Kreis Südwestpfalz Wo Maschinen auf Menschen treffen

„Ich weiß, dass die Produktion laufen und effiziente Arbeitsergebnisse erzielt werden müssen“, sagte der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann gestern im Homburger Werk von Ina-Schaeffler: „Trotzdem muss der Mensch stets Mittelpunkt allen Schaffens bleiben. Und nicht nur ein bloßes Mittel dazu.“ In Gesprächen mit Betriebsräten, Mitarbeitern und Chefs des Industriebetriebs verschaffte sich der Bischof ein Bild vom Arbeitsleben bei Schaeffler.

An dem Homburger Werkstandort mit etwa 2700 Mitarbeitern stachen dem Kirchenmann besonders drastisch die Probleme ins Auge, die im Allgemeinen als demografische Entwicklung bezeichnet werden: Mehr als die Hälfte der Homburger Schaeffler-Belegschaft werde gegen Ende des Jahrzehnts älter als 55 Jahre sein, wusste Betriebsratschef Salvatore Vicari zu berichten. „Dass die Lage in punkto Altersstruktur so ernst ist, wusste ich nicht“, gab der Bischof ein prägendes Ergebnis seines Firmenbesuchs zu Protokoll. Dass Industriearbeiter im fortgeschrittenen Alter nicht mehr die Kraft aufbringen, wie ihre jüngeren Kollegen schwere Gewichte durch die Gegend zu wuchten, versteht sich von selbst. 2012 war es bei Schaeffler mit Blick auf die Arbeitsbedingungen älterer Beschäftigter zu ernsten Diskussionen zwischen Gewerkschaften und Geschäftsführung gekommen. Darauf angesprochen, erinnerte Vicari gestern an jene Kampagne der IG Metall unter dem Motto „Arbeit muss für jung und alt gesund sein“. Gefordert wurde damals eine altersgerechte Umgestaltung der Arbeitsplätze. Was ist daraus geworden? „Man kann nicht im Jahre 2012 diese und jene Maßnahme treffen und dann ein Häkchen druntermachen“, sagte Lineartechnik-Geschäftsführer Ralf Moseberg gestern: „Das ist ein fließender Prozess, der nie endet.“ Eigens habe die Firma sogenannte Alters-Anzüge angeschafft: Mit diesen schweren Monturen spüre man am eigenen Leib, wie beschwerlich bestimmte Arbeitsabläufe für Ältere sind. Schrittweise sei damit begonnen worden, harte körperliche Aufgaben an starke Maschinen zu delegieren, während dem Menschen eher der geistige Part zukommen soll. Doch dass solche Innovationen nicht über Nacht zu realisieren sind, darin waren sich gestern die Schaeffler-Chefs mit Mitarbeitern und dem Speyerer Gast einig. Lobend äußerte sich Wiesemann über die „gute Kommunikationskultur“, die hier zwischen Führungsebene und Belegschaft herrsche. Dennoch erinnerte er die Geschäftsführung an den hohen Wert etwa des arbeitsfreien Sonntags: Schließlich sei der Mensch „nicht immer und jederzeit für den Arbeitsplatz verfügbar – sonst würde er ja selbst zur Maschine“, mahnte der Bischof. (ghm)

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