Mannheim Bühne frei: Seit 1994 gibt es die Mannheimer Theaterakademie

Silvana Kraka ist Dozentin und ehrenamtliche Leiterin der Theaterakademie Mannheim.
Silvana Kraka ist Dozentin und ehrenamtliche Leiterin der Theaterakademie Mannheim.

Der Traum vom Theater: Ihn träumen alle jungen Männer und Frauen, die sich für vier Jahre an der Theaterakademie Mannheim zu Schauspielern oder Regisseuren ausbilden lassen. Die 1994 gegründete „Tham“ ist die einzige staatlich anerkannte Schauspielschule zwischen Mainz und Freiburg. Ihre Absolventen stehen auf allen Bühnen der Region.

Silvana Kraka weiß genau, wie es sich anfühlt, auf einer Bühne zu stehen und unter sich im Halbdunkel eine Gruppe mehr oder weniger streng dreinblickender Männer und Frauen mehr zu spüren als zu sehen. 17 Jahre alt war sie, als sie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin vorsprach. „Eigentlich“, so erinnert sie sich Jahrzehnte später an ihre Worte beim anschließenden Gespräch mit dem Auswahlgremium, „möchte ich gar keine Schauspielerin werden. Sondern Schauspiellehrerin.“ Sie habe sich falsch ausgedrückt, wurde ihr entgegengehalten. „Sie meinen sicher, Sie möchten Regisseurin werden.“

Gründung im Jahr 1994

Nein. Das meinte sie nicht. Die junge Silvana Kraka wusste damals schon: Sie möchte einmal selbst jungen Menschen die Techniken beibringen, die sie dazu befähigen, auf einer Bühne zu brillieren. Wie man das Beste aus sich und seinem Spiel herausholen kann. Ganz geradlinig war der Weg dahin allerdings nicht: Sie wurde dann doch erst einmal – Regisseurin. Nach ihrem Studium der Geschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften in Halle und Leipzig arbeitete sie seit Mitte der 1990er-Jahre an Theatern und inszenierte seitdem in ganz Deutschland. Im Jahr 2000 führte die Liebe sie nach Mannheim. Silvana Kraka wurde Mutter zweier Töchter – und bekam 2007/2008 mit der Theaterakademie so etwas wie ein drittes Kind. Zuerst war sie Dozentin an der Schule, seit rund 15 Jahren leitet sie die Einrichtung zudem ehrenamtlich. Der beim Vorsprechen geäußerte Traum, als Schauspiellehrerin zu arbeiten: Er ist wahr geworden.

Die Theaterakademie Mannheim, die „Tham“, ist 1994 gegründet worden und war zunächst in einem Industriegebiet in Käfertal zu Hause. Seit 2007 residiert sie im Felina-Gebäudekomplex in der Neckarstadt-Ost. Die Bühne und auch den einen oder anderen Scheinwerfer teilt sich die Schule mit Sascha Koals Theater Felina-Areal. Silvana Kraka pflegt ein großes Netzwerk innerhalb und außerhalb der Stadt und hat gute Verbindungen zum Nationaltheater und zur freien Szene, zum Theater im Pfalzbau in Ludwigshafen, dem Pfalztheater Kaiserslautern, dem Theater der Stadt Heidelberg, dem Badischen Staatstheater Karlsruhe und vielen kleineren Häusern. Die Dozentinnen und Dozenten kommen von den Theatern. Die jungen Menschen, die sich hier zu Schauspielern und Regisseuren ausbilden lassen, werden als Gäste für Inszenierungen gebucht oder dürfen mit Kollegenkarten Vorstellungen besuchen.

„Unsere Schule ist die Quelle für den Schauspielnachwuchs der freien Szene in der Region“, sagt Silvana Kraka. Tatsächlich kann man Absolventinnen und Absolventen der Theaterakademie auf den Bühnen vieler Häuser sehen, die mit professionellem Anspruch arbeiten. Sie spielen am Theaterhaus G7 in Mannheim, am Herxheimer Theater Chawwerusch, am Kinder- und Jugendtheater Speyer, am Theater am Puls Schwetzingen, an vielen anderen Orten. Schon lange vor dem Abschluss, der staatlich anerkannten Bühnenreife, stehen sie auf der eigenen Bühne und zeigen regelmäßig in Inszenierungen für Kinder und Erwachsene ihr Können und die Ergebnisse der Arbeit an der „Tham“.

Eine große Theater-Familie

Wenn man durch die Räume der Theaterakademie läuft, die Schüler beim Akrobatik-Unterricht beobachtet und später in der Pause in der schuleigenen Küche zusammenstehen sieht, bekommt man den Eindruck: Hier geht es sehr familiär zu. Das ist aber nur die eine Seite. „Uns ist es auch wichtig, auf hohem Niveau und fachlich auf dem absolut neuesten Stand auszubilden“, sagt Silvana Kraka. „Unsere Schüler sollen ja später den Gegebenheiten gewachsen sein.“ Von Anfang an, betont sie, hatte die Schule freiwillig nicht nur interne, sondern auch externe Prüfer.

Tanz, Akrobatik und Feldenkrais, Fechten, Bühnenkampf, Ballett, Stimmbildung, Improvisation, Rollenarbeit, Theatertheorie – die Ausbildung an der Theaterakademie ist bewegungsorientiert und intensiv. Um in ihr zu bestehen, werden schon vor der Aufnahmeprüfung Workshops und Praktika angeboten. Zudem gilt für beide Seiten eine sechsmonatige Probezeit. „Wir wollen nur Menschen, die uns auch wollen“, sagt Kraka. „Und wenn nicht genug Bewerber da sind, dann werden eben nicht alle Plätze besetzt. Auch wenn das für die Schule finanziell schwierig ist.“

Schwierige Pandemie-Zeit

Als Berufsfachschule erhält die Theaterakademie keine staatlichen Subventionen. Auch wenn hier in Form regelmäßiger Inszenierungen durchaus Kunst produziert wird, gilt die Schule als privatwirtschaftliches Unternehmen. Finanziert wird sie durch die Einnahmen bei Vorstellungen – weswegen die Zeit der Pandemie eine schwierige war – und durch die jeweils 400 Euro Schulgeld, die die Schüler – derzeit 27 im Fach Schauspiel und acht im Fach Regie – entrichten. „So viel wie möglich davon muss in den Unterricht fließen“, sagt Kraka. „Wir haben nicht einmal eine Putzfrau. Die Schüler organisieren Putzdienste und Reparaturdienste.“ Die Leiterin selbst doziert nicht nur an der Theaterakademie, sondern ist auch wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Landau und gibt Workshops bei der Theaterwerkstatt Heidelberg: „Das alles geht nur mit viel Idealismus.“

Termine

  • Die nächsten Aufnahmeprüfungen finden am Freitag, 7. Oktober, für Schauspiel und am Samstag und Sonntag, 8. und 9. Oktober, für Regie statt.
  • Am Dienstag, 11. Oktober, 20 Uhr, und am Mittwoch 12. Oktober, 10 Uhr, zeigt die Abschlussklasse 2022 ihre Produktion „Faust“ beim „Kulturbeutel“-Festival in Speyer.
  • Am Freitag, 16. Dezember, 17 Uhr, gastiert die Theaterakademie mit dem Kinderstück „Die Schneekönigin“ beim Chawwerusch-Theater in Herxheim.
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