Dahn Ärzte protestieren gegen Aderlass

Immer mehr Patienten, dabei weniger Geld und steigende Kosten: Für die niedergelassenen Ärzte ist das „Fass übergelaufen“.
Immer mehr Patienten, dabei weniger Geld und steigende Kosten: Für die niedergelassenen Ärzte ist das »Fass übergelaufen«.

Auch im Dahner Felsenland werden am Mittwoch, 12. Oktober, Arztpraxen geschlossen bleiben. Ärzte, Ärztinnen und medizinische Fachangestellte schließen sich dem landesweiten Protesttag der Kassenärzte gegen die geplante Abschaffung der „Neupatientenregelung“ an. Damit, so befürchten die Mediziner, werde der Erhalt der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum weiter erschwert.

Die Ärzte protestieren, um „ein Zeichen gegen die Respektlosigkeit der Politik und der Krankenkassen“ gegenüber Ärzten und medizinischen Fachangestellten zu setzen und um für den Erhalt der ambulanten ärztlichen Versorgung im Dahner Tal zu kämpfen. Dies kündigen sie in einer gemeinsamen Mitteilung an, die der Bundenthaler Hausarzt Stefan Mainberger am Freitag übermittelt hat.

Anlass ist die Absicht von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, die „Neupatientenregelung“ wieder abzuschaffen, die er selbst von Jens Spahn gefordert und diesem abgerungen habe. Damit hat er für die Ärzte „das Fass zum Überlaufen gebracht“. Denn bei dieser Regelung, die die Annahme neuer Patienten in einer Praxis mit voller Vergütung belohnt, soll Patienten ein leichterer Zugang zu Terminen gewährleistet werden. Wenn jetzt aber die Budgetierung und somit die reduzierte Vergütung für diese Patienten wieder eingeführt werde, kritisieren die Ärzte, dann werde es noch schwieriger bis unmöglich, einen Termin beim Facharzt zu bekommen. Und auch beim Hausarzt, denn dieser solle die Lücke dann schließen – ebenfalls budgetiert und ohne zusätzliche Vergütung.

Dazu kommen Digitalisierung und Bürokratie

Dazu kommen aus Sicht der Ärzte weitere Probleme. So koste die von Kassen und Politik aufgezwungene Digitalisierung in den Arztpraxen viel Zeit, Nerven und Geld. Neben Geräten, die von den Kassen bezuschusst werden, müssen ständig neue nicht bezuschusste Computer angeschafft werden, Systemadministratoren und Hotlines bearbeiteten permanent auftretende Probleme und Patienten beschwerten sich, dass ihr Doktor sich mehr mit Computer und Bürokratie als mit ihrer Krankheit beschäftige. Löhne, Heizkosten, aber auch alle anderen Kosten seien immens gestiegen, ein Inflationsausgleich sei nicht in Sicht. Im Gegenteil, die Vergütung der Arztpraxen sei in den letzten Jahren kaum gestiegen und jetzt forderten die Krankenkassen für die nächsten zwei Jahre Nullrunden – eine „Respektlosigkeit“ in den Augen der Ärzte.

Gelder aus der bisherigen ambulanten Versorgung würden in andere Strukturen umgeleitet, die Ärzte ersetzen sollten. Krankenschwestern, Gesundheitskioske, Apotheker übernähmen die Patientenversorgung. Die Politik meine wohl, ein sechsjähriges Studium und die fünf- bis sechsjährige Facharztausbildung seien überflüssig. Dabei seien es die Arztpraxen, die mit großem Engagement die Wende bei den Coronaimpfungen gebracht hätten, die die vielen Covid-Erkrankten samt Angehörigen ambulant behandelt, begleitet und beraten hätten und dies weiterhin tun. Sie kümmerten sich um die schlimmen Post-Covid- und Long-Covid-Patienten – neben der normalen Arbeit. Beschämend sei es, dass nur den Pflegekräften im stationären Bereich, nicht aber den Medizinischen Fachangestellten eine staatliche Coronaprämie zugestanden worden sei.

Weitere Praxisschließungen drohen

Die Ärzte verweisen darauf, dass sich in den letzten Jahren die Anzahl der Hausärzte im Dahner Felsenland von 13 auf acht reduziert hat. Dazu haben eine Neurologin, ein Chirurg und der Kinderarzt geschlossen, beziehungsweise es besteht nur noch stundenweise Filialpraxistätigkeit. Um junge Mediziner anzulocken, müssten die Dahner Ärzte besonders für bessere Bedingungen kämpfen. Denn weitere Schließungen drohten.

Die ärztliche Versorgung ist seit Jahren Thema im Dahner Felsenland. Der Verbandsgemeinderat beschäftigt sich seit zweieinhalb Jahren mit Lösungsansätzen, etwa einem Ärztehaus. Vor einem Jahr kamen Verbandsgemeinde und Stadt Dahn dann überein, mit externer Beratung ein Konzept zu entwickeln. Seitdem ruht das Thema im Rat.

Hilfe am 12. Oktober

Für dringende Fälle ist die Bereitschaftspraxis in Pirmasens, Telefon 116117, geöffnet.

 Arzt in Not.
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