Ludwigshafen Anwalt auf der Anklagebank

Hat ein Ludwigshafener Anwalt mehrfach gegen das Gesetz verstoßen? Diese Frage versuchte gestern die Zweite Große Strafkammer des Landgerichts Frankenthal zu klären. Ohne Erfolg. Die auf vier Tage angesetzte Verhandlung wurde ausgesetzt. Wie es weitergeht, ist derzeit noch offen.

Die Vorwürfe, die Oberstaatsanwalt Peter Frank in der Anklage gegen den Anwalt auf der Anklagebank erhebt, sind ernst. Trotzdem hatte man gestern zeitweise den Eindruck, in einer Gerichtsshow im Privatfernsehen und nicht in einer seriösen Verhandlung zu sitzen. Der Anwalt, der seit gut 25 Jahren eine Kanzlei führt, soll im Oktober 2011 aus einem Bankschließfach einer Ludwigshafener Mandantin, deren Vermögen er verwaltete, 100.000 Euro für sich entnommen haben. So lautet ein Vergehen, das Frank dem Juristenkollegen vorwirft. Rechtlich ist dies Untreue im besonders schweren Fall und ein Verstoß gegen die mit dem Anwaltsberuf verbundenen Pflichten. Betrug und Anstiftung zur falschen eidesstattlichen Aussage sind zwei weitere Vorwürfe. Der Anwalt hatte im Juni 2013 Beratungshilfe, also eine finanzielle Unterstützung, für zwei Mandanten beim Amtsgericht Ludwigshafen beantragt. Das Gericht lehnte ab, weil die Voraussetzungen nicht gegeben seien. Daraufhin habe der Anwalt seine beiden Mandanten zu einer falschen eidesstaatlichen Versicherung veranlasst. Mit dem Ziel, dass die beiden Beratungshilfe und er dadurch sein Honorar bekommt, erläuterte der Oberstaatsanwalt. Der Angeklagte werde sich vorläufig nicht zu den Vorwürfen äußern, teilte gestern dessen Verteidiger Christoph Clanget mit. Bei den Ermittlungen hat der Angeklagte beteuert, dass er unschuldig sei. Doch nicht nur der Angeklagte schwieg, sondern auch mehrere Zeugen, zumindest im Frankenthaler Gerichtssaal. Die inzwischen 85-jährige ehemalige Mandantin des Anwalts ist mit zwei Bekannten nach Dresden gezogen. Die beiden Männer haben den Anwalt in früheren Aussagen stark belastet. Nun hatten sie für sich und die 85-Jährige Atteste vorgelegt, denen zufolge sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in Frankenthal aussagen könnten. Der Vorsitzende Richter Karsten Sauermilch hatte deshalb eine Videoschaltung zum Landgericht Dresden veranlasst. Dort saßen die beiden Männer. Der eine hatte den Kopf auf den Tisch gelegt. Der andere sagte, die 85-Jährige liege im Bett. Nachdem Clanget und sein Kollege Manfred Döring Bedenken äußerten, ob die Zeugen wirklich nicht nach Frankenthal kommen konnten, wurde ausgiebig darüber debattiert, ob die Kammer nach Dresden reisen, ob man dort einen Richter mit der Befragung beauftragen soll. Oder ob die Zeugen vielleicht per Skype vernommen werden können. Zwischendurch verkündete ein Zuschauer, dass er die Ludwigshafenerin zehn Jahre betreut habe und einiges über die beiden Männer zu sagen habe. Ein anderer Zuschauer beschwerte sich, dass die Juristen nicht laut genug sprechen würden, eine Frau teilte der Presse mit, dass der Angeklagte gar nicht der Anwalt sei. Irgendwann stöhnte Richter Sauermilch: „Der Eiertanz geht mir auf die Nerven.“ Schließlich kam man überein, dass der Gesundheitszustand der Zeugen überprüft werden soll. In einem informellen Gespräch regte Sauermilch die Einstellung des Verfahrens an. (ann)

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