Kreis Germersheim Wörth: Samstagnacht ist die Brücke dicht

Die nördliche Brückenfahrbahn unterm Schutzzelt. Sie wird in der Nacht zum Sonntag exakt vermessen.
Die nördliche Brückenfahrbahn unterm Schutzzelt. Sie wird in der Nacht zum Sonntag exakt vermessen.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird die Rheinbrücke zwischen Wörth und Karlsruhe für die Sanierung erstmals komplett gesperrt. Für die präzise Vermessung muss die Brücke frei von Erschütterungen sein. Von 23 bis morgens 8 Uhr gilt Vollsperrung.

Der Höchstdruckwasserstrahler hatte am Morgen den Geist aufgegeben. Schlecht für die Arbeiter, gut für einen Baustellenbesuch. „Sonst könnte man sich hier kaum noch verständigen“, sagt Jürgen Gentner vom Regierungspräsidium Karlsruhe, der von Amts wegen für die Ertüchtigung der Rheinbrücke Karlsruhe zuständig ist. Der Sperrung der Brücke von Samstagnacht bis Sonntagmorgen steht trotzdem nichts im Wege. Aktuell werden nachts von einem Dutzend Schweißern „Unregelmäßigkeiten“ ausgebessert, wie die feinen Risse in der Stahlplatte im Fachjargon heißen. Tagsüber kommt – normalerweise – der Höchstdruckwasserstrahler zum Einsatz. Mit 2500 bar trifft Wasser auf Schmutz und fräst ihn von der inzwischen blanken Stahlplatte. Letzte Reste der Bitumenschicht, die als Kleber zwischen Stahl und Asphalt diente, müssen noch entfernt werden. Davon abgesehen ist die nur zwölf Millimeter dicke Stahlplatte, die den gesamten Verkehr samt Asphaltschicht zu tragen hat, inzwischen blank „geputzt“.

Es rumpelt und wackelt

An einigen Stellen wurde geflickt. „Sieht schlimmer aus, als es ist“, sagt Gentner. Als der Asphalt abgefräst wurde, hat die Maschine auf der Stahlplatte Riefen hinterlassen. Knapp zwei Millimeter tiefe Schleifspuren, wie sie oft auftreten, wenn die Maschinen noch nicht exakt eingestellt sind. Eine Schweißnaht, die anschließend abgeschliffen wird, beseitigt das Malheur. In der Nacht zum Sonntag folgt nun die präzise Vermessung des Bauwerks, deshalb muss die Brücke zwischen Samstag 23 Uhr und Sonntag 8 Uhr komplett gesperrt werden. Wer auf der Stahlplatte steht, spürt sofort warum. Jeder Lkw, der über die Brücke donnert, versetzt das Bauwerk in mächtige Schwingungen. Es rumpelt und wackelt. Eine millimetergenaue Vermessung wäre so unmöglich – und millimetergenau muss bei lediglich 65 Millimetern Stahlbeton, die auf die Stahlplatte aufgebracht werden, nun mal gearbeitet werden. Jeder Millimeter mehr brächte zusätzliches Gewicht, das dann an den Tragseilen hängen würde. Bei zu dünner Betonschicht würde nicht die erhoffte Verbesserung erreicht.

In der Nacht zu Montag auch kurzer Stopp

Anhand der Vermessung wird dann links und rechts der Fahrbahn eine exakte Stahlleiste als „Anschlag“ angebracht – als Oberkante für die spätere Betonschicht. Zunächst aber müssen ab März die Stahlbauer ihren Job erledigen. 85 Tonnen Stahl wollen nach exakten Vorgaben auf knapp 300 Meter Fahrbahnlänge in Richtung Wörth verteilt werden, ehe im April in zwei Abschnitten 225 Kubikmeter Beton alles umhüllen. Die Zeit bis zum Beginn des Stahlbaus nutzen Wissenschaftler des KIT ebenfalls an diesem Wochenende für einen weiteren Belastungstest. In der Nacht zum Montag wird mehrfach der Verkehr kurzfristig gestoppt, danach rollt ein einzelner Lkw mit genau definiertem Gewicht und vorgegebener Geschwindigkeit auf die andere Rheinseite. Die Wissenschaftler erfassen an zahlreichen Messpunkten die Schwingungen des Baukörpers. Ein erster Test dieser Art wurde mit der Brücke im ursprünglichen Zustand gemacht, der dritte und letzte Belastungstest kommt, nachdem der ultrahochfeste Beton eingebaut und ausgehärtet ist. „Es läuft“, ist Gentner mit der Einhaltung des Zeitplans zufrieden. Auch die Staus hätten inzwischen etwas abgenommen, sagt er, Pendler würden wohl zunehmend auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.

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