Kreis Südliche Weinstraße Trotz Befreiung kein Frieden

Der Zweite Weltkrieg liegt in den letzten Zügen, Berlin ist eingekesselt, große Teile Deutschlands sind befreit – aber längst ist nicht überall Ruhe eingekehrt: Einige von den Nazis verschleppte Fremdarbeiter aus den vormals besetzten Ländern nehmen Rache.

So auch in Roschbach. Die Bevölkerung erinnert sich an das tragische Ereignis, das sich morgen, am 26. April, zum 70. Male jährt: Sechs Männer sterben an diesem Tag oder werden so verletzt, dass sie an den folgenden Tagen ihren Verletzungen erliegen. Es ist ein grausam-blutiges Zusammentreffen von polnischen Fremdarbeitern und Einheimischen. Dabei ums Leben kommen: Michael Brutscher, Georg Schlegel, Valentin Hasselwander, Jakob Fischer, Michael Fischer und Albert Kirchhoff. Der Auslöser der Tragödie: ein zuvor in Ludwigshafen internierter italienischer Fremdarbeiter, der sich seit einigen Tagen in der Südpfalz aufhält. Er verfolgt einen Polen, der auf einem Fahrrad unterwegs ist. Der Pole stürzt und flüchtet zu Fuß zurück ins Reichsarbeitsdienstlager bei Edesheim, wo er mit etlichen Landsleuten kaserniert gewesen war. Die Italiener trägt das Rad wie eine Trophäe durchs Dorf. Gegen 15 Uhr läutet es vom Roschbacher Kirchturm Sturm: Es werden rund 20 bewaffnete Polen gesichtet, die sich nördlich des Friedhofes dem Dorf nähern. Einige Einheimische versammeln sich, um mit Spaten, Prügeln und Eisenstangen das Dorf zu verteidigen. Die Einheimischen und eine Gruppe von sechs Polen treten sich gegenüber. Beide Seiten zeigen sich jedoch gesprächsbereit. Die restlichen Fremdarbeiter halten Abstand. Es wird vereinbart, das Fahrrad an die Polen zurückzugeben und sie im nahen Anwesen von Otto Hasselwander zu bewirten. Gesagt, getan. Die Situation beruhigt sich. Doch plötzlich taucht ein anderer aufgebrachter Roschbacher im hasselwanderschen Anwesen auf, der einige Tage zuvor von Polen angegriffen worden war und bedroht die Fremdarbeiter. Die ziehen ihre Schusswaffen und das Gemetzel nimmt seinen Lauf. Sechs Roschbacher sterben, die Polen haben einen Toten zu beklagen. Nach der blutigen Auseinandersetzung ziehen sich die Polen in ihr Lager zurück. Einige Zeitzeugen blicken im Gespräch mit der RHEINPFALZ zurück auf diese finsteren Tage. So erzählt Toni Walter, dass sie mit ihrer Familie nach Walsheim geflüchtet sei und dort bei guten Bekannten übernachtet habe. Der damals siebenjährige Karl Brutscher berichtet davon, dass die Fremdarbeiter nicht nur plündernd durch die Häuser gezogen seien, sondern auch gezielt Jagd auf Leute gemacht hätten. Günter Walter berichtet, dass seine Mutter mittels der im Haushalt beschäftigten Polin Helene habe verhindern können, dass ein Roschbacher hingerichtet wird. Und Martin Herbst, damals acht Jahre alt, erzählt, dass er mit seiner Tante Zilli zur B 38 gerannt sei, wo sie ein Militärfahrzeug der Franzosen anhielten und von den Zuständen im Dorf berichteten. Das Dorf wurde für einige Tage unter Schutz gestellt. Die Toten konnten in Ruhe bestattet werden.

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