Ludwigshafen Heillos zerstritten

Das letzte, erst in diesem Jahr erschienene Bloch-Jahrbuch hat ein neues Cover. Nicht mehr weiß, sondern rostrot und unterlegt mit einem Porträt Ernst Blochs. Es ist auch nicht mehr, wie viele Jahre, im Talheimer Verlag erschienen. Der Vorstand der Bloch-Gesellschaft und Welf Schröter, Mitinhaber des Verlags, sind nämlich heillos zerstritten. Heute treffen sie sich vor dem Amtsgericht.

Bei dem Termin geht es um strittige Zahlungsrückstände der Bloch-Gesellschaft, die der Talheimer Verlag einfordert. Laut Vertrag, so der in Mössingen bei Tübingen ansässige Verlag, stehe für die Bloch-Jahrbücher 2011 und 2012 noch ein Differenzbetrag in Höhe von 2045,15 Euro zum Druckkostenzuschuss aus. Außerdem wäre die Bloch-Gesellschaft laut Vertrag verpflichtet gewesen, für die beiden Veröffentlichungen Anzeigen im Wert von insgesamt 1000 Euro zu akquirieren. Mit vorgerichtlichen Anwaltskosten beläuft sich die Summe, die der Verlag verlangt, auf 3415,33 Euro. „Wir sind eine arme Gesellschaft, wir haben das Geld nicht“, sagt Francesca Vidal, seit 2006 Präsidentin der Bloch-Gesellschaft. Außerdem spricht sie von einem „unschönen Verhalten“ Welf Schröters, des früheren Vizepräsidenten der Gesellschaft, mit dem sie viele Jahre befreundet gewesen sei. Es sei nämlich nicht das erste Mal, dass die Bloch-Gesellschaft und der Talheimer Verlag einen Streit vor Gericht austragen würden. Im vergangenen Jahr habe die Gesellschaft eine einstweilige Verfügung erwirkt, nachdem der Talheimer Verlag im Februar die Website der Bloch-Gesellschaft im Internet abgeschaltet habe. Damals, so Reinhard Werk, Rechtsanwalt und Schatzmeister der Bloch-Gesellschaft, habe der Verlag für die Domain und Urheberrechte an den Beiträgen Welf Schröters auf der Internet-Seite einen Betrag von geschätzten 14.000 Euro geltend gemacht. „Schlicht erpresst“ habe sich der Vorstand gefühlt, sagt Werk. Dabei habe sich der mit dem Internet-Auftritt der Bloch-Gesellschaft betraute Schröter nicht an einen Vorstandsbeschluss des Jahres 2013 gehalten, der ihm die Zuständigkeit für den Newsletter mit aktuellen Nachrichten und Mitteilungen der Gesellschaft entzogen habe, und ihn einfach weiterpubliziert. Die Domain habe sich der Talheimer Verlag übrigens ohne Kenntnis des Vorstands gesichert, so Reinhard Werk. Vor dem Tübinger Amtsgericht hätten die streitenden Parteien einen Vergleich geschlossen. Der Talheimer Verlag habe auf die Rechte an der Website verzichtet, die Bloch-Gesellschaft auf Schröters Beiträge. Inzwischen hat die Gesellschaft laut Vidal zwei andere Mitglieder mit dem Newsletter betraut. „Welf Schröter hat sehr viel für die Gesellschaft getan und war eines der aktivsten Mitglieder“, hält die Präsidentin ihrem ehemaligen Stellvertreter noch zugute. In dem heute anstehenden Prozess macht die Bloch-Gesellschaft Zusagen Schröters und seiner Mitinhaberin Irene Scherer geltend. Mündlich habe Schröter ihr gegenüber stets versichert, dass der Verlag Rücksicht auf die finanzielle Lage der Gesellschaft nehme, sagt Vidal. In Briefen, fügt Reinhard Werk hinzu, habe Irene Scherer diese Rücksichtnahme seitens des Verlags, der das Jahrbuch seit 1994 herausgegeben habe, sogar schriftlich zugesichert. Fast zwanzig Jahre sei es gängige Praxis gewesen, den Druckkostenzuschuss nie in voller Höhe in Rechnung zu stellen. „Nur weil ein solches Entgegenkommen zugesichert