Landau Polizei Landau: Neue Schichtpläne sorgen für Diskussionen

Die Dienstgruppen im Wechseldienst arbeiten immer in derselben Besetzung. Die einen halten die Stellung in der Wache, die andere
Die Dienstgruppen im Wechseldienst arbeiten immer in derselben Besetzung. Die einen halten die Stellung in der Wache, die anderen sind draußen unterwegs, wie hier bei einer Bikerkontrolle im Wellbachtal.

Der Schichtdienst der Polizeidirektion Landau funktioniert im neuen Jahr nach anderen Dienstplänen als bisher. Denn ab 1. Januar gelten landesweit neue Vorgaben – aus Sorge um die Gesundheit der Beamten. Das seit Jahrzehnten praktizierte Modell des Doppelschlags ist dann Geschichte. Nicht allen gefällt das.

Die Polizei ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr im Einsatz – im Tagesdienst oder im Schichtdienst. Ein Teil der rund 400 Polizeikräfte in den fünf Inspektionen der Südpfalz arbeitet im Wechselschichtdienst. Um 24 Stunden an sieben Tagen einer Woche abzudecken, sind drei Schichten erforderlich. In der Polizeiinspektion Landau, die 120 Mitarbeiter zählt, arbeiten fünf Dienstgruppen in einer festgelegten Abfolge im Wechsel. Seit Mitte der 80er-Jahre nach dem Prinzip des Doppelschlags – also Früh- und Nachtschicht an einem Tag. Ab Januar wird alles anders, der Doppelschlag wird abgeschafft. Aus Sorgen um die Gesundheit der Frauen und Männer.

Arbeitszeitrichtlinie des Europäischen Parlaments

Das gefällt vielen Polizisten in Landau nicht: Vor allem langjährige Uniformierte klagen, haben sie doch das System mit den auf Jahre hinaus festen Schichten und damit die planbare Freizeit mit Familienleben schätzen gelernt. Jüngere Polizisten tun sich mit neuen Modellen wohl leichter. Ist die Zäsur der Wechselschicht eine Generationenfrage? Auf jeden Fall ist es ein emotionales Thema. Schon seit Jahren schwebt die EU-Richtlinie 2003/88/EG wie ein Damoklesschwert über den Köpfen rheinland-pfälzischer Polizeiinspektionen. Die Arbeitszeitrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 regelt Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Ausnahmen können beantragt werden. Bayern beispielsweise hat davon Gebrauch gemacht. Das SPD-geführte rheinland-pfälzische Innenministerium und der Hauptpersonalrat der Polizei haben im Sommer das Konzept „Gesünderes Arbeiten innerhalb der Polizei (GAP)“ für Beamte im Wechselschichtdienst unterzeichnet. 2017 haben sieben Dienststellen im Land ein Pilotjahr absolviert, darunter Germersheim.

"In ein, zwei Jahren fragt keiner mehr danach"

In Landau seien die Kollegen bis zum Schluss gegen das neue Modell gewesen, heißt es in der Belegschaft. Vor zwei Jahren hätten sich 84 Prozent der Beamten im Schichtdienst dagegen ausgesprochen, an einem Pilotversuch teilzunehmen. Mit knapper Mehrheit habe die Mannschaft ein Jahr später auch gegen einen Probelauf gestimmt, berichtet Thomas Sommerrock, Leiter der Direktion. Bei dieser Abstimmung hätten fast 80 Prozent den Wunsch geäußert, den Doppelschlag beizubehalten, erzählen Insider. Aber die Abschaffung des Doppelschlags war besiegelt, die Verwaltungsvorschrift des Landes ist eindeutig. Zwischenzeitlich hat sich das Team verjüngt. Neue Kollegen sind nicht alle festgelegt auf den Doppelschlag. „In ein, zwei Jahren fragt keiner mehr danach“, sagt auch ein Polizist aus dem Kreis Südliche Weinstraße. Er ist 29 Jahre alt und kinderlos. Es sei künftig einfacher, Ersatzleute für den eigenen Dienst zu finden, wenn notwendig. In Landau heißt es allerdings, auch die junge Generation sehe die neuen Dienstpläne skeptisch. Die Kritiker prognostizieren mehr Krankheitstage. Zwei Nachtdienste hintereinander, eventuell drei, seien nicht gesund, sagen sie. Wären Forderungen wie die Arbeitszeitreduzierung für Schichtdienstleistende in die Diskussion eingeflossen, hätte dies sicher eine positivere Stimmung erzeugt, erläutert ein Betroffener. Doch an der 40-Stunden-Woche für den Schichtdienst werde nicht gerüttelt, obwohl arbeitsmedizinisch gesehen nur eine Arbeitszeitreduzierung den Schichtdienst wirklich gesünder mache. Das neue Modell sei nicht familienfreundlich, heißt es weiter. Bisher hatten die Beamten in fünf Wochen sechs Freiphasen, künftig nur noch drei. Die Freiphasen gab es bislang nach zwei Tagen Arbeit, ab Januar gibt es zwei bis drei Tage nach fünf oder sechs Tagen Arbeit.

