Kreis Südliche Weinstraße Die lieben Nachbarn

Immer wieder soll die Angeklagte ihre Nachbarin mit Worten beleidigt, ihr den Mittelfinger oder den Vogel gezeigt haben.
Immer wieder soll die Angeklagte ihre Nachbarin mit Worten beleidigt, ihr den Mittelfinger oder den Vogel gezeigt haben.

Auf welchem Niveau sich die Streitereien zwischen der 84-jährigen Frau und ihrer Nachbarin abgespielt haben, wurde schon vor Beginn der Verhandlung am Amtsgericht Bad Bergzabern deutlich. „Sie hat mir die Zunge rausgestreckt“, behauptete die Angeklagte von der im Zuschauerraum sitzenden 62-jährigen Klägerin. Die Tochter der Angeklagten wurde als Zuschauerin im Gerichtssaal zunächst ermahnt, sich nicht in die laufende Verhandlung einzumischen. Staatsanwälte und Richter können offensichtlich ein Lied davon singen, wie oft die beiden Damen die Polizei und die Gerichte beschäftigen und beschäftig haben. „Es wurden eine Reihe von Anzeigen wechselseitig erstattet, und es sind noch Anzeigen anhängig“, teilt Angelika Möhlig, Leitende Oberstaatsanwältin in Landau, auf Nachfrage der RHEINPFALZ mit. Der am Dienstag verhandelte Vorfall soll sich im August vergangenen Jahres zugetragen haben, als die Nachbarin am Haus von Mutter und Tochter vorbeigegangen war. „Ich habe nichts gesagt, und ich war nicht zu Hause“, so die Angeklagte dazu, ob die Bemerkung „Ist die blöd“ gefallen sei. „Es sind jeden Tag Vorfälle. Sie zeigen den Mittelfinger oder den Vogel und bezeichnen mich als asozial. Sie schreien jeden Tag aus dem Küchenfenster, wenn ich nach Hause komme. Ich kann nicht mehr“, sagte die Nachbarin aus. Die Bemerkung „Ach Gott, isch die bleed“, begleitet von hämischem Lachen, hatte sie mit ihrem Handy aufgezeichnet. Das Video wurde im Gerichtssaal abgespielt. „Wir führen seit Jahrzehnten ein Haushaltsbuch“, so die Tochter, die als Zeugin aussagte und das Buch Richter Christoph Sommer vorlegte. An diesem Tag seien sie im Baumarkt in Landau gewesen, im Friseurbedarfsgeschäft wegen eines speziellen Haarsprays und in einem Supermarkt, bei dem es ausschließlich die von ihnen bevorzugten Gewürzmischungen gebe, sagte sie als Beweis dafür aus, dass ihre Mutter an diesem Tag nicht zu Hause gewesen sein konnte. „Seit Juli vergangenen Jahres schreibe ich auch auf, wann ich die Nachbarin gesehen habe. Durch die Anzeigen bin ich dazu gezwungen“, so die Tochter. Der Vermieter der 62-jährigen Nachbarin und seine Lebensgefährtin bestätigten zahlreiche Vorfälle von Beleidigungen und sehen sich auch selbst als Opfer diverser Beleidigungen. „Die kreische immer aus em Kichefenschter“, so der Vermieter. „Es fallen ständig Äußerungen. Die hier ist noch harmlos“, bestätigte seine Lebensgefährtin. Dass ihr Auszug aus dem Vorstrafenregister mit neun Einträgen – viele davon wegen Beleidigung – öffentlich gemacht wurde, wollte, aber konnte die Angeklagte nicht verhindern. Als „uneinsichtig“ wurde sie von der Staatsanwaltschaft bezeichnet. Es habe schon zig Verfahren gegeben, das habe ein Ausmaß angenommen, bei dem jetzt ein deutliches Zeichen gesetzt werden müsse. Die Staatsanwaltschaft habe Besseres zu tun, als sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Kaum hatte Richter Sommer die Strafe von 30 Tagessätze zu je 20 Euro – also 600 Euro – verkündet, verließen die beiden Damen den Gerichtssaal, nicht ohne den bereits verfassten Einspruch gegen das Urteil auf den Richtertisch zu legen.

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