Kreis Südliche Weinstraße Der Traum vom Frieden

Für kontroverse Diskussionen und sogar bundesweite Reaktionen hatte die Weigerung der Gemeinderäte Niederhorbach gesorgt, in diesem Jahr nicht für den Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge(VDK) zu sammeln. Anlass auch für das protestantische Dekanat, sich im Südpfalzforum des Themas anzunehmen.

„Ist der Einsatz von Soldaten in Krisengebieten ein notwendiger Schritt zum Frieden oder zum Krieg?“, war der ganz große Bogen, der in der Diskussion geschlagen wurde und naturgemäß von einem friedensbewegten Pfarrer anders gesehen wurde als von einem Stabsfeldwebel. Rund 80 Besucher waren in die sehr kühle Marktkirche in Bad Bergzabern gekommen, um die Meinungen der Teilnehmer an der Podiumsdiskussion zu hören und mitzudiskutieren. Dabei waren Paul Schädler, Bezirksvorsitzender des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge für Rheinhessen-Pfalz, Stabsfeldwebel Thomas Bartel vom Elektronikzentrum der Bundeswehr in Bad Bergzabern, Thomas Hitschler (SPD), Mitglied des Bundestages und des Verteidigungsausschusses, und Detlev Besier, Stadtjugendpfarrer in Kaiserslautern und Mitbegründer der Friedensinitiative Westpfalz. Moderiert wurde die Veranstaltung von den Presbytern Helga Schreieck und Michael Broda. „Wenn im Militärhaushalt Geld vorhanden ist, um in fremde Kriege zu ziehen, dann ist erst recht Geld da, um vorhandene und zwangsläufig hinzukommende Gräber zu pflegen“, lautet ein Satz der Resolution Niederhorbachs, die nicht nur im Südpfalzforum für Kontroversen gesorgt hatte. „Wie kommt Niederhorbach dazu, Waffenlieferungen und Auslandseinsätze mit dem VDK in Verbindung zu bringen“, war die Reaktion von Schädler auf das Eingangsstatement von Niederhorbachs Ortsbürgermeister Walter Hoffmann. Es sei wichtig, dass die Gemeinderäte an den Haustüren sammelten und im Kontakt mit den Menschen ihr Anliegen erklären könnten, so Schädler. „Wir brauchen auch sie“, lautete sein Appell an Niederhorbach. Der VDK sei eine Bürgerinitiative aus dem Jahr 1919 und Kriegsgräber seien die „großen Prediger des Friedens“, das habe schon Albert Schweitzer gesagt, betonte Schädler. Zudem würde die Arbeit der jungen Menschen auf den Soldatenfriedhöfen für nachhaltige Eindrücke sorgen. „Mir platzt der Kragen, wenn ein ehemaliger Pfarrer wie Gauck den Afghanistankrieg verteidigt, der neue Gräber produziert hat, das hat auch den Ausschlag gegeben“, begründete Hoffmann die Weigerung des Gemeinderates. Bisher habe er immer „mit Leidenschaft gesammelt“, das Sammelergebnis von mehr als 700 Euro in Niederhorbach sei so hoch gewesen wie das in Bad Bergzabern. Zudem richte sich die Resolution nicht gegen den VDK. Kriegsgräberpflege sei wichtig, das Geld müsse aber nicht zusammengebettelt werden, meinte Hoffmann. Aus der Praxis seiner Einsätze, auch in Afghanistan, bei, denen er für den Bau teils großer Feldlager zuständig gewesen sei, berichtete Stabsfeldwebel Bartel. „Wir waren in einer der ärmsten Regionen, die Menschen waren dankbar, dass wir da waren, die Verhältnisse waren wie im Mittelalter“, erzählte Bartel. Die Bevölkerung sei auch „relativ schockiert“ gewesen, als die Soldaten jetzt abgezogen seien. Es gebe bei längeren Einsätzen eine Verrohung der Soldaten, bestätigte der Stabsfeldwebel Hoffmanns Einwand, dies treffe aber eher auf die amerikanischen als auf die deutschen Soldaten zu. Die deutschen Soldaten würden inzwischen bestens auf die Auslandseinsätze vorbereitet. „Die Frage ist, in welche Richtung rutscht die Gesellschaft, wenn sie Kriege mitträgt, können wir nur Krieg oder auch Frieden?“, sagte Pfarrer Detlev Besier. Die „Prediger des Friedens“ habe man überhört, das Militär sei keine Antwort auf die Krisen der Welt, den Aufbau in den Ländern sollten Nichtregierungsorganisationen übernehmen, meinte Besier. „Wer schützt dann diese Organisationen?“, fragte Thomas Hitschler. Ob die Bundeswehr eingreifen soll oder nicht? Diese Frage sei nicht leicht zu beantworten. „Die Soldaten gehen auch in ihrem Auftrag in die Einsätze“, sagte Hitschler zum Publikum. Denn die Einsätze würden vom gewählten Parlament beschlossen, was in den meisten Ländern nicht üblich sei. Er plädierte dafür, diesen sogenannten Parlamentsvorbehalt, der zurzeit auf dem Prüfstand stehe, beizubehalten. „Es sind sehr schwere Entscheidungen, wenn die Bundeswehr in einen Einsatz geschickt wird, da macht es sich kein Parlamentarier leicht“, versicherte Hitschler. „Wir waren in Afghanistan, weil uns unser Bündnispartner gebeten hat“, lautete Hitschlers Antwort auf eine Bemerkung aus dem Publikum. Er sei dem Ortsbürgermeister von Niederhorbach dankbar dafür, die Diskussion angeregt zu haben und er habe auch ein längeres persönliches Gespräch mit ihm geführt, berichtete Hitschler. Die Reaktionen des Publikums waren eher Meinungskundgebungen als konkrete Fragen an die Teilnehmer auf dem Podium. „Die Außenpolitik wird von Wirtschaftsinteressen bestimmt, in Afghanistan haben die USA die Taliban hochgerüstet“, meinte Pfarrer Stefan Meißner, der das Südpfalzforum zum ersten Mal nicht moderierte. Der VDK sei der Sündenbock an falscher Stelle, war die Meinung von Dorothea Fischer. „Durch Kriege entstehen weitere Kriege, wir müssen aus dem Teufelskreis raus“, forderte Rudi Schwöbel, Ortsbürgermeister von Niederotterbach. „Wir dürfen uns auch in Einsätzen erst dann wehren, wenn wir angegriffen werden“, sagte Nicolai Schenk, der dreimal als Soldat in einem Einsatz in Afghanistan war. „Nicht gut“ fand Klaus Walter, ehemaliger Beigeordneter aus Niederhorbach, die Vermengung der Themen. Er unterstrich, dass nicht alle Bürger Niederhorbachs die Meinung des Gemeinderats teilten. „Auf welche Weise wollen wir in der Welt miteinander umgehen?“ Auf die zentrale Frage des Forums, gibt es keine einfachen Antworten, darin waren sich alle Teilnehmer einig. (pfn)

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