Rhein-Pfalz Kreis Der Zettel an der Scheibe reicht nicht

Die Pflicht, auf weitere Unfallbeteiligte zu warten, darf nicht mit einer Nachricht unterm Scheibenwischer umgangen werden.
Die Pflicht, auf weitere Unfallbeteiligte zu warten, darf nicht mit einer Nachricht unterm Scheibenwischer umgangen werden.

«Schifferstadt/Frankenthal.» Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit beim Ausparken – und das Auto nebenan hat einen ordentlichen Kratzer in der Seite. Wer jetzt weiterfährt, ohne sich um den Schaden zu kümmern, begeht eine Straftat. Knapp 30 Prozent der Unfälle, die von den Polizeiinspektionen Schifferstadt und Frankenthal bearbeitet werden, enden so. Das ärgert die Betroffenen. Und die Polizei.

Natürlich haben die Ermittler inzwischen noch einmal verbesserte Möglichkeiten, dem Verursacher eines Unfalls auf die Schliche zu kommen. Es genügen bereits winzige Lackspuren oder Glassplitter, um ein Fahrzeugmodell zu identifizieren. In Kombination mit einem Hinweis, der zumindest einen Teil des Kennzeichens liefert, ist die Polizei dann schnell auf einer heißen Spur. Aber genau daran fehlt es, und dafür möchten die Beamten der Frankenthaler Inspektion das Bewusstsein der Bürger schärfen. „Das hat nichts mit Anschwärzen zu tun. Der Zeuge liefert einen Beitrag zur Aufklärung einer Straftat“, sagt Chef Thomas Lebkücher. Oft genüge ein schnelles Handyfoto oder eben ein paar Zahlen und Buchstaben vom Nummernschild, ergänzt Vanessa Reinhard, die im Sachbereich Einsatz für Verkehrsthemen zuständig ist. Im Dienstbezirk der Frankenthaler Polizei, zu dem auch die Verbandsgemeinde Maxdorf zählt, hat es im vergangenen Jahr 2048 Mal gekracht. In 586 Fällen hat sich einer der Beteiligten aus dem Staub gemacht, das sind rund 28 Prozent. Ganz ähnlich sind die Zahlen, die die Inspektion Schifferstadt auf Anfrage der RHEINPFALZ herausgibt. 2026 Unfälle haben die Beamten 2017 erfasst, teilt Verkehrsexperte Mark Klenk mit. Davon kam es bei 594 Zwischenfällen zur Unfallflucht, was einer Quote von gut 29 Prozent entspricht. Rund 43 Prozent dieser Fälle konnten letztlich noch aufgeklärt werden. In Frankenthal liegt dieser Wert bei etwa 42 Prozent. Damit die Anzahl der Unfallfluchten sinkt und die Aufklärungsquote steigt, setzt die Polizei auf Öffentlichkeitsarbeit. Denn oft ist noch nicht bekannt, dass die möglichen Folgen einer Unfallflucht immens sein können. Eine Straftat stellt das unerlaubte Entfernen vom Ort des Geschehens ohnehin dar, ruckzuck ist aber auch der Führerschein weg. Steffen Bindewald, einer der Unfallflucht-Spezialisten der Frankenthaler Inspektion, informiert: Ab 1300 Euro Sachschaden, so der grobe Richtwert des Deutschen Verkehrsgerichtstags, kassiert die Polizei die Fahrerlaubnis ein. „Das hat man schon bei einem leichten Rempler schnell erreicht“, sagt Bindewald. Zudem hat sich nach Einschätzung der Beamten bei vielen Verkehrsteilnehmern immer noch nicht herumgesprochen, dass es auch bei vermeintlichen Bagatellschäden eine Wartepflicht gibt. „Der Zettel an der Windschutzscheibe reicht nicht“, sagt Bindewald. Es gebe kaum ein Argument, das eine Abfahrt vor Rückkehr des Geschädigten rechtfertigen könne. Dringende Termine etwa seien eine „ganz schlechte Begründung“. Bindewalds Tipp: ein Anruf bei der Polizei. Damit vermeide ein Verursacher eine weitere ärgerliche Folge der Unfallflucht. Denn oft zahlten Versicherungen den Schaden nur teilweise oder gar nicht. Ein Parkrempler ist schnell passiert. Einen Moment unaufmerksam, und schon ist eine Delle im Nachbar-Auto. 511 Missgeschicke beim Rangieren hat die Schifferstadter Polizei 2017 bearbeitet, davon 117 beim Ein- und Ausparken in sogenannter Längsaufstellung und 73 in Queraufstellung. 321 Mal gingen Parkmanöver auf Parkplätzen, etwa vor Supermärkten, daneben, sagt Klenk von der Schifferstadter Inspektion. Einen weiteren „Klassiker“ hat er zudem noch parat – Spiegelunfälle. Im Schifferstadter Dienstbezirk ist das im vergangenen Jahr 349 Mal vorgekommen. Und klar ist: Wenn Autos an den Außenspiegel parkender Fahrzeuge hängenbleiben, sie beschädigen oder ganz abreißen, fahren die Verursacher auch gerne weiter.

x