Landau IGS-Schüler bringen mit Gästen aus Athen Drama auf die Bühne

Bei der Probe: Nach der Premiere 2023 in Athen wird das Drama Chaidari nun auch in Landau aufgeführt.
Bei der Probe: Nach der Premiere 2023 in Athen wird das Drama Chaidari nun auch in Landau aufgeführt.

Griechisch, Deutsch, Englisch: Dreisprachig führen Schüler aus der Region Athen und aus Landau in der Integrierten Gesamtschule das Drama „Chaidari“ auf. Dem Publikum wird es dennoch verständlich sein – für die eindrucksvollen Szenen, die in einem KZ spielen, braucht es kein Wörterbuch.

Die etwa 16-jährigen Jugendlichen aus der Südpfalz und aus dem Athener Stadtteil Chaidari praktizieren Völkerverständigung im wahrsten Sinn des Wortes. Durch persönliche Kontakte – die griechischen Jugendlichen wohnen bei den Familien – und durch die intensive Probenarbeit für das Theaterstück. Was sie zusammengeführt hat, ist das Schicksal und das künstlerische Erbe eines Mannes, der schon lange tot ist: Es geht um den Theatermann Renato Mordo, Deutschgrieche, Jude, ein „stilles Opfer“ des Nazi-Terrors. Er hat seine schrecklichen Erlebnisse im deutschen Konzentrationslager (KZ) Chaidari in dem Bühnenstück verarbeitet.

Montagmittag, erster Probetag: Im Proberaum der Integrierten Gesamtschule (IGS) herrscht erstmal munteres Gewusel und buntes Sprachengewirr. Kleider, Stiefel, Hakenkreuz-Armbinden werden verteilt, Kartons gestapelt, bis der Regisseur, Schulleiter Ralf Haug, in die Hände klatscht. Plötzlich Stille. Eine Gruppe weiß gewandeter Darsteller bewegt sich quälend langsam, unsicher stolpernd, von Hunger und Leid gezeichnet, durch den Raum, Koffer und weiße Bündel in den Händen. Im Hintergrund klingt das Friedenslied Shalom Aleichem. Vorne auf der Bühne erwarten gestiefelte herrische Gestalten die elende Gruppe, verhöhnen und quälen sie, nehmen ihnen das wenige weg, das sie haben.

„Nazis don’t laugh“

Immer wieder, vielleicht ein Dutzend Mal, wird die Szene wiederholt. Die deutschen und griechischen Schüler finden sich langsam in ihre Rollen ein, wirken konzentriert und ernst. „Nazis don’t laugh“, Nazis lachen nicht, mahnt Ralf Haug. Zwei Schauspielerinnen, die Griechisch und Englisch sprechen, assistieren der Regie und sind wichtige Vermittlerinnen, damit aus dem mehrsprachigen Stück ein stimmiges Ganzes wird. Eine Herausforderung für alle Beteiligten.

Erlebnisse in Drama verarbeitet

Wer ist Renato Mordo, der das KZ erlebt und überlebt hat? Eine Ausstellung, die gerade in der Schule zu sehen ist, vermittelt Informationen über den 1894 geborenen Regisseur, Autor und Schauspieler. Als Deutschlands jüngster Theaterdirektor macht er in der Weimarer Republik zunächst eine glänzende Karriere. Die Naziherrschaft zwingt ihn zur Migration. In Griechenland, der Heimat seines Vaters, fühlt er sich sicher. Doch Hass und Verfolgung holen ihn ein.

Im April 1941 überfällt die deutsche Wehrmacht Griechenland und Renato Mordo muss um sein Leben fürchten. 1944 wird er in das deutsche Konzentrationslager Chaidari verschleppt. Seine schrecklichen Erlebnisse in diesem Lager hat er in dem Drama verarbeitet, das lange verschollen war. Mordos Enkel hat es wiederentdeckt.

Schülerin: „Geschichte darf sich nicht wiederholen“

Auf Anregung von Bettina Münch-Rosenthal vom Pädagogischen Landesinstitut hat IGS-Schulleiter Ralf Haug, der Lehrer für Darstellendes Spiel ist, Kontakt zu der Schule in Chaidari aufgenommen und das Stück auf die Bühne gebracht. Mit seinen Schülerinnen und Schülern war Haug im vergangenen Jahr in Athen. Dort wurde das Drama erstmals aufgeführt. Die Jugendlichen konnten als erste deutsche Gruppe auch das KZ besichtigen, das sonst öffentlich nicht zugänglich ist.

Nun gibt es also ein Wiedersehen mit den griechischen Freunden. „Es ist ein sehr interessanter Austausch. Man entwickelt ein anderes Verständnis für die Geschichte, abseits vom üblichen Lehrmaterial“, sagt die 16-jährige Sandra, die in dem Stück eine Gefangene spielt. „Die historische Aufarbeitung ist wichtig, damit sich die Geschichte nicht wiederholt“, betont sie.

Eine spannende, zusätzliche Szene

Die 16-jährige Mara ergänzt: „Wir hatten Gelegenheit, eine andere Perspektive, aber auch den griechischen Alltag kennenzulernen.“ Eine Herausforderung sei es, in die Rolle der KZ-Häftlinge zu schlüpfen, meinen beide. Man habe ja nicht in dieser Zeit gelebt. „Die Situation ist für uns schwer vorstellbar und sehr beängstigend“, meint Mara, die seit sechs Jahren das Wahlfach Darstellendes Spiel belegt. „Aber ich möchte meiner Rolle gerecht werden und nichts verharmlosen.“

Eine griechische Schülerin hat übrigens eine besondere Gabe mit nach Landau gebracht: die Geschichte ihres Urgroßvaters, der in Chaidari unter dramatischen Umständen überlebte, aber eine Amnesie erlitt. Wie er wieder zu seiner Familie und seiner Erinnerung findet, wird bei der Aufführung als zusätzliche Szene dargestellt.

Termin

Am Freitag, 19. April, 19 Uhr, wird das Drama „Chaidari“ von Renato Mordo in der Integrierten Gesamtschule, Schneiderstraße 69, aufgeführt. Gäste sind willkommen, um Anmeldung im Sekretariat wird gebeten unter Telefon 06341 134550.

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