Medard „Wir haben keine Zukunft“: Warum der Medarder Gesangverein dennoch feiert

Früher Männergesangverein, heute Medarder Gesangverein, immer MGV: Das Bild entstand beim 125. Jubiläum im Jahr 2019.
Früher Männergesangverein, heute Medarder Gesangverein, immer MGV: Das Bild entstand beim 125. Jubiläum im Jahr 2019.

Viele Gesangvereine blicken schwierigen Zeiten entgegen – oder haben sich bereits aufgelöst. Der Medarder Gesangverein trotzt bislang allen Problemen und feiert am 14. April seinen 130. Geburtstag. Seit Anfang der 2000er dürfen Frauen mitsingen.

Gegründet wurde der Männergesangverein im Jahr 1894. Damit ist er der älteste Verein Medards. Er hat blühende Zeiten erlebt, aber auch immer wieder schwierige Phasen durchstehen müssen. Vor allem die beiden Weltkriege rissen Lücken in die Sängerschar, und über Jahre kam das Vereinsleben zum Erliegen. Zwischen den Kriegen waren die Zeiten unruhig, aber nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 1947 die Proben wieder aufgenommen. Es folgten ungezählte Auftritte.

1989 wurde dann „mangelnder Eifer bei den Proben“ verzeichnet. Rund ums 100-jährige Bestehen, zu dem der MGV die Zelterplakette verliehen bekam, verlor der Verein kontinuierlich mehr Sänger als neue dazukamen. Das führte 1995 zur Vereinigung der nach Dirigent Heinrich Steiner benannten Steiner-Chöre mit den Vereinen Lauterecken und Heinzenhausen.

Vieles versucht, um Nachwuchs zu begeistern

Daneben startete 2005 der gemischte Chor als Projektchor, seit 2006 konnten Frauen aktive Mitglieder werden. Der Name MGV blieb trotzdem. Er steht aber nicht mehr für Männergesangverein, sondern für Medarder Gesangverein. Der Chor erlebte damit frischen Aufwind, und es wurden weiterhin besondere Konzerte gefeiert – etwa beim 125. Jubiläum im Jahr 2019. Während der Pandemie ruhte der Verein, und heute sieht es „nicht mehr so rosig“ aus, wie Vorsitzender Hans-Joachim Müller offen berichtet. Müller bekleidet das Amt sage und schreibe seit 1987. „Nachwuchsgewinnung – das ist witzlos, es fehlt einfach der Zuspruch“, sagt er. Viele Versuche, neue Sänger zu finden, habe der Verein über die Jahre unternommen, doch der Erfolg sei ausgeblieben – obwohl der Verein im Ort und in der Kirche präsent sei und „wir uns nicht verstecken“.

Heute seien es noch 17, 18 Sänger mit einem Altersdurchschnitt von etwa 70 Jahren, der Jüngste gehe auf die 60 zu. Während der Hohenöller Gesangverein – nur wenige Kilometer weiter – durch Haustürgespräche viel Nachwuchs fand und einen neuen Aufschwung erlebte, sind diese Bemühungen in Medard weitgehend ergebnislos verlaufen. „An der Haustür, im persönlichen Gespräch, mittels Zettel, nichts hat auf Dauer gewirkt, und das ist bisschen bedauerlich“, schildert Müller. Zwