Ludwigshafen Ein Schwabe in New York

Gewohnt routiniert: Christoph Sonntag im Capitol.
Gewohnt routiniert: Christoph Sonntag im Capitol.

Vor gewohnt großer Kulisse empfing Christoph Sonntag, der vor allem durch seine Radiopräsenz bekannte „König des schwäbischen Kabaretts“, sein Publikum im Mannheimer Capitol. Für sein aktuelles Programm „Bloß kein Trend verpennt“ hatte er den berühmten New Yorker Times Square auf der Bühne errichten lassen.

Am Broadway hat Sonntag selbst schon schwäbisches Kabarett geboten. Unter den Besuchern dieses Gastspiels befanden sich zahlreiche Exil-Schwaben, deren Amerikanisch stark an das fehlerhaft-vernuschelte Englisch des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger erinnert habe. „Schwaben bleiben immer Schwaben, selbst am trendigen Times Square“, folgert Sonntag. Dabei gilt ihm die betriebsame, von bunter Leuchtreklame gesäumte Straßenkreuzung in Manhattan als „das Zentrum von Zeitgeist und Trend“. In einem Land, freilich, in dem derzeit unter Präsident Trump ein riskantes „Experiment am offenen Herzen der Demokratie“ stattfinde. Christoph Sonntag benennt und hinterfragt Modeerscheinungen wie das „Novel Food“ Chia-Samen, das derzeit den Nährstoffgehalt aller möglichen Speisen aufwerten soll, den fragwürdigen „Amazon Dash Button“, mit dem sich Verbrauchsartikel auf Knopfdruck nachbestellen lassen, oder den Hipster-Herrendutt, den er sich mit einem Haargummi gleich selbst mal aufsteckt. Das angesagte „Sugaring“, die Haarentfernung mit einer Zuckerpaste, lasse gestandene Männer aussehen wie frisch geschlüpfte Delfine, findet der Komiker, der sich mit „Hot Pilates“ und „Sling Training“ auch mit Novitäten des Sports beschäftigt. Fitness-Armbänder gelten ihm als „elektronische Fußfesseln für Männer, die es nicht mal schaffen, straffällig zu werden“, und die „kinderleichte“ Montage eines Faltfahrrads stellt ihn vor unvorhergesehene Probleme. Trends sind immer in Mode, weiß der gebürtige Waiblinger und rät davon ab, eiligst und unhinterfragt jeder neuen Sau, die durchs Dorf getrieben wird, hinterherzurennen. Er imitiert und parodiert die breit schwäbischen Radiospots für Seitenbacher Naturkost und fragt rhetorisch: „Warum soll ich ein Müsli essen, bloß weil mich die Werbung nervt?“ Jeder Satz seines eng getakteten Bühnenprogramms versucht eine Pointe zu landen. Nicht jede sitzt gleichermaßen, denn einige sind alt, andere gereichen höchstens zum Schmunzeln. Doch Sonntag versteht es, so manchen vorhersehbaren Gag gleich hinterdrein mit einem weiteren abzufedern. Die dichte Folge seiner Witze scheint dabei spürbar seiner langjährigen Hörfunk-Karriere geschuldet, die bereits vor mehr als drei Jahrzehnten beim Südwestfunk begann und bis heute kontinuierlich läuft. So ist der schwäbische „Spätzle-Spaßmacher“ und „Maultaschenmaulheld“ nicht nur regelmäßig auf SWR3 zu hören, sondern ebenso im SWR-Fernsehen in den verschiedensten Formaten zu sehen. Eine Spur zu routiniert läuft denn auch sein pointierter, radio- und fernsehformattauglicher und mit etlichen Ton- und Filmeinspielungen angereicherter Live-Auftritt im Capitol ab. Schließlich griff Christoph Sonntag, der selbst bestimmt keinen Trend verpennt, zur Violine und distanzierte sich singend und rappend von der ewigen Hatz nach dem Zeitgeist. So viel Kritik muss sein.

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