Landau Landau: Ein Tag mit einem Paketboten

Bald kann es losgehen, Jens Ferner belädt seinen Wagen.
Bald kann es losgehen, Jens Ferner belädt seinen Wagen.

Weihnachtszeit, Zeit der Liebe und der Hektik. Besonders erwischt es die Paketboten: Die Anzahl der Pakete steigt seit Jahren an, zudem verdoppelt sie sich im Vergleich zum Sommer. Wir haben Jens Ferner bei seiner Tour durch Wollmesheim begleitet. Mit einem überraschenden Ergebnis.

Halb neun. Jens Ferner belädt seinen Lieferwagen. Briefe kommen in gelben Plastikboxen an die Seitentür, die Pakete werden hinten eingeladen. Ferner scannt jedes davon ab. „Der Kunde sieht nun über die Sendungsverfolgung, dass sein Päckchen heute ausgeliefert wird“, sagt er. Es sind knapp 130 Stück, die er an diesem Freitag ausliefern muss, dazu kommen noch die Briefe. Natürlich mache er seinen Job gern, sonst würde er sich einen anderen suchen, sagt der 34-Jährige. Neben seinem Wagen steht ein Kollege, der eine Zigarette raucht und Ferner eine gute Fahrt wünscht. Weihnachtsstress? Sieht nicht so aus.

Jährlich neue Planung des Weihnachtsgeschäfts

Ferners Zustellbezirk trägt die interne Bezeichnung 76829-36, das steht für Landau-Wollmesheim. Am Ortseingang des Stadtdorfs beginnt er mit seiner Arbeit. Er sammelt einen Stapel Briefe aus den gelben Boxen und läuft zu den Briefkästen. Er legt dabei ein ordentliches Tempo vor. Der Arbeitsablauf: Wieder einsteigen. Ein paar Meter fahren. Stopp. Tür auf. Raus. An die Briefkästen. Wieder rein ins Auto. Ein paar Meter weiterfahren. Übrigens: Die Außentemperatur liegt bei 4 Grad. Im Wagen ist es nicht wärmer trotz Heizung, die Tür ist quasi jederzeit offen. Ferner merkt das nicht, er ist ständig in Bewegung und könne noch einen Zahn zulegen, sagt er, aber die Menge sei auch ohne extreme Eile in der regulären Arbeitszeit zu bewältigen. „Man sollte halt nicht trödeln.“ Das Weihnachtsgeschäft kommt für die Post nicht aus heiterem Himmel. Der Konzern plant es jedes Jahr aufs Neue generalstabsmäßig. Bereits im Januar und Februar werde damit begonnen, zusätzliche Fahrzeuge für die Weihnachtszeit anzumieten, sagt Pressesprecher Heinz-Jürgen Thomeczek. Um die Zusteller zu entlasten, stellt die Post im September weitere Hilfskräfte ein. Zudem werden für die Weihnachtszeit weitere Bezirke zur Entlastung der Boten zu schaffen: 36 Bezirke kommen im Bereich Landau zu den 214 regulären, statt 347 arbeiten dann 382 Mitarbeiter für den Logistikkonzern. Das Gebiet der Postboten wird kleiner, damit sie den gestiegenen Umfang schaffen können. Die meist zeitweilige Personalaufstockung ist notwendig: Im Sommer liegt die Anzahl der Paketsendungen im Landauer Bereich bei rund 50.000 pro Woche. In der vorletzten Novemberwoche lag sie bei knapp über 89.000, in der zweiten Dezemberwoche bei 106.000. Tendenz: steigend.

Baustellen machen auch der Post Probleme

Auf der Landauer Straße in Wollmesheim kommt Ferner ein BMW entgegen und folgt ihm. Beim nächsten Stopp spricht ihn die Fahrerin an. „Wir warten auf ein gaaaaanz dringendes Paket“, sagt sie. Ziemlich wichtig, offenbar. Ob Ferner auch Pakete für Mörzheim dabei habe? Nein, Mörzheim ist ein anderer Bezirk. Enttäuscht zieht die Frau von dannen. Auf der Straße angesprochen zu werden, komme recht häufig vor, erzählt Ferner. Und behält recht: Bis 11 Uhr folgen noch zwei weitere Leute dem Beispiel der Dame. „Ich bin froh, wenn die Kunden ihre Pakete kriegen, bevor diese wieder in die Zentrale zurückkommen“, sagt Ferner. Dabei denkt er nicht nur an seinen Papierkram, sondern auch an die Menschen: In der Landauer Innenstadt gebe es zu wenige Parkplätze, zudem sei sie wegen der Baustellen schwer zu erreichen. Die vielen Baustellen sind auch für die Post ein Problem, wer im Moment durch die Stadt fährt, kann ja durchaus vermuten, Landau sei eine Versuchsstätte für die Teerindustrie. Dazu kommt: Das Landauer Zustellzentrum wird vom Paketzentrum Bruchsal beliefert, sagt Chef Luigi Cutaia. Die Salierbrücke in Speyer ist ab dem 21. Januar voll gesperrt, in Kombination mit der Rheinbrücken-Sanierung bei Karlsruhe rechne er mit Verzögerungen. Ein Notfallplan ist laut Cutaia bereits erstellt worden und mit dem Betriebsrat abgesprochen. „Wir haben mit Verdi einen starken Tarifpartner“, hakt Thomeczek ein, „Mindestlohn zahlen wir jedenfalls nicht.“ Im Schnitt verdiene ein Paketzusteller 16,50 Euro pro Stunde, das Einstiegsgehalt liege bei 13,60 Euro. Im Osten sei es geringer, in München höher.

Unterschiede bei Nachbarschaften

Ferner ist seit 13 Jahren dabei, das Einstiegsgehalt hat er hinter sich gelassen. In „seinem“ Wollmesheim fühle er sich wohl. „Die Nachbarschaft in den Dörfern ist besser, die Menschen nehmen öfter Pakete für ihre Nachbarn an“, sagt Ferner. „In der Stadt ist es problematischer, man hat das Gefühl, dass jeder nur sein Leben lebt und sich kaum für die anderen interessiert.“ Es geht auf 10 Uhr zu. Viele Kunden haben Ablageverträge – sie regeln, wo der Bote die Pakete deponiert, wenn niemand daheim ist. Ferner ist ein Freund dieser Verträge. Sie machten die Arbeit leichter, und die Leute bekämen die Waren schneller. Das Weihnachtsgeschäft sorgt für volle Kassen – auch bei der Post. Besonders der Onlinehandel bereite zweistellige Zuwachsraten im Paket-Segment, sagt Thomeczek. 3,53 Milliarden Pakete werden laut dem Bundesverband Paket und Express Logistik in diesem Jahr ausgeliefert, im Jahr 2000 waren es noch 1,69 Milliarden. Die Auswirkungen des Internethandels merke der Weltkonzern auch an anderer Stelle, sagt der Post-Sprecher. Sei das Wochenende verregnet, stiegen in der folgenden Woche die Paketlieferungen spürbar an.

Die Post mietet fürs Weihnachtsgeschäft zusätzliche Fahrzeuge an.
Die Post mietet fürs Weihnachtsgeschäft zusätzliche Fahrzeuge an.
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