Karlsruhe Der alte Mann und das Meer

Regis Gallego
Regis Gallego

«Karlsruher.» „Das Meer war für mich immer Wunderland und Mysterium zugleich“, sagt Regis Gallego. Der 71-Jährige Franzose, der seit 1975 in Karlsruhe-Durlach lebt, ist eine Art „badischer Jacques Cousteau“, auch wenn er Vergleiche zu seinem Vorbild selbst wohl eher nicht ziehen würde.

Den 1997 verstorbenen großen, französischen Dokumentarfilmer Cousteau hat Gallego in der Vergangenheit mehrmals getroffen. Mit ihm teilt der Meeresforscher aus der Markgrafenstadt die Leidenschaft zu den Meeren und der darin lebenden Tierwelt. „Für mich sind alle Meerestiere etwas Besonderes. Schon als Junge habe ich fast meine gesamte Freizeit genutzt, um sie zu studieren. Ich weiß wirklich nicht mehr wie viel Zeit ich beispielsweise im Museum Oceanographique in Monaco zugebracht habe. Es war jedenfalls eine Menge“, meint er schmunzelnd. Im Burgund aufgewachsen, reiste der aus einer Fischerfamilie stammende Gallego so oft es ging an die Küste. Da sein Vater bei der Bahn arbeitete, konnte er umsonst mit der französischen Staatsbahn fahren. Später dann studierte er an der Universität Strasbourg Bio-chemie, begleitete Expeditionen, beriet Wissenschaftler auf Forschungsschiffen und führte sie zu gesuchten Fischgründen. Und das nur aufgrund von alten Karten und seiner lebenslangen Erfahrung. „Man muss das Wasser lesen und quasi wie ein Fisch denken können. Ich habe mir das von klein an auf gebracht“, sagt der Mann mit der Wetter gegerbten Haupt. Sein bevorzugtes Revier ist das westliche Mittelmeer, das er wie seine Westentasche kennt. Mehr als 1500 Fischsorten kennt der Wahl-Badener aus dem Effeff. Wichtigste Orientierungspunkte bei Expeditionen sind für ihn Beschaffenheit des Meeresbodens, Tiefe und Strömung. Auch Pottwalen ist der Meeresforscher des Öfteren gefolgt. „Mittlerweile kenne ich jeden mit Vornamen“, meint er lachend. Etliche Monate im Jahr ist der „Seebär“ auf Mallorca, wo er eine Ferienwohnung nebst Boot besitzt. Eine Sorge plagt Gallego neben Klimaerwärmung und Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll ganz besonders: „Es ist ein Wahnsinn, was die Menschen in einigen Jahrzehnte alles kaputt gemacht haben. In etwa 20 Jahren werden die Meere systematisch leer gefischt sein. “ Gallego geht ins Detail: „Die Industriefischerei hat den Ozeanen den Krieg erklärt. Im Grunde gibt es, so traurig es klingt, kein Zurück mehr. Selbst wenn man die Großfischerei von heute auf morgen stoppen würde, bräuchte das Meer über 50 Jahren um sich zu erholen.“ Mit besonderer Sorge betrachtet der Mann, der bei der historischen Stadtmauer im Statdteil Durlach lebt, auch die enorme Ausbreitung der Quallen. „In schmutzigen, toten Gewässern gedeihen sie prächtig und verbreiten sie sich rasant. Man schätzt, dass es über 30 Milliarden Quallen gibt. Pro Tag fressen sie ein Areal in der Größe von Baden-Württemberg leer. Man kann von einer regelrechten Invasion sprechen. Es ist eben alles ein Kreislauf. Man muss Öffentlichkeit für diese traurigen Tatsachen herstellen und dagegen etwas tun, so lange es noch geht. Die Vermüllung der Meere mit Plastik ist eine einzige Katastrophe“, betont er. Auch wenn er als Mahner in einer profitorientierten Gesellschaft kaum Gehör findet, gibt er seinen Rat immer wieder an Wissenschaftler oder französische Medien weiter. Auch mit Videos zum Thema Fischen hat sich der stellvertretende Vorsitzende des Anglervereins Durlach vor allem in Frankreich einen Namen gemacht. Und natürlich wird der Pensionär, der früher für einen französischen Konzern in Fächerstadt gearbeitet hat, trotz alledem weiterhin auf Expeditionen gehen und sein Wissen weiter geben.

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