Heltersberg/Leimen Wie zwei Hochlandrinder einen Beitrag zum Naturschutz leisten

Das schottische Hochlandrind von Mijodrag Sasic hilft künftig bei der Offenhaltung der Auenlandschaft im Schwarzbachtal.
Das schottische Hochlandrind von Mijodrag Sasic hilft künftig bei der Offenhaltung der Auenlandschaft im Schwarzbachtal.

Um zu verhindern, dass bestimmte Flächen mit Wald zuwachsen und dadurch Arten verdrängen, hat der Landkreis ein Projekt gestartet, das seine Anfänge vor rund 20 Jahren nahm. Kooperationspartner sind die Leimener Rinderbarone.

Zwei Rinder sind schon da. Schottische Hochlandrinder. Ihre Aufgaben: fressen, über die etwas mehr als ein Hektar große eingezäunte Fläche im Schwarzbachtal laufen und dadurch wertvolle Dienste für den Arten- und Naturschutz leisten. Die Rinder gehören den Rinderbaronen aus Leimen. Sie weiden auf einer Fläche des Landkreises Südwestpfalz. Ziel der Maßnahme ist die für den Naturschutz wichtige Offenhaltung der Schwarzbachaue.

Ihren Job erledigen die zotteligen Vierbeiner vorbildlich. Gras, Äste, Zweige – was zu kauen ist, wird gekaut. Fototermine stehen nicht unbedingt auf der Arbeitsplatzbeschreibung der beiden Rinder, die ein und zwei Jahre alt sind. Mit etwas Brot lockt Mijodrag Savic von den Rinderbaronen die Tiere – ein, zwei sollen noch dazukommen – Richtung Zaun. Hier herrscht Hochbetrieb. Das Offenhaltungsprojekt des Landkreises wird vorgestellt. Wer die Akteure vor Ort zählt, ahnt, dass solche Maßnahmen anspruchsvoll in der Umsetzung sind. Unter anderem ist der Forst gefragt. In diesem Fall sind zwei Reviere und zwei Forstämter – Johanniskreuz und Hinterweidenthal – betroffen. Auch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD) ist mit im Boot.

„Greift man nicht ein, verbuscht alles“

Es werde ein Projekt forciert, das seine Anfänge schon um die Jahrtausendwende nahm, erinnert Landrätin Susanne Ganster. Zehn Hektar Fläche hat der Kreis für Offenhaltungsmaßnahmen nach und nach erworben. Wichtig, um die Einzigartigkeit dieser Landschaft mit unterstützenden Maßnahmen zu erhalten. „Das Thema ist bekannt. Greift man nicht ein, verbuscht alles“, sagte die Landrätin. Bilder aus dem November vergangenen Jahres zeigen eine verbuschte Talaue.

Die Gebiete, die in die Maßnahme einbezogen sind, sind wertvoll. Sie sind Teil des Biosphärenrervates Pfälzerwald, zum Teil sind es Natura-2000-Gebiete, es finden sich zahlreiche geschützte Arten, vom Schmetterling bis zum Vogel in dem Gebiet. „Umso wichtiger ist es, die Natur zu erhalten, zu entwickeln“, sagte Raphael Philipp von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises.

Wiesen- und Grünland sei typisch für eine Schwarzbachtalaue und ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Früher seien die Flächen durch Beweidung, durch landwirtschaftliche Tätigkeit, offen gehalten worden. Da diese Flächen aber schwierig zu bewirtschaften seien, wenig Ertrag bringen, sei die landwirtschaftliche Nutzung eingestellt worden. Nachdem die Flächen angekauft worden waren, fanden sich darauf auch Weihnachtsbaumkulturen, die für eine Auenlandschaft im Pfälzerwald nicht artgerecht waren, wohl aber Einnahmen brachten.

„Korridore“ sollen freigehalten werden

Werde die Fläche nicht mehr beweidet, habe das zur Folge, dass die Gräser höher wachsen und die ökologisch wertvollen Arten verdrängen, sagte Philipp mit Blick auf eine noch nicht gemulchte und beweidete Fläche im Schwarzbachtal. Ginster, Weide und Schlehe beginnen sich sichtbar auszubreiten. Mit der Zeit entstehe ein Wald. Das habe zur Folge, dass ganz viel Lebensraum für viele Arten verloren geht. „Deshalb ist es wichtig, diese Korridore im Pfälzerwald offenzuhalten“, unterstrich Philipp. Das bestätigte Karin Feick-Müller, die sich im Auftrag der SGD Süd um Naturschutzräume im Landkreis Südwestpfalz kümmert. Bei einem Begang der Fläche, „hatte ich viel Glück, habe unter anderem vier Schmetterlingsarten gefunden, die auf der Roten Liste stehen“, berichtete sie. Gemeint ist die Liste für gefährdete Arten.

Niklas Tappmeyer, Leiter des Forstamtes Johanniskreuz wies darauf hin, dass das Biosphärenreservat das Zusammenspiel zwischen Natur und Mensch beschreibe. Die Naturlandschaft mit ihrer Artenvielfalt sei eine Folge der landwirtschaftlichen Nutzung. Mit der Beweidung, die jetzt erfolge, bleibe es eine Mischung aus Kultur und Natur.

Idealer Kooperationspartner wurde gefunden

Der Forst sei dankbar für jede Offenstruktur im Pfälzerwald, bekanntermaßen das größte zusammenhängende Waldgebiet in Deutschland. Das biete den Waldarten die Möglichkeit, den gewohnten Raum zu verlassen und ins Offenland zu treten, dort zu äsen, also Nahrung aufzunehmen. Ohne Freifläche, sagte Ernst Günter Wetzke von den Rinderbaronen, fehlen zum Beispiel bestimmte Vogelarten, die die freien Flächen zum Jagen benötigen. Die offenen Flächen gelte es, als Achsen miteinander zu vernetzen, ergänzte Karin Feick-Müller.

Um diese Ziele zu erreichen, sei überlegt worden, wer Kooperationspartner werden könne. Dann habe es den Tipp mit den Rinderbaronen aus Leimen gegeben, die vor 15 Jahren anfingen, Rinder zu züchten, aktuell 42 Tiere halten. Und es passte. Für beide Partner ist es eine Win-win-Situation. Nachdem der Kreis gemulcht hatte, können die Rinder in diesem Jahr bis zu 5,5 Hektar beweiden. Um die Tiere, den notwendigen Zaun, müssen sich die Rinderbarone kümmern. Für die Offenhaltung gibt es eine Prämie. Aber, das verdeutlichte Klaus-Dieter Burkhard, es gebe nichts zu verdienen. Was auch nicht schlimm sei, „denn ein Hobby, das nichts kostet, ist kein Hobby“, sagte er lachend.

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