Ludwigshafen Einkaufszettel per App

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Das erste Smartphone konnte Faxe verschicken – von unterwegs aus. Es hatte Internetzugang, SMS waren damals ohnehin schon gängig. Als das „Nokia 9000 Communicator“ im August 1996 auf den Markt kam, begann eine neue Ära. Heutzutage ist ein Smartphone Standard – für die meisten zumindest.

Ausgenommen Uwe Ritter. „Nein, habe ich nicht und werde ich nie haben“, sagt der 53-Jährige in entschlossenem Ton. Wir treffen den Schlosser in der Bismarckstraße, wo er berichtet, wie es bei ihm zu Hause ständig piepe, wenn seine Frau und seine beiden Töchter die Geräte nutzen. „Whats App und was es da alles gibt.“ Das nerve ihn nur. Außerdem habe er „zu dicke Finger“ und sei „aus dem Alter raus“, sagt der Ludwigshafener. Das mit den Fingern – wohl vor 20 Jahren ein kleineres Problem. Das erste Smartphone hatte noch Tasten. Es sah aus wie ein aufklappbares Handy, 400 Gramm schwer, käuflich zu erwerben für damals 2700 D-Mark. Zum Vergleich: Ein heutiges Gerät wiegt etwa zwischen 100 und 180 Gramm, je nach Modell. Der Durchbruch gelang dem „schlauen Telefon“ – so etwa würde man den Namen aus dem Englischen übersetzen – ab 2007. Im Januar jenes Jahres kündigte Apple-Oberhaupt Steve Jobs das erste iPhone an, das Telefon, Internet und Musikgerät mit dem Handy verbinden sollte. Musik hört auch Melody Montian, als wir sie in der Innenstadt ansprechen. Den Kopfhörer im Ohr erzählt sie, dass sie seit etwa vier Jahren ein Smartphone hat. Tatsächlich nutze sie es fast nur für Musik und um Fotos zu machen. Whats App? Facebook? „Ist für mich zu kompliziert“, sagt die 20-Jährige, die in Ludwigshafen wohnt und derzeit auf Arbeitssuche ist. Telefonieren? Ja, das mache sie schon. „Aber nicht alle zehn Minuten.“ Maria Kaiser (62) ist mit ihrem Smartphone noch in der Kennenlern-Phase. Seit September besitzt sie eins. „Das ist ganz einfach und viel besser als mit dem PC“, freut sich die Sachbearbeiterin. Sie telefoniere, nutze das Internet, „und ich versuche, mir eine Einkaufsliste zu machen“. Dafür gebe es eine spezielle App. Die Ludwigshafenerin scheint begeistert zu sein von ihrem Gerät. Gibt es auch Nachteile? Man müsse das Smartphone öfter mal aufladen. Auf ihr Festnetz-Telefon zu Hause möchte sie bald ganz verzichten. Im Oktober 2008 wurde das erste Android-Smartphone öffentlich vorgestellt. Der Konzern Google hatte zuvor das Start-Up Android gekauft. Es entwickelte sich eine harte Konkurrenz zu den Apple-Produkten. Steve Jobs und Kollegen versuchten sogar, dem Google-System gerichtlich einen Strick zu drehen. Heutzutage hat das Android die Nase vorn. Im ersten Quartal 2016 wurden knapp 294 Millionen der Google-System-Smartphones verkauft. Dagegen gingen nur 51,6 Millionen iPhones über die Ladentheke – oder durch den Internetversand. „Und wenn es nur eine Einzahlung auf ein anderes Konto ist“, heute mache man eben alles mit dem Smartphone, sagt Felix Kehrein. Er muss es wissen. Nutzt er das Smartphone nicht nur privat, sondern arbeitet auch beim Mobilfunkanbieter O2 und berät andere Menschen, die sich für Smartphones interessieren. Wenn er das Smartphone auch für Bank-Transaktionen nutzt, hat er dann keine Sicherheitsbedenken? „Da kann auch ohne Smartphone was passieren“, sagt der 30-Jährige. Das kleine tragbare Gerät nutzt er quasi den ganzen Tag lang. Can Tokmak (23) schätzt, dass er sein Smartphone etwa zehn bis zwölf Stunden am Tag nutzt – natürlich nicht am Stück. Nachteile sieht er nicht. „Das gehört zur Schnelllebigkeit“, sagt der Bankangestellte. Wie die langfristigen Auswirkungen von ständiger Nutzung sind, wisse man noch nicht, sagt Tokmak. Wer von den Befragten zugegeben hat, auch auf sein Smartphone zu schauen, während er Auto fährt, bleibt besser ungesagt. Fakt ist: Wer mit dem Smartphone in der Hand am Steuer erwischt wird, zahlt 60 Euro Bußgeld und bekommt einen Punkt in Flensburg obendrauf. Noch dazu steigt die Unfallgefahr. Wegzudenken ist es aus dem Alltag der meisten trotzdem nicht. Außer bei Menschen wie Uwe Ritter. Ein einfaches Handy hat er übrigens. „Aber nur zum Telefonieren.“

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