Ludwigshafen „Die TSG ist ein harter Prüfstein“

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Ludwigshafen. Während Handball-Zweitligist TSG Friesenheim bereits zwei Saisonspiele absolviert hat, startet der heutige Gast (19 Uhr, Friedrich-Ebert-Halle), der TSV GWD Minden, erst in die neue Spielzeit. Im Interview spricht Mindens Trainer Frank Carstens über Zeit mit der Familie, die Machtlosigkeit als Trainer und erklärt, warum Aufstiegsfavoriten hin und wieder scheitern.

Herr Carstens, was haben Sie gedacht, als Sie den Spielplan zum ersten Mal sahen? Immerhin gastierten Sie mit Minden im letzten Saisonspiel der Vorsaison in Friesenheim (24:28) und sind nun in Ihrer ersten Partie in dieser Spielzeit gleich wieder in Ludwigshafen zu Gast?

(lacht) Es ist natürlich schon etwas Besonderes, wenn man bei dem Gegner, bei dem man die vergangene Saison beendet hat, die neue beginnt. Es gibt sicherlich einfachere Auftaktspiele. Friesenheim hat einen Umbruch hinter sich, ist aber immer noch eine sehr starke Mannschaft. Wir wissen, dass uns ein schweres Spiel bevorsteht. Das Gute ist: Nach dem Spiel weiß man wenigstens, wo man steht, wie wettbewerbsfähig man ist. Ihr Verein gilt als der große Favorit auf den Bundesliga-Aufstieg. Ist ein Sieg in Friesenheim da nicht Pflicht? Wir wollen dort natürlich gewinnen, aber die TSG ist ein harter Prüfstein. Unser Ziel ist der Aufstieg, egal ob als Erster, Zweiter oder Dritter. Ich finde, Minden gehört in die Bundesliga und da wollen wir in der kommenden Saison auch wieder sein. Ich habe aber genug Zeit in der Zweiten Liga verbracht, um zu wissen, dass man vor jedem Gegner Respekt haben muss. Spüren Sie Druck? Ja, natürlich. Aber nicht nur Druck, sondern auch Lust auf die Aufgabe. Ist das eher ein positiver oder ein negativer Druck? Hat man zu wenig Druck, bringt man seine Leistung nicht. Daher ist Druck etwas gutes, er sollte aber positiv bleiben.Man erlebt sportartenübergreifend sehr oft, dass die großen Favoriten in der Zweiten Liga große Probleme haben. Warum? Das liegt sicherlich an der Rolle des Favoriten, weil er es nicht schafft, sein Niveau abzurufen. Der Favorit trifft 40 Mal auf einen Gegner, für den das Spiel der Saison ansteht, vor allem wenn die Partien in des Gegners Halle stattfinden. Und jeder will natürlich dem Favoriten ein Bein stellen. GWD Minden hatte nach dem Bundesligaabstieg im Mai juristisch dagegen geklagt, weil – bedingt durch die Aufstockung der Liga auf 19 Teams – die Zahl der Absteiger erst kurz vor Beginn der Serie auf vier erhöht worden war. Das zog sich im Sommer ein paar Wochen hin. Wie schwer war da die Planung für die neue Saison? Ich habe viel über die Kaderplanung nachgedacht: Wie reagiert man im Fall x, wie im Fall y. Man hat als Trainer keinen Einfluss mehr darauf, wo man in der kommenden Saison spielt, ist aber trotzdem die ganze Zeit „dabei“. Das lässt einen gedanklich nicht los, man kann nicht wirklich abschalten. Die Regenerationszeit fehlt einem.Glauben Sie, dass diese Entscheidung bei der Mannschaft nachwirkt? Die Lust auf die Bundesliga ist natürlich größer. Aber das ist jetzt abgehakt. Sie waren von 2011 bis 2013 zwei Jahre nicht nur Coach des SC Magdeburg, sondern parallel auch noch Co-Trainer der Nationalmannschaft. Für mich war die Zeit beim DHB natürlich ein Höhepunkt. Ich habe es unter dem Aspekt der Fortbildung gesehen. Ich konnte in dieser Zeit viele Erfahrungen sammeln, vor allem weil ich international noch keine hatte.Sie haben dann aufgehört, weil die Belastung zu hoch war. So eine Doppelbelastung kann man nicht lange machen. Ich war 180 Tage im Jahr unterwegs. Da fehlt einem die Regenerationszeit, die Zeit mit der Familie. Andererseits kann das Amt des Co-Trainers ja ein Sprungbrett sein. Martin Heuberger, der Ex-Bundestrainer, ist so zum Nationaltrainer geworden. Mein Ziel war es nie, die Nationalmannschaft zu trainieren, mein Ziel ist die Arbeit im Verein.

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