Über den Kirchturm hinaus Feministischer Kampftag

Seit 1975 gibt es den Weltfrauentag.
Seit 1975 gibt es den Weltfrauentag.

1975 erklärte die UNO den 8. März zum Weltfrauentag. Seit einigen Jahren setzt sich die Bezeichnung Feministischer Kampftag durch. Weil es an diesem Tag um mehr geht als um Blumen für Frauen: nämlich um den gemeinsamen Kampf gegen das Patriarchat und für gesellschaftliche Chancengleichheit.

Davon profitieren nicht nur Frauen, auch für Männer ist das Leben im Patriarchat nicht nur von Vorteil. Männer begehen häufiger Suizid, haben eine niedrigere Lebenserwartung und sprechen seltener über psychische Probleme. Dennoch ist es richtig und wichtig, dass am Frauentag die Frauen im Mittelpunkt stehen. Für sie ist das Leben in unseren patriarchal geprägten Strukturen viel schwieriger. Besonders wir Männer müssen das endlich ernstnehmen: Femizide und häusliche Gewalt; das Mehr an unbezahlter Carearbeit, die Benachteiligung von Frauen im Beruf, weil sie schwanger werden könnten.

In konservativen christlichen Kreisen werden dafür schnell vermeintlich biblische Werte zur Rechtfertigung ins Feld geführt. Gott habe den Menschen als Mann und Frau erschaffen, Aufgabe der Frau sei es, Kinder zu kriegen und sich um sie zu kümmern. Oft wird auch der Paulus zugeschriebene Satz zitiert, Frauen hätten in der Gemeinde zu schweigen und sich unterzuordnen.

Das macht mich wütend, weil es – meiner Meinung nach – ein völlig falsches Bild des Christentums zeigt. Wenn ich in die Bibel schaue, finde ich Geschichten, in denen Jesus Frauen stärkt und sie ermutigt, sich gegen die herrschenden Strukturen zu wehren. Jesus setzt sich für Frauen ein, wenn sich niemand mehr für sie stark macht.

Und auch Paulus wird missverstanden. Eigentlich setzt er sich für Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit ein: „Es spielt keine Rolle mehr, ob ihr Juden seid oder Griechen, Sklaven oder freie Menschen, Männer oder Frauen. Denn durch eure Verbindung mit Christus Jesus seid ihr alle wie ein Mensch geworden.“ (Galater 3,28) Christen und Christinnen und die Kirchen sollten sich daran orientieren und sich für gesellschaftliche Chancengleichheit stark machen.

Der Autor

Florian Grieb (34) ist Pfarrer in der Protestantischen Jona-Kirchengemeinde.

Florian Grieb
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