Eusserthal Trächtiges Reh in Treppengeländer festgeklemmt
„Es war 4.30 Uhr, als ich aus dem Bett geklingelt wurde“, lässt Förster Jörg Sigmund den sehr frühen Freitagmorgen Revue passieren. Glücklicherweise lebt der Kreisjagdmeister in Eußerthal, denn andere Förster waren zu dieser Uhrzeit telefonisch nicht zu erreichen. Ein Bewohner aus dem Ort hatte ein echtes Schreckerlebnis, als er an jenem Morgen das Haus verlassen und zur Arbeit wollte. Die Familie lebt in einer Seitengasse der kleinen Gemeinde inmitten des Pfälzerwalds – im letzten Haus. Wildtiersichtungen sind dort gang und gäbe, aber immer in gewissem Abstand. Doch als der Familienvater an jenem Morgen die Haustür ins Schloss fallen ließ, erblickte er ein Reh in hilfloser Lage direkt zu seinen Füßen.
Das Haus liegt etwas erhöht. Eine Treppe mit schmiedeeisernem Geländer führt zum Eingang. Zwischen dessen Metallstangen hatte sich die Geiß verfangen. Wie das Waldtier dort hineinkam, ist auch dem Kreisjagdmeister ein Rätsel. „So etwas habe ich noch nicht gesehen.“ Die Geländerstangen stehen in einem Abstand von etwa 20 Zentimern, überschlägt Sigmund. „Das Tier wurde eventuell aufgeschreckt, hat Reißaus genommen, wollte durch das Geländer hindurch und ist steckengeblieben.“ So klemmte die Ricke im Beckenbereich fest.
Ganz sachte herausgezogen
„Der Mann hat mir berichtet, dass sie geschrien hat. Sicherlich hatte sie Todesangst“, so der Förster. Zumal die Geiß Junge in ihrem Bauch trug, wie er feststellte, nachdem er das Anwesen erreicht hatte. Wolldecke und Messer hatte er mitgenommen. Man wisse ja nie, ob man das Tier nicht vielleicht auch erlösen müsse, sagt er. Glücklicherweise nahm die Geschichte eine glückliche Wendung.
„Das Tier hat mich angeschaut. Ich habe ihm die Decke vorsichtig über den Kopf gelegt und beruhigend auf es eingeredet. Dann haben wir das Reh zwischen den Stäben nach oben gehoben und ganz langsam und sachte nach hinten herausgezogen“, berichtet der Förster von dem Befreiungsmoment, den mittlerweile auch die Ehefrau und die beiden Kinder gespannt verfolgten. Ein Foto der Rettungsaktion zu machen, daran habe in diesem Augenblick allerdings niemand gedacht. „Die Familie stand ja unter Schock.“
Schaden für ungeborene Junge?
Die trächtige Geiß sei nach dieser Aktion ganz schön erschöpft gewesen und habe sich erst einmal hingelegt. „Aber es hat nicht lange gedauert, bis sie aufgestanden ist. Zuerst hat sie noch getaumelt, dann ist sie ganz munter Richtung Wald geflüchtet.“ Der Förster meint, dass das Malheur den Kitzen in ihrem Bauch keinen Schaden verursacht hat. Der Bauch habe von der Breite her noch durch das Gestänge hindurchgepasst, erst am Becken sei das Reh hängengeblieben.
Das Tier sei bei der Rettungsaktion auch ganz ruhig geblieben und habe sich nicht gewehrt. Mitunter könnten Rehe nämlich auch mit ihren Läufen ausschlagen. Deswegen rät er Bürgern, die Begegnung mit hilflosen Wildtieren machen, sofort einen Förster oder die Polizei zu verständigen.