Kreis Germersheim Flüchtlinge haben sich eingelebt

Traudel Ovali (72), Heidi Strohmeier (75) und Sayeeda Rennhofer (50) helfen Flüchtlingen von Beginn an.
Traudel Ovali (72), Heidi Strohmeier (75) und Sayeeda Rennhofer (50) helfen Flüchtlingen von Beginn an.

Derzeit gibt es in Maximiliansau zehn Flüchtlingshelfer. Noch immer wird bei Alltags- oder Schulproblemen sowie Krankheiten geholfen.

„Die Flüchtlinge sind angekommen, selbstständig geworden und helfen selbst mit.“ Traudel Ovali, Heidi Strohmeier und Sayeeda Rennhofer gehören zum harten Kern der Flüchtlingshelfer in Maximiliansau. „Wir waren am Anfang 26 Leute, jetzt sind es noch um die 10. Mehr sind auch nicht mehr nötig, weil die Flüchtlinge sind gesettelt“, sagt Ovali, die als Krankenschwester unter anderem in Saudi-Arabien gearbeitet hat.

Europäische Sitten übernehmen

Die Kontakte zwischen Helfern und Flüchtlingen sind dennoch nicht abgerissen. „Wir leisten immer noch Hilfe bei Alltagsproblemen wie Krankheiten oder schulischen Fragen.“ Ein verbindendes Thema ist das Essen: „Sie laden einen immer zum Essen ein, weil das der einzige Weg ist, wie sie etwas zurückgeben können,“ sagt Rennhofer. Beim Essen kann man auch beobachten, wie die Flüchtlinge allmählich europäische Sitten übernehmen. In Syrien seien beispielsweise Teller nicht gebräuchlich. Zunächst wurde deshalb nur für sie ein Teller aufgedeckt, bei späteren Besuchen essen auch die Kinder mit Teller, Messer und Gabel: „Sie lernen das in der Schule kennen.“ Womit für Ovali klar ist: „Solange sie keinen Kontakt haben zu Deutschen, findet keine Integration statt.“

"Sie werden niemals sein wie wir"

Schwierig sei die Integration oft bei Menschen, die aus Afrika kommen, so die Beobachtung der drei Frauen. „Sie schaffen es, irgendwie ihr Leben auf die Reihe zu kriegen, aber sie werden niemals sein wie wir“, sagt Rennhofer. Sie stammt übrigens aus Guyanna in Mittelamerika, wohin ihre Großeltern aus Afghanistan und Indien ausgewandert sind. Aus Erzählungen von Familienangehörigen weiß sie, wie europäische Politik die Armut in anderen Teilen der Welt vergrößert. Die Einführung des E-10-Treibstoffs beispielsweise stiegen die Maispreise gewaltig an, denn aus Mais wird Biosprit gewonnen. In ihrer Heimat zahlen die Menschen dafür den Preis, denn dort ist Mais ein Grundnahrungsmittel.

Abschiebung: "Sie waren plötzlich weg"

Eine große Belastung für die Helfer sind die Abschiebungen. „Nach der ersten Abschiebung wollte ich aufhören. Die Menschen waren morgens plötzlich weg“, sagt Rennhofer. Aber sie habe wegen der anderen weiter gemacht. Und fügt hinzu: „Wir müssen die Gesetz respektieren.“ Strohmeier ist heute noch empört wegen des Umgangs mit einer jungen Frau, die letztes Jahr nach Afghanistan abgeschoben werden sollte. Nachts zwischen 3 und 4 Uhr seien acht Polizisten gekommen und haben die Frau nach Frankfurt mitgenommen. Weil die Frau sich heftig wehrte, weigerte sich der Pilot, mit ihr an Bord loszufliegen. Darauf hätten die Polizisten sie ohne Handy in Frankfurt stehenlassen, sie solle schauen wie sie zurück nach Maximiliansau komme. Die Helfer organisierten dann die Abholung. Im Moment sei die Frau noch geduldet, ihr Verfahren noch offen.

Lieber sterben als zurück

Am meisten hat die Helferinnen aber der Versuch mitgenommen, eine junge Frau nach Eritrea abzuschieben. Um 6 Uhr morgens standen eine Menge Leute vor der Unterkunft – Polizei, Stadtverwaltung, Ausländeramt, erinnert sich Ovali. „Die haben an die Türen gebollert, aber keiner hat aufgemacht.“ Ovali sollte sagen, in welchem Zimmer die Eritreäerin ist: „Die können ja nicht alle Türen eintreten.“ „Dort lag sie unter dem Bett, eine Tüte über dem Kopf und hatte Schaum vor dem Mund“, so Ovali. Die junge Frau hatte Seifenlauge geschluckt, denn sie wollte lieber sterben als zurück. Wie sie solche Erlebnisse verarbeite? „Ich bin Krankenschwester“, lautet die kurze Antwort.

"Man zerbröselt innerlich"

Belastend sei auch, dass gerade afrikanische Flüchtlinge oft überzogene Vorstellungen von dem entwickeln, was sie Deutschland erreichen können. „Manche fordern einfach: Gib mir ein Haus“, so ein Beispiel. Für die Helfer bedeutet das doppelten Druck: Auf der einen Seite solche überzogenen Vorstellungen abwehren, auf der anderen Seite mit Freunden und Bekannten diskutieren, die sie auffordern, die Flüchtlingshilfe ganz sein zu lassen, weil sie zur Flucht ermuntere. Der Konflikt spiegelt sich im Seelenleben der Helfer wieder. „Klar können wir nicht alle aufnehmen“, sagt Ovali. Aber: Man müsse doch helfen. Die Folge: „Man zerbröselt innerlich.“ Die Helferinnen werden trotzdem weiter machen. Die Frauen bleiben pragmatisch. „Wir müssen uns zurückhalten beim Essen, wenn wir eingeladen werden. Sonst werden wir noch zu dick“, konzentrieren sie sich auf das Nächstliegende.

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