Edenkoben Wissen und Geschmackstest kompakt in Käsekurs

Wolfgang Frank und seine Gattin Susi Strähle sind für einen Ausflug in die Südpfalz gekommen. Der Käsekurs von Barbara Kuhn ist
Wolfgang Frank und seine Gattin Susi Strähle sind für einen Ausflug in die Südpfalz gekommen. Der Käsekurs von Barbara Kuhn ist ein Teil ihres Programms.

Seit drei Jahren macht Barbara Kuhn in ihrer Werkstatt in Edenkoben Käse. Nachdem alle Prüf- und Genehmigungsverfahren durch sind, darf sie ihre Produkte offiziell verkaufen. Weil sie mit ihrer Leidenschaft viele Menschen anstecken will, bietet sie auch Käsekurse an.

Noch bevor es losgeht, wird klar, dass dieser Nachmittag nicht nur arbeitsreich, sondern auch lustig werden wird. Wider erwarten kommen die 20 Teilnehmer des Käsekurse nicht von hier, sondern verbringen einen Kurzurlaub in der Region.

Die Verfasserin dieser Zeilen hat das Schild mit der Aufschrift „Käsewerkstatt“ an der Einmündung zur Maximilianstraße entdeckt. Dort, am Ende der Sackgasse, steht eine Holzhütte. Darin befindet sich ein Kühlschrank, an dem sich Käufer selbst bedienen und das Geld in eine an der Wand befestigte Kasse werfen können. Die Teilnehmer aus Baden-Württemberg wundern sich: „In unseren Hofläden hat das nicht lange funktioniert, da geht es nur noch über erst das Geld einwerfen, dann öffnet sich die Schublade mit dem gewünschten Produkt“, erklärt Susi Strähle. Sie und ihr Ehemann Wolfgang Frank sind Teil einer zehnköpfigen Gruppe aus Bietingen. Die Kegelbrüder und -schwestern sind mit zwei Vans zum Ausflug in die Pfalz aufgebrochen.

Wie lange die Käseherstellung dauert

Gut gelaunt – „schließlich rühren wir ja in einem Topf und essen von einem Teller“, wie Wolfgang es ausdrückt – sind alle schnell beim Du. Auf jedem Tisch steht ein von einem Campingkocher befeuerter Topf. Darin warten jeweils vier Liter Milch auf die Verarbeitung zu Weichkäse. In der Vorbereitung hat Kursleiterin Barbara Kuhn Rohmilch geholt, bei 63 bis 65 Grad eine halbe Stunde lang pasteurisiert und Milchsäurebakterien hinzugefügt.

Vier Stunden soll die Käseherstellung dauern. Außer Hygiene braucht es gezielte Handgriffe und Konzentration. Bei 32 Grad werden fünf Milliliter Lab, das bevorzugt aus dem Magen toter Kälber gewonnen wird, tropfenweise in die Milch gerührt, deren wirbeln mit einem Spatel abrupt ausgebremst werden muss. Die folgende halbe Stunde sowie jede Ruhephase füllt Barbara Kuhn mit Präsentationen und Erklärungen. Den Unterschied zwischen Zubereitungen aus Schaf-, Ziegen- und Kuhmilch sollen die Teilnehmer beim Verkosten von drei Häppchen herausschmecken.

Dann kommt der entscheidende Moment

Im nächsten Schritt wird die Gallerte, so heißt die nun puddingartige Masse, mit einem Spatelmesser in Würfel geschnitten. Das erfordert Ruhe und Technik. „Rein, runter und wieder hoch“, demonstriert Barbara Kuhn. Für den Weichkäse sollen die Würfel Walnussgröße haben. „Je feiner die Stücke, desto mehr Molke wird abgegeben und desto härter wird der fertige Käse.“

Warum aber sieht unsere Masse anders aus als die an den anderen Tischen? Vor lauter Plaudern wurde vergessen, die Flamme unter dem Topf zu löschen. Bei 42 Grad hat sich zu früh die Molke von der Masse getrennt, auch wurde wohl ein Schritt übersprungen. Eigentlich soll sich erst jetzt die Molke von den Käsekörnern trennen, dafür wird der Käsebruch alle fünf Minuten umgerührt. Dann kommt der Moment, in dem die Masse in herzförmige löchrige Formen gefüllt werden kann.

Idee vom Sandkasten bekannt

Nach einer weiteren halben Stunde kommt die kniffligste Aufgabe: Das Käseherz wird auf eine Hand gestürzt und soll mit der vorher gesalzenen Seite ohne Druck wieder in die Form zurückgleiten. Ein Teilnehmer am Nachbartisch hat die rettende Idee: Er stürzt das Käseherz von einer Hand in die andere und stülpt dann die Form darüber. Unter dem Applaus der Mitstreiter, die sich um ihn versammelt haben, bekennt sich ein Teilnehmer als erfahrener Opa, der solche Tricks beim Spielen mit den Enkeln im Sandkasten lerne.

Nun wird auch die zweite Seite gesalzen, der geformte Käse soll nach einer halben, einer, zwei und vier Stunden noch einmal gewendet werden. Da dies allerdings den Rahmen des Kurses sprengen würde, werden die Käseherzen nach einer Stunde in die mitgebrachten Dosen gefüllt und mit einer Geschmack gebenden Kräutermischung versehen. Auch die Molke darf abgefüllt werden. Mit dem Hinweis der Käserin, dass das Abfallprodukt zum Brotbacken, im Garten als Dünger verwendet oder an Rosen gespritzt diese vor Blattläusen und Pilzbefall schützen kann.

Wissen in der Wartezeit

Die Wartezeit verkürzt wieder ein Teller mit Kostproben. Auch dabei erfahren die Teilnehmer Wissenswertes: Befindet sich in der Zutatenliste von Schnittkäse die Bezeichnung E253, wurde ein Antimyotikum verwendet, um Schimmelpilz auf der Rinde zu verhindern. Man sollte die Rinde anderthalb Zentimeter dick entfernen.

Gut gelaunt und angeheitert von dem Pfalzwein, den die Teilnehmer aus ihrem Wochenendquartier mitgebracht haben, ziehen die Wanderfreunde aus Worms nach St. Martin. Die muntere Truppe hat den Käsekurs einer Freundin zum Geburtstag geschenkt und nimmt als eine Erkenntnis mit, dass der hierzulande beliebte Handkäse ein Sauermilcherzeugnis ist und aus Quark hergestellt wird. Und dass es lediglich fünf Handkäsereien in Deutschland gibt.

Inoffizielle Berufsbezeichnung

Barbara Kuhn hat ihre Leidenschaft für die Käseherstellung zum Beruf gemacht. Weil Deutschland offenbar kein typisches Käseland ist, gibt es hier keine Ausbildung zur Käserin oder zum Käser. Deshalb nennt sie sich Fachkraft für handwerkliche Milchverarbeitung. Fachkenntnisse und Erfahrung hat sie auf unterschiedlichen Bauernhöfen, Almen und bei Käsern gesammelt. Vor drei Jahren hat ihr Vater in Edenkoben aus einem Container eine Käserei und nun auch das „Käsehüttl“ gebaut. Hier verarbeitet sie die Milch von fünf ausgesuchten Bauernhöfen in der Region, verkauft ihre Produkte und gibt ihr Wissen an Käseliebhaber weiter.

Im Netz

www.kaeserleben.de

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