Winterbach Winterbach feiert das Erbe der Schweizer und Tiroler

Dekan Peter Butz predigt beim Festgottesdienst zum Jubiläum der Dorfkirche Winterbach.
Dekan Peter Butz predigt beim Festgottesdienst zum Jubiläum der Dorfkirche Winterbach.

Dass die Winterbacher am Sonntag den 300. Jahrestag des Wiederaufbaus ihrer Kirche feiern konnten, haben sie fleißigen Einwanderern früherer Zeiten zu verdanken.

Schweizer und Tiroler Einwanderer hatten das im Dreißigjährigen Krieg ausgelöschte Winterbacher Kirchen- und Dorfleben ab dem 17. Jahrhundert wiederbelebt. Dazu machten der Zweibrücker Dekan Peter Butz und Gemeindepfarrer Tilo Brach am Sonntag beim Festgottesdienst zur 300-Jahrfeier des Wiederaufbaues des zuvor verfallenen Kirchenschiffes interessante Ausführungen. Die Schweizer Neubürger hatten sogar die Dorfkerwe, einst das Kirchweihfest, im Sinne ihres heimatlichen Brauchtums vom August in den September verschoben.

In seiner Festpredigt in Anlehnung an das erste Buch Mose erläuterte der Dekan am Sonntag, dass die einstigen Bewohner aus der Schweiz und dem Alpenraum ihre Heimat wegen Hunger und Armut verlassen hätten. Die Neusiedler machten sich auf den weiten, beschwerlichen und nicht ungefährlichen Weg ins Herzogtum Zweibrücken. In der Hoffnung, dort ein besseres Leben führen zu können. Viele der Wanderer hätten Winterbach wegen der Strapazen erst gar nicht erreicht. Andere durften nur eine kurze Zeit des schwierigen Wiederaufbaues miterleben.

Einwanderer waren fleißig und gläubig

Die Umsiedlung ins Herzogtum habe erst der dritten Generation der Familien eine Verbesserung ihrer Lebenssituation beschert, sagt der Dekan in seinem Predigttext. Auf jeden Fall seien die Einwanderer fleißig und gläubig gewesen. Dies habe sie dazu bewegt, die Kirche wieder aufzubauen, obwohl sie sicherlich genug andere Arbeit und Sorgen um ihre Familien hatten. Eine Schule für das Dorf hatten sie noch vor dem Gotteshaus hergerichtet. „Darum muss man an diesem Festtag dankbar sein, dass die Einwanderer den Grundstein dafür gelegt haben, dass es in Winterbach bis heute immer wieder Gläubige und Helfer gab, die Bereitschaft zeigten, dass dieses Gotteshaus so gut erhalten ist“, erklärte der Dekan. Auf beeindruckende Weise wurde die Gottesdienstfeier durch das Posaunenquartett der Stadtmission Zweibrücken und Bezirkskantor Helge Schulz an der Orgel musikalisch begleitet.

Gemeindepfarrer Tilo Brach verkündete, dass der beim Festgottesdienst anwesende ehemalige Pfarrer Bernhard Bonkhoff aus Großbundenbach im Münchner Staatsarchiv eine Urkunde gefunden hat. Darin steht, dass die Schweizer Einwanderer sich in Winterbach über eine St. Matthäus-Kirche freuten. Der Tag des Apostels Matthäus fällt auf den 21. September. Dies sei in den Bergdörfern des Alpenlandes seit jeher der Tag des Almabtriebes von den Bergweiden. Mit der Ehrung des Heiligen hätten sich die Neubürger im Winterbacher Tal ein Stück Verbundenheit zu ihrer einstigen Heimat-Bergregion bewahrt.

Kerwe in der Tradition der Vorfahren

Die Winterbacher haben am Sonntag nicht nur das Kirchenjubiläum gefeiert, sondern auch zwei Tage Kerwe in stimmungsvoller Atmosphäre am Sportplatz. So, wie es ihre einst eingewanderten Vorfahren neu festgelegt hatten. Das Kirchweihfest des wiederaufgebauten Gotteshauses war eigentlich auf den 13. August 1723 gefallen. Unter der Kanzel prangte am Sonntag beim Jubiläumsgottesdienst ein Bild, das die Kindergartenkinder gemalt haben. Es strahlt Freude rund um den Ehrentag der Dorfkirche aus. Dies, so der Pfarrer, unterstreiche deutlich, „wie einen die Dorfkirche schon in jungen Jahren auf seinem Lebensweg begleitet. Was oft prägend für das weitere Leben ist.“

Für Ortsbürgermeister Andreas Weizel ist die Dorfkirche seiner Heimatgemeinde eine wichtige Begegnungsstätte für die Bewohner. Das Kirchenbauwerk dokumentiere den Beginn der Dorfgeschichte seit dem ersten urkundlichen Nachweis aus dem Jahre 1269. Der wuchtige romanische Kirchturm habe die Kirchengründung in der Tradition des Klosters Hornbach bewahrt.

Grüße aus Biedershausen

Für die Höhengemeinde Biedershausen, die keine eigene Kirche besitzt, überbrachte Ortsbürgermeister Christian Bühler die Glückwünsche seiner Dorf-Mitbewohner, die sich in der gemeinsamen Pfarrei gut aufgehoben fühlen. Der von 1965 bis 1982 als Pfarrer für die Kirchengemeinde zuständige Kurt Wittlich fand es in seinem Grußwort besonders lobenswert, dass der Gottesdienst noch musikalisch mitgestaltet wird. In seiner Amtszeit habe man sogar noch einen Kirchen- und einen Kinderchor gehabt. Dass dem nicht mehr so ist, zeuge vom Wandel der Zeiten, was nicht immer erfreulich für das aktive Leben in einer Kirchengemeinde sei.

Aus der Sicht von Landrätin Susanne Ganster ist das Gotteshaus in einer Gemeinde immer noch ein unverzichtbares Zeugnis von Heimat für die Dorfbewohner, obwohl das Zweifeln am Glauben zu einer bedauerlichen Krise in der Institution Kirche geworden sei. Für Verbandsbürgermeister Patrick Semar bleibt die Kirche trotzdem ein Haus, in dem wertvolle Gemeinschaft gelebt wird.

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