Kusel „Jetzt erfinden sie das Rad neu“

Udo Schmeiser ist skeptisch in Sachen neuer Ausweis.
Udo Schmeiser ist skeptisch in Sachen neuer Ausweis.

«Quirnbach». Der Gemeinde- und Städtebund hat mit dem Landesfeuerwehrverband einen neuen Dienstausweis für Freiwillige Feuerwehrleute eingeführt. Den gibt es aber nicht automatisch, sondern er muss beantragt werden. RHEINPFALZ-Redakteurin Astrid Böhm hat über den Ausweis mit Udo Schmeiser gesprochen, dem Kreisfeuerwehrinspekteur.

Herr Schmeiser, wer wird denn im Kreis Kusel einen solchen bekommen?

Zuerst einmal: Die Freiwillige Feuerwehr ist ja den Kommunen unterstellt. Der Landkreis hat keine Feuerwehrleute, nur mich. (lacht) Ich habe aber mal rumgefragt und bisher gibt es nur in der Verbandsgemeinde Oberes Glantal die Entscheidung, dass der neue Dienstausweis eingeführt werden soll. Und dafür bezahlen die Kommunen dann auch selbst? Das Innenministerium hat Rohlinge für die etwa 51.000 aktiven Feuerwehrleute, die in Frage kämen, zur Verfügung gestellt, dafür etwa 2,10 Euro pro Karte bezahlt. Die liegen schon beim Verband bereit. Was dann von den Kommunen noch geleistet werden muss, sind einmalig 45,25 Euro für ein Dienstsiegel oder Wappen, das auf die Frontseite kommt. Dann noch zwischen 1,15 bis 1,35 Euro für die Daten jedes einzelnen. Da kommt schon auch was zusammen, das eventuell im Haushalt berücksichtigt werden muss. Im Oberen Glantal zum Beispiel gibt es etwa 500 Feuerwehrleute, in der Verbandsgemeinde Lauterecken/Wolfstein sind es etwa 600. Und wie soll das dann aussehen? Vorne drauf stehen die persönlichen Daten, der Name und das Geburtsdatum, außerdem ist da eben das Wappen der Verbandsgemeinde – oder auch einer Stadt – drauf. Viel mehr nicht. Auf der Rückseite ist klargestellt, dass ein Feuerwehrangehöriger im Einsatz durch die Unfallkasse Rheinland-Pfalz versichert ist, das gilt ja grundsätzlich. So eine Karte im Scheckkartenformat haben wir schon. (Schmeiser legt diese auf den Tisch.) „Die Unfallkasse Rheinland-Pfalz trägt die Heilbehandlungskosten für einen Unfall im Feuerwehrdienst“, steht darauf. Aber ich frage mich ja sowieso, wer daran denkt, so eine Karte einzustecken, wenn er schnell zum Einsatz muss? Ich meine herauszuhören, dass sie nicht so ganz von diesem neuen Ausweis überzeugt sind. Dabei wurde offiziell verkündet, er solle auch das ehrenamtliche Engagement der Freiwilligen würdigen. Ich sehe die Sinnhaftigkeit nicht ganz. Es ist ja auch nichts Neues. (Schmeiser holt einen roten, gefalteten, alten Ausweis hervor.) Der rote ist mein allererster Ausweis, den gab es 1998. Hier habe ich auch noch einen grünen Dienstausweis des Landkreises. Jetzt erfinden sie das Rad neu. Ich verstehe nur nicht, was es bringen soll. Es ist ja nicht so, dass man zum Beispiel Rabatte kriegt, wie sie die Feuerwehrangehörigen in Kaiserslautern in einem Baumarkt und bei einem Baustoffhändler bekommen. Wenn einige Kommunen mitmachen würden, es zum Beispiel ermäßigten Eintritt ins Schwimmbad geben würde, das wäre Wertschätzung. Dafür ist ja eine Ehrenamtskarte gedacht, die immer mehr Kommunen einführen, oder? Ja, aber das ist auch für die Feuerwehrangehörigen schwierig. Es für uns einzuführen, halte ich nach den aktuellen Vorlagen für nicht gut. Freiwillige in den kleinen Wehren kriegen nicht unbedingt die geforderten 250 Stunden im Jahr zusammen. Im Einsatz müssen aber alle das Gleiche leisten, deshalb sollte es da keine Trennung geben. Auch für Leute, die zum Beispiel als Gerätewart ein paar Euro bekommen, gilt die Karte dann nicht. Das führt nur zu Spaltungen. Die Feuerwehren ringen ja ebenso wie viele Vereine um Nachwuchs und darum, ihre Leute halten zu können. Was könnten sie sich denn vorstellen, wie das klappen könnte? Kürzlich ist eine Petition an den Bundestag gestellt worden, die haben online etwas über 2000 Menschen unterschrieben. Die Idee: Freiwillige Feuerwehrleute sollen eine Rente bekommen. Das fände ich gut. 50 Euro für zehn Jahre, einen Euro drauf für jedes weitere – oder in der Art. Das wäre sicherlich günstiger, als wenn irgendwann die Kommunen die Feuerwehrleute bezahlen müssen, weil sich keine Freiwilligen mehr finden. Ist es denn auch eine Abschreckung, dass so viele Rettungsdienste und auch die Polizei über Belästigung oder Gewalt beim Einsatz berichten, in dem sie eigentlich helfen wollen? Es gibt da eine Initiative des Landesfeuerwehrverbandes: Helfende Hände schlägt man nicht! Da gibt es Flyer und Aufkleber, um aufzuklären und Gewalt gegen Feuerwehr, Hilfsdienste, Polizei entgegenzuwirken. Aber ich muss sagen, mir ist so was hier noch nicht widerfahren und mir ist kein Fall bekannt, wo Feuerwehrangehörige attackiert oder belästigt wurden. Es ist hier eher das Gegenteil der Fall: Wenn wir nachts oder früh morgens einen Einsatz haben, bringen uns die Anwohner warmen Kaffee oder Tee. Eine letzte Einschätzung: Werden die Dienstausweise kommen? Wahrscheinlich werden sich die Kommunen nicht verschließen können, wenn der Druck größer wird. Aber bei unserer Herbsttagung aller Kreis- und Stadtfeuerwehrinspekteure war dies kein Thema. Uns beschäftigt Wichtigeres zurzeit, etwa die Einführung der digitalen Alarmierung, die nach der gerade erfolgten Umstellung auf Digitalfunk im kommenden Jahr starten soll. Dafür und wegen neu hinzugekommener Alarmstichworte und Ereignisse werden gerade die Alarm- und Ausrückeordnungen neu aufgestellt. Das ist ein komplexes System, in dem festgehalten ist, für welche Art von Vorfall wer alarmiert wird. Das läuft dann auch bei mir zusammen. Es ist immer genug zu tun als Kreisfeuerwehrinspekteur, das können sie mir glauben... Wobei wir ja wieder dabei sind: Es bleibt eben fraglich, ob sich weiterhin genügend Leute finden werden, die diese Arbeit als Feuerwehrleute freiwillig, in ihrer Freizeit, unentgeltlich machen. Hier in Rheinland-Pfalz ist vorgeschrieben, dass die Feuerwehr in acht Minuten an der Einsatzstelle sein muss. Und dass wir das schaffen, so sollte es auch bleiben.

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