Kreis Germersheim Normalen Stationsalltag gibt es nicht

Dass alle Auszubildenden zusammensitzen ist eher selten. Denn die Pausen werden in der Regel in den Stationsalltag integriert.
Dass alle Auszubildenden zusammensitzen ist eher selten. Denn die Pausen werden in der Regel in den Stationsalltag integriert.

«KANDEL». „Dieser Beruf wird niemals aussterben“, ist sich Marcel Rötterer aus Jockgrim sicher. Der 21-Jährige wird im Herbst seine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger beenden – voraussichtlich mit Erfolg – wie seine Kolleginnen Bahar Ham (20), Katharina Masser (21) und Eliana Moya (20) auch. Die Gesprächsrunde in der Mittagspause wird ergänzt durch Simone Lutz (50) und Jutta Keyser (54), die ihre Ausbildung als Krankenpflegehelferin im Frühjahr 2019 beenden.

Einen „ganz normalen Stationsalltag gibt es nicht“ – darin stimmen alle überein. Daher findet das (Mittags-) Pausengespräch mit der RHEINPFALZ dieses Mal um 9 Uhr statt, der Arbeitsbeginn der Gesprächspartner liegt schon eine Weile zurück. Auch der Ort für die Pause wurde gewechselt. Normalerweise machen die Mitarbeiter in der Krankenpflege ihre Pausen in den Räumen der Station, in der sie arbeiten und zu Zeiten, die auf den laufenden Stationsbetrieb abgestimmt sind. Die Versorgung der Patienten hat stets Vorrang, daher unterbricht mitunter auch ein „Schwesternruf“ das Pausenvergnügen. Eliana Moya tropft Balsamico über ihren Tomaten-Mozzarella Pausensnack. Katharina Masser beißt in ihr Laugengebäck. Derweil berichten die anderen, warum sie sich genau für diesen Beruf entschieden haben - für einen Beruf, der allgemein als schlecht bezahlt gilt, unter chronischem Personalmangel leidet, der oft mit Schichtarbeit verbunden ist, keine freien Wochenenden garantiert, der dafür aber mitunter hohe physische und psychische Belastungen mit sich bringen kann. „Es ist ein Knochenjob, aber ein toller Beruf, der mich ausfüllt. Auch wenn die Beine abends weh tun – ich bin jeden Tag glücklich“, sagt Simone Lutz. „Unser Berufsstand begleitet Menschen von der ersten bis zur letzten Minute des Lebens“, beschreibt Marcel Rötterer. Anderen helfen zu können, die Begegnung und der Kontakt mit Menschen sind seine Triebfedern. „Das stärkt einem selbst“, ergänzt Bahar Ham. Eliana Moya ist derzeit in der geriatrischen Abteilung tätig. Sie ist durch Erzählungen ihrer Schwester auf den Beruf neugierig geworden, hat zunächst ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht und sich dann – nachdem sie sich ihrer Sache ganz sicher war – entschieden, die Ausbildung zu beginnen. Sie strebt Fachweiterbildungen im Bereich der Intensivmedizin und Anästhesie an. „Der Beruf bietet so viele Möglichkeiten, ganz individuell“, betont auch Katharina Masser – ein Umstand, der von allen Gesprächspartnern gelobt wird. Und ebenso vielfältig sind auch die beruflichen Zukunftspläne der Tischrunde. Ganz individuell ist auch der jeweilige Umgang mit den Patienten, auch mit denen, die „herausforderndes Verhalten“ an den Tag legen, wie Katharina es beschreibt. Ihre Devise: „Immer freundlich und zugewandt bleiben, aber dennoch Grenzen aufzeigen.“ Marcel zitiert das Grundgesetz als Basis seines Handelns: „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ Das gelte für die Patienten, aber auch für das Pflegepersonal. „Jeder Patient braucht seine eigene Ansprache“, ergänzt Jutta Keyser. Es helfe, „den Menschen und nicht die Krankheit im Blick zu haben.“ Jutta Keyser hat „ein Leben lang“ schon im Pflegebereich gearbeitet, zuletzt als Pflegeserviceassistentin in der Asklepios-Klinik. Das Angebot, die Ausbildung zu machen, hat sie gerne angenommen. „Ich könnte mich nirgends anders sehen“, sagt sie, auch wenn der Alltag mitunter belastend sei: „Wenn ich nach Feierabend die Tür rausgehe, gehe ich in eine andere Welt“. Diese Distanz zur Arbeit zu bekommen, das „muss man lernen“. Für Marcel stellt der „Kleiderwechsel“ die Schwelle zwischen Privat und Beruf dar. Auch er weiß, wie wichtig es ist, sich abzugrenzen – auch wenn ihm das nicht immer gelinge. Allen Gesprächsteilnehmern gefällt nicht nur ihr Beruf an sich – auch wenn der gestiegene Dokumentationsaufwand die Zeit für die Arbeit am Patienten einschränke. Ihnen gefällt auch das „familiäre Arbeitsklima“ in der Asklepios-Klinik Kandel und die „flachen Hierarchien“. Die in der Öffentlichkeit aktuell diskutierte „allgemeine Dienstpflicht“ – die auch Entlastung im Pflegebereich bringen könnte – wird von der Pausenrunde eher kritisch gesehen. „Telefon-, Hol- und Bringdienste“ könnten uns Fachkräfte eventuell entlasten, meint Marcel Rötterer. Der grundlegende Personalmangel im Pflegebereich würde dadurch sicher nicht behoben.

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