Karlsruhe Karlsruhe: Flüchtlinge fürs Führerhaus

Ausbildung zum Triebwagenfahrer: eine Chance für Flüchtlinge und die Bahnunternehmen der Region.   Foto: avg/frei
Ausbildung zum Triebwagenfahrer: eine Chance für Flüchtlinge und die Bahnunternehmen der Region.

Es herrscht Personalmangel bei den Triebwagenfahrern. Deshalb hat das baden-württembergische Verkehrsministerium einen ungewöhnlichen Weg frei gemacht: Über 20 Flüchtlinge werden im „Ländle“ zu Fahrern qualifiziert. Die Albtal-Verkehrsgesellschaft ist mit von der Partie – allein 15 starten dort im Oktober.

Die Bahnunternehmen in Baden-Württemberg haben sich zu drei regionalen Clustern zusammengeschlossen, um gemeinsam Flüchtlinge für die Tätigkeit zu rekrutieren. Das Interesse ist groß: Weit über 200 Bewerbungen sind seit Frühjahr eingegangen.

„Integration ist gesellschaftliche Aufgabe“

Fest steht bereits, dass in Karlsruhe ab Oktober 15 Geflüchtete ihre Ausbildung beginnen werden: „Wir haben in den vergangenen Monaten große Fortschritte bei diesem Projekt gemacht. In unserer Projektgruppe für den Raum Karlsruhe/Mannheim konnten wir mittels intensiver Rekrutierungsmaßnahmen die stolze Zahl von mehr als 100 Bewerbern verzeichnen. Hiervon wollen wir für unsere Regionalgruppe nun bis zu 15 Personen zum Triebfahrzeugführer qualifizieren“, erklärt Stephanie Schulze, Personalchefin der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) und Leiterin der Projektgruppe. „Natürlich ist die Integration von Geflüchteten in den heimischen Arbeitsmarkt eine große Herausforderung, aber gleichzeitig auch ein entscheidender Baustein für die erfolgreiche Integration dieser Menschen in unsere Gesellschaft. Gerade als kommunales Verkehrsunternehmen wollen wir dieser gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden“, erklärt Schulze.

Das unterstreicht auch David Weltzien, Vorsitzender der Regionalleitung der DB Regio Baden-Württemberg: „Wir beschäftigen allein in Deutschland Mitarbeiter aus über 100 Nationen. Es ist wichtig, Menschen, die aus Ihrer Heimat flüchten mussten, hier eine neue berufliche Perspektive zu bieten.“ Weltzien betont gleichzeitig: „Wichtig ist dabei vor allem die sprachliche Ausbildung, denn die Beherrschung der deutschen Sprache ist für den Beruf des Triebfahrzeugführers unerlässlich.“

Arbeitsagentur schätzt, dass rund 44 000 infrage kommen

Hintergrund: Rund 1000 Lokführer-Stellen müssen allein in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren besetzt werden. Mit dem Modellprojekt „Qualifizierung Geflüchteter zu Lokführern“ soll aus der Gruppe der Geflüchteten Nachwuchs für diesen Beruf gewonnen werden. Nach Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit kommen aus diesem Personenkreis rund 44.000 Menschen in Frage.

An einem vom Verkehrsministerium ins Leben gerufenen runden Tisch zum Personalmangel im Regionalverkehr haben sich die Agentur für Arbeit, alle wichtigen Eisenbahnunternehmen des Landes, die Gewerkschaften und Vertreter anderer Ministerien auf das Modellprojekt „Qualifizierung Geflüchteter zu Lokführern“ verständigt.

Erfahrung bereits mit anderem Programm

Die Ausbildung orientiert sich am bestehenden Programm „Weiterbildung Geringqualifizierter und älterer Beschäftigter in Unternehmen“. Voraussetzungen für Auszubildende sind: Gesicherter Aufenthaltsstatus, Sprachniveau B2 oder besser, anerkannter Schulabschluss. Es gibt zudem eine medizinische Einstellungsuntersuchung. Die Höhe der Entlohnung orientiert sich nicht an dem Ausbildungslohn des 3. Lehrjahres, sondern an der üblichen Entlohnung eines Helfers (2100 Euro brutto). rhp/lsb

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