sie gesteht Kay Scheffel, dass sie vor lauter Liebe zu Rocky den ganzen Tag nichts essen und nachts nicht schlafen könne, weil sie dann Hunger habe. „Erwachsene sind große Kinder. Und erwachsene Kinder kann ich auch mit intelligenten, eindeutig zweideutigen Gags beliefern, über die kleine Kinder gar nicht lachen würden“, sagte Kay Scheffel in einem Interview über den Reiz des Bauchredens für Erwachsene. Eine andere wesentliche Säule der „Kay Scheffel Show“ ist die „Schokolade fürs Herz“, wie Scheffel seinen Musikstil nennt. Zwischen melodischem Jazz und Swing oszillierend, sind es seine Gesangseinlagen, die vorm geistigen Auge wieder die braunen Schlaghosen von Rudi Carrell wackeln oder Peter Frankenfelds Studiokulisse wiederauferstehen lassen. Mit „Smile“ verneigt sich Kay Scheffel vor Charlie Chaplin. Andere Lieder wie „Träumen Sie nicht länger von Paris!“ schrieb der Komponist Armin Pertel aus München für ihn. An der Violine gab der virtuose Stefan Krznaricz mal die Begleitung, mal den Solisten. Den Sound der guten alten öffentlich-rechtlichen Show-Orchester belebte das Maxwell Street Orchestra, das auf der Capitol-Bühne allerdings nur durch den Pianisten Jean-Marc Heinz vertreten war.

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