Ludwigshafen Ein Autor mit Blick für den Alltag

Tobias Steinfeld ist der neue Mannheimer Stadtschreiber, der „Feuergriffel“, wie das Amt auch genannt wird. Von Mitte April an wird er drei Monate lang in Mannheim leben und arbeiten. Dabei wird er nicht nur einen Roman für Jugendliche zu Ende schreiben, sondern auch an Veranstaltungen für junge Menschen teilnehmen. Der „Feuergriffel“ ist das einzige Stadtschreiberstipendium für Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland.

Das Turmzimmer in der Alten Feuerwache, das Steinfeld zur Verfügung gestellt bekommt, ist frisch renoviert. Von dort aus hat der Autor einen faszinierenden Blick auf die Stadt. Vielleicht sogar auf seine alte Wohnung im Stadtteil Neckarstadt, denn Steinfeld lebte schon einmal in Mannheim, studierte hier von 2006 bis 2009 Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie Germanistik. Sein Masterstudium „Literatur und Medienpraxis“ absolvierte er dann an der Universität Duisburg-Essen. Nun macht ein Studium nicht gleich einen Schreiber aus. Vor allem keinen, der bei der hochkarätig besetzten „Feuergriffel“-Jury so gut ankommt, dass er das begehrte, mit insgesamt 9000 Euro dotierte Stadtschreiberstipendium erhält. Insgesamt 40 Autoren hatten sich diesmal beworben. „Der Stadtschreiber muss in der Lage sein, in die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen einzutauchen“, sagte Mannheims Bildungsbürgermeisterin Ulrike Freundlieb, als Tobias Steinfeld gestern vorgestellt wurde. Gelernt hat Tobias Steinfeld das Schreiben unter anderem während seines Studiums als freiberuflicher Journalist. Er besuchte Schreibwerkstätten mit Judith Kuckart und John von Düffel. Danach schrieb der Wahl-Düsseldorfer Filmdrehbücher und Hörspiele, verfasste Essays und Erzählungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Lebenserfahrung sammelte der 1983 in Osnabrück geborene Autor als Behindertenassistent und als Inklusionshelfer an Schulen für geistige Entwicklung. Und seit 2013 verbindet der junge Mann mit Schnauzbart seine Autorentätigkeit mit sozialer Arbeit, leitet seither auch Hörspielprojekte für Kinder und Jugendliche. „Ich glaube, dass mein Text gut hierher passt“, so Steinfeld. Den Roman „Im Himmel gibt es Sucuk, so viel du willst“, an dem er zurzeit arbeitet, reichte er zur Bewerbung als Stadtschreiber ein und überzeugte damit die Jury. Darin tritt ein Achtklässler sein Praktikum in einer Sonderschulklasse an und wird versehentlich für einen neuen Schüler gehalten. Ob er das Buch bis Mitte Juli vollendet hat, weiß er allerdings nicht. „Ich lasse mir Zeit dafür“, erklärte er. Immerhin hat er in Mannheim auch noch jede Menge andere Dinge zu tun. Unter dem Motto „Feuerprobe“ soll eine Schulklasse die Möglichkeit bekommen, den Autor in den drei Monaten intensiv zu begleiten. Regelmäßige Treffen mit jungen Menschen stehen auf dem Programm. Außerdem plant Steinfeld ein Hörspiel mit Schülern, die mit einem Aufnahmegerät losziehen und den „Klang“ der Stadt aufnehmen. Die akustischen Zeugnisse ergeben dann zusammengeschnitten ein Porträt. Lesungen und ein „Social Writing“-Projekt, gemeint ist ein „Feuergriffel“-Blog, über den Autor und Jugendliche gemeinsam an einer Fortsetzungsgeschichte schreiben, werden Tobias Steinfeld ebenfalls beschäftigen. Aber Ruhe wäre ja auch nicht der Sinn der Sache. Selbst wenn der Autor diese vielleicht manchmal nutzt, um ganz genau hinzuschauen. „Ich habe das Gefühl, Dinge, die ich im Alltag beobachte, mitteilen zu müssen“, so Steinfeld zu seiner Motivation, schriftstellerisch arbeiten zu wollen. In Mannheim will er vor allem junge Menschen für Literatur begeistern. Steinfeld verbindet auch eigene Hoffnungen mit dem „Feuergriffel“. „Ich habe bis jetzt noch keinen Roman veröffentlicht. Vielleicht wird ja der ein oder andere Verlag auf mich aufmerksam“, erklärte er. Und diese Hoffnung ist gar nicht mal so unbegründet. Bestes Beispiel ist Saša Stanišic, der vergangenes Jahr erst den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen hat. Er ist der Vorgänger Steinfelds und mischt nun bei den großen Schriftstellern mit.

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