Kreis Südliche Weinstraße Baustelle der archäologischen Überraschungen

Seit knapp drei Jahren werkeln die Arbeiter am brüchigen Mauerwerk der Meistersel, die oberhalb von Ramberg im Pfälzerwald liegt. Über Jahrzehnte war das lange im Privatbesitz befindliche Felsennest dem Verfall preisgegeben. Bereits 2006 hatte das Land die „Notwendigkeit umfangreicher und zügig durchzuführender Sanierungsmaßnahmen“ angekündigt, bis 2011 hatte sich bis auf dringst notwenige Sicherungen nichts getan, dann im Oktober 2011 der Beginn der Sicherungsarbeiten. In den kommenden zwei Jahren sollte die Burg Schritt für Schritt saniert werden. Nun ist es gut ein Dreivierteljahr später und die Arbeiten sind immer noch nicht fertiggestellt. Da stellt sich die Frage, warum sich die Arbeiten so lange verzögern. Der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB), der die Arbeiten steuert und betreut, hält sich mit einem angefragten Vor-Ort-Termin zurück. Nicht weil es Probleme mit der Restaurierung gebe, wie Sprecherin Claudia Renner sagt, sondern weil derlei Veröffentlichungen bisher immer einige Leute animierten, die Absperrungen der Baustelle zu überlaufen. Dies bringe sie in Gefahr und erschwere die Arbeit der Restauratoren. „Es besteht Absturzgefahr aus sehr großen Höhen und Verletzungsgefahr durch stellenweise immer noch abstürzende Steine“, warnt Architekt Marc Sattel. Aktuell sei die Oberburg – also die Reste der beiden Gebäude auf der höchsten Ebene – etwa zur Hälfte gesichert, wie Renner auf Anfrage informiert. Zurzeit würden die übrigen Mauerwerke bearbeitet. Demnächst stehe die Felsensicherung an, vor allem an der ehemaligen Treppe. Dass die Arbeiten damals erst so spät in die Gänge kamen, lag vor allem an den juristischen Streitereien um den Erwerb der Ruine. Die Privatbesitzerin und der private Kaufinteressent hatten sich hartnäckig dagegen gewehrt, dass das Land unter Berufung auf das Denkmalschutzgesetz von seinem Vorverkaufsrecht Gebrauch machte. Erst 2010 konnte es die Feste erwerben und leitete daraufhin die ersten Schritte zur Sanierung ein. Ab Herbst 2011 wurde die Ruine freigerodet und das Gemäuer, das unter einer Decke von Blättern, Sträuchern, Moos und Wurzeln verborgen war, vom Bewuchs befreit. Die abgelegene Ruine überhaupt zugänglich zu machen, war keine leichte Aufgabe. Allein 50 Tonnen Gerüstmaterial musste hinauf in den Wald geschafft werden, dazu Stromaggregate, Wassertank, Baucontainer. Noch immer ist die Ruine von Gerüsten umgeben. An der Oberburg konnte laut Renner die oberste Gerüstlage bereits abgebaut werden, nachdem die Sicherungsarbeiten an den höchsten Mauerkronen beendet wurden. Nach Einschätzung der Fachleute werde das Gerüst an der Oberburg noch ein weiteres Mal umgesetzt werden. Voraussichtlich kann es im Frühjahr 2015 abgebaut werden. Die Sanierung der Anlage sei ein „äußert dynamischer Prozess“, äußert sich der LBB zu den langwierigen Arbeiten. Der Fortgang werde von archäologisch relevanten Funden und Grabungen zu ihrer Sicherung ebenso beeinflusst wie von Untersuchungen der Biotope, die durch die Rodung neu entstanden seien. Dort würden Vorkehrungen getroffen, um die Artenvielfalt zu schützen. „Aus einer Maßnahme für Verkehrssicherung ist ein spannendes und vielfältiges Projekt entstanden, das immer wieder archäologische und baugeschichtliche Überraschungen bereit hält“, so Projektleiterin Silke Lothschütz von der LBB-Niederlassung Landau. So seien steinerne Werfer-Kugeln, Pfeilspitzen, Teile von Armbrüsten und Brandspuren gefunden worden, berichtet Renner. Diese zeugten von kriegerischen Auseinandersetzungen auf der Burg. Im 13. Jahrhundert sei die Burg grundlegend zerstört worden, was bisher nicht bekannt gewesen sei, sagt Denkmalarchitekt Sattel. „Aber durch die Befunde kann man dies zweifelsfrei nachweisen.“ Zudem seien einige interessante Steine wie Konsolsteine, Teile von Türgewänden und ein unbeschädigter Wappenstein entdeckt worden. Diese seien derzeit bei der Landesarchäologie in der Außenstelle Speyer gelagert. Später sollen besondere Stücke vor Ort den Besuchern präsentiert werden, kündigt der LBB an. Die zerstörten Pfosten des vierteiligen gotischen Fensters im Südpalas – des kunsthistorisch wertvollsten Architekturelements – seien mittlerweile ersetzt worden. Dabei sei ein wiedergefundenes Teilstück verwendet worden, sodass sich die Rekonstruktion denkmalgerecht einfüge, aber als heutige Ergänzung erkennbar bleibe. Glücklicherweise konnten bislang alle Überreste der Burg so gesichert werden, dass nichts abgerissen werden musste. Als eines der ersten Elemente sei die spitzbogige Toreinfahrt zur Unterburg gesichert worden. „Ansonsten wäre das Tor in wenigen Jahren zusammengebrochen“, so Sattel. Dieser weist auch auf die Schwierigkeiten der Arbeiten hin: „Eine besondere Herausforderung besteht darin, die vielfältigen Interessen von Denkmalpflege, Archäologie, Ökologie, Statik, Sicherheit und Besuchertauglichkeit zusammenzuführen.“ Hinzu käme die aufwendige Logistik. Schließlich hatten sich die einstigen Erbauer bewusst eine topographisch nahezu uneinnehmbare Lage ausgewählt: auf felsiger Erhebung mit teils steil abfallenden Hängen.

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