worden ist, haben der damalige Präsident und der Schatzmeister, die Professoren Burghart Schmidt und Rainer Zimmermann, 1997 überhaupt den Vertrag abgeschlossen“, betont Werk. Als Grund für Schröters jetziges „irrationales Verhalten“ vermutet Reinhard Werk, dass sich der ehemalige Vizepräsident im Vorstand ausgegrenzt gefühlt habe. Die Vorstandsmehrheit habe sich nämlich für eine akademische Ausrichtung der Gesellschaft ausgesprochen, während er ein stärkeres politisches Engagement gewünscht hätte. Auf Anfrage bestätigt Welf Schröter, der 20 Jahre dem Vorstand der Gesellschaft angehört hat, davon zehn Jahre als Vizepräsident, dass es solche Differenzen gegeben habe. Auf der letzten Mitgliederversammlung der Bloch-Gesellschaft im Oktober 2014 habe er deswegen auch nicht für eine weitere Amtszeit kandidiert. Er war damals nicht persönlich im Ludwigshafener Bloch-Zentrum anwesend und entschuldigte sich, weil er krank sei. In seinem schriftlichen Rechenschaftsbericht, den er jetzt offengelegt hat, beklagte Schröter damals jedoch eine „strukturelle Krise“ der Gesellschaft. Die Mitgliederzahl, derzeit etwa 130, gehe immer weiter zurück; die Einnahmen seien mangels Mitgliedsbeiträgen rückläufig, so dass es an Mitteln auch für wissenschaftliche Vorhaben fehle; die Mitglieder würden immer älter, und für junge Leute sei die Gesellschaft nicht attraktiv. Wenn es neue, junge Mitglieder gegeben habe, dann sei deren Ansprache „kaum erkennbar“ gewesen. „Zum Teil verließen Personen wütend den Verein“, kritisierte Schröter. Der Streit, ob die Gesellschaft eher fachwissenschaftlich oder gesellschaftspolitisch hervortreten solle, durchziehe die Gesellschaft seit ihrer Gründung 1986, sagt Schröter. Er habe sich jetzt wieder an der Frage der künftigen Ausrichtung des Bloch-Jahrbuches entzündet. Schröter schlug dem Vorstand im Oktober vor, geschlossen zurückzutreten und Jüngeren Platz zu machen. „Nur so kann es gelingen, frei von verletzten Gefühlen und alten Geschichten eine neue Balance auszuhandeln“, hieß es in seinem Bericht. Zu dem in Tübingen geschlossenen Vergleich will Schröter sich überhaupt nicht äußern, zu dem bevorstehenden Verfahren sagt er nur, dass eventuelle mündliche Zusagen seinerseits „nicht relevant“ seien, da er nicht alleiniger Inhaber des Verlags sei. Der Verleger besteht auf einer sauberen Trennung zwischen sich als Mitglied der Bloch-Gesellschaft und als Geschäftsmann. Die Bloch-Gesellschaft habe vom Talheimer Verlag eine Rechnung und einen Mahnbescheid erhalten und Widerspruch dagegen eingelegt. Jetzt müsse das Gericht entscheiden, sagt er. Den Vertrag habe der Verlag gekündigt, als die Gesellschaft die Rechnung nicht beglichen habe. Der Rechtsstreit habe aber nichts mit seinem Rücktritt als Vizepräsident zu tun. Die Auseinandersetzung vor Gericht scheint Welf Schröter allerdings ein wenig peinlich zu sein. Die Kontroverse werde von der Öffentlichkeit wohl „mit Kopfschütteln aufgenommen“, befürchtet er. Da liegt er sicherlich nicht falsch. Weil die Mitglieder der Bloch-Gesellschaft sich auf ihren Tagungen im Zeichen der Utopie oft die Köpfe heiß reden, wie sich der Zustand der Welt verbessern ließe, mutet dieser Streit in den eigenen Reihen schon ein wenig lächerlich an. Termin Verhandlung am heutigen Mittwoch, 19. August, um 11 Uhr im Sitzungssaal 2 des Amtsgerichts Ludwigshafen

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