Ludwigshafen Am Puls der Zeit

Aus einem persönlichen Interesse ist ein Forschungsfeld geworden: Professor Stefan Bongard befasst sich mit der Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland. Im vergangenen Jahr hat der Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftlehre und Logistik an der Ludwigshafener Hochschule gleich zwei Studien zur Elektromobilität absolviert.

Auf dem runden Besprechungstisch in seinem Büro an der Ludwigshafener Hochschule steht ein weißes Modellauto. „Ein Elektroauto und Sinnbild für meinen Forschungsschwerpunkt“, sagt Stefan Bongard. Betrieben wird es über eine Solarzelle. Eigentlich, doch die Räder wollen sich nicht bewegen. Vorführeffekt eben. „Das ist der Traum vieler, ihr ganzes Elektroequipment über Solarzellen aufzuladen“, sagt der 50-Jährige und ist schon mitten im Thema. Mit der Elektromobilität hat er sich ein innovatives und populäres Forschungsgebiet ausgesucht. Schließlich ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen. Nur ist das gar nicht so einfach, wie nicht zuletzt auch Bongards Studien zeigen. Nach seiner ersten Studie zur Elektromobilität Anfang 2014 hat er vor wenigen Wochen bereits die zweite vorgelegt. Warum so kurz hintereinander? „Durch die schnelle Abfolge der Studien bin ich ganz nah am Puls der Zeit“, erklärt er. Denn es ist ein spannendes Forschungsfeld mit vielen verschiedenen Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen. „Nach wie vor ist das Interesse an Elektromobilität groß“, meint der Wissenschaftler, doch wirken sich Faktoren wie die geringe Reichweite und fehlende Lademöglichkeiten und nicht zuletzt der hohe Preis negativ auf eine Kaufentscheidung der Verbraucher aus. Nicht zu vergessen der Benzinpreis. Dieser ist in den vergangenen Monaten extrem gesunken, was sich bei einer erneuten Studie vermutlich in noch weniger potenzieller Kaufbereitschaft auswirken würde. „Das Argument, das man mit einem Elektroauto Sprit spart, wird immer schwächer. Die Benzinpreisentwicklung ist ein schwerer Rückschlag für die Elektroleute“, sagt Stefan Bongard. Das merke man an den Ergebnissen seine Studie und ergänzt: „Der kluge Verbraucher guckt sich das an und wartet.“ Andererseits sind die Erdöl-Vorräte irgendwann einmal verbraucht, was alternativen Antriebsarten genau wie ökologische Aspekte wieder interessant machen. „Es ist ein wunderbares Feld, um sich zu betätigen“, sagt Stefan Bongard mit hörbarer Begeisterung in der Stimme. Und die Fragestellungen gehen ihm nicht aus: „Stellen Sie sich mal unsere Innenstädte nur mit Stromautos vor – wenn in 20 Jahren alles nur summt, was das für ein Wert ist“, schwärmt er. Ein Punkt, der momentan nicht gesehen werde, da sich die Diskussion nur um Feinstaub und Emissionen drehe. Aber auch Lärm sei gesundheitsschädigend, weiß Bongard. Diese Vielschichtigkeit der E-Mobilität und enge Verknüpfung mit vielen anderen Themen von volkswirtschaftlichen über gesellschaftliche bis hin zu ökologischen Fragestellungen machen für Bongard den besonderen Reiz aus: „Da hat ein Logistiker Spaß dran“, sagt er. Denn Logistik sei immer das Erkennen des gesamten Systems, nie nur ein Scheuklappendenken. Generell sei die Sympathie für die E-Mobilität in der Bevölkerung hoch, über 70 Prozent haben Interesse daran. Doch wurden im vergangenen Jahr lediglich 8522 Elektroautos neu zugelassen. „Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass das Thema erst durch intensive Ereignisse einen neuen Stellenwert bekommt“, fasst er seine Forschungsergebnisse vereinfacht zusammen. Zu seinem Forschungsschwerpunkt kam Stefan Bongard, als vor etwa drei Jahren ein Autokauf anstand. Der zweifache Familienvater wohnt in Speyer und pendelt zur Arbeit nach Ludwigshafen. Damals begann er, sich mit den verschiedenen alternativen Antriebsarten und dem Verbrauch zu beschäftigen. „Ich habe dann angefangen, diese Themen in meine Lehre einzubringen“, erzählt er. Als Professor für Betriebswirtschaftslehre und Logistik beschäftigt er sich neben Güterlogistik auch mit Personenlogistik, also der Frage, wie sich Menschen durch den Raum bewegen. Von daher passt die E-Mobilität gut in sein Fachgebiet. Der Neuwagen ist dann damals doch kein E-Auto geworden, und auch dem E-Bike steht der passionierte Radfahrer ablehnend gegenüber: „Das finde ich unsportlich.“

x