Rüstzeit und Sportstunden

Nach dem Konzept „Gesünderes Arbeiten innerhalb der Polizei“ sollen Schichten nicht länger als acht Stunden sein, Ausnahmen sind möglich. Früh, Spät, Nacht wurde als Abfolge festgelegt. Das Ministerium spricht von einem „ausschließlich vorwärtsrotierenden Blockmodell“. Bei den Polizeiinspektionen in Landau, Edenkoben, Bad Bergzabern und Wörth verrichten die Beamten im Wechselschichtdienst ab Januar ihren Dienst in einem „modifizierten 6er-Blockmodell“ mit einem asymmetrischen Verlauf, das heißt sie arbeiten entweder fünf oder sechs Tage und haben anschließend zwei oder drei Tage frei. Die Dienststelle in Germersheim hält an dem seit 2017 erprobten „6er-Blockmodell“ mit zwei Früh-, zwei Spät- und zwei Nachtdiensten fest. Pro Tag werden 20 Minuten Rüstzeit zugestanden; Zeit zum Umziehen. Dazu hat jeder Polizist vier Sportstunden im Monat zugute. Thomas Sommerrock, Chef aller südpfälzischen Dienststellen, hält das neue Modell für ausgeglichener, weil die Kollegen ihre Dienstzeiten flexibler gestalten könnten und die Freizeit weiterhin planbar sei. Hinzu komme die Möglichkeit, selbst über freie Blöcke in Form von fest zugesagten dienstfreien Tagen zu entscheiden.

Germersheim überwiegend gegen Doppelschlag

Die neue Arbeitsweise soll die gesundheitlichen Belastungen im Schichtdienst verringern. Sie solle gesünder und sozialverträglicher sein, erläuterte das Innenministerium den Vorstoß im Jahr 2015, als eine Arbeitsgruppe aller Polizeibehörden das Projekt koordinierte. „Es wurde nie belegt, dass der Doppelschlag krank macht“, argumentieren dagegen die Kritiker. Es seien doch jene Arbeitszeitmodelle die gesündesten, mit denen sich die Mitarbeiter identifizierten. Künftig beginne der „gesündere“ Frühdienst um 6 Uhr, bisher um 7 Uhr, der Nachtdienst eine Stunde später um 22 Uhr. „Das heißt, man sitzt zu Hause und wartet abends, dass es endlich los geht, morgens muss man um 4.30 oder 5 Uhr aufstehen, je nachdem, wo man wohnt.“ In Germersheim ist der Doppelschlag nach Auskunft des Polizeipräsidiums deutlich überwiegend nicht mehr gewollt. 75 bis 80 Prozent der Kollegen hätten sich dagegen ausgesprochen. Man wollte das Germersheimer Modell fortsetzen, die Erfahrungen der anderen Inspektionen abwarten und dann gegebenenfalls auch dieses Modell übernehmen. Mit dem neuen Schichtmodell lässt sich der Personalmangel bei der Polizei wohl besser ausgleichen: Arbeitszeitblöcke könnten tagsüber besser verschoben werden. Diese Erfahrung habe Wolfgang Zöller, Leiter der Inspektion Germersheim, gemacht.

Drohender Ärger in Westpfalz

Dem in Landau geäußerten Vorwurf, die neuen Dienstzeiten seien von oben vorgegeben worden, widersprechen Direktionsleitung und Präsidium. Bei allen Dienststellen und auf Direktionsebene seien Arbeitsgruppen gebildet worden die sich intensiv zusammen mit den Mitarbeitern mit dem Thema beschäftigt und sich jeweils auf ein Arbeitszeitmodell festgelegt hätten, das von der Mehrheit der Belegschaft getragen werde. Landauer Polizisten beklagen: „Das Auferlegen des neuen Modells kam von Leuten, die es nie arbeiten werden, beziehungsweise müssen.“ Man hätte die Ausnahmeregelungen der Richtlinie nutzen können, wird argumentiert, „wenn unser Dienstherr (das Land, Anmerkung der Redaktion) das gewollt hätte“. Das neue Modell sei ein Politikum, „die Personalräte sowie die Gewerkschaftsvertreter waren zu leise, zu respektvoll und zu unterwürfig im Umgang mit dem Dienstherrn, und das von Anfang an“. Ärger droht in der Westpfalz. Dort machen in den letzten Tagen des Doppelschlags die beiden Kreisgruppen der Gewerkschaft der Polizei – Polizeipräsidium Westpfalz und Polizeidirektion Kaiserslautern – sowie deren Personalräte mobil gegen die Pläne des Landes. Dessen Verwaltungsvorschrift sei keine gesetzlich bindende Verordnung, sondern eigentlich nicht mehr als ein Erlass eines Ministers. Ein Eingriff in die Grundrechte aber sei Sache des Gesetzgebers, erläutert Gewerkschafter Peter Adler.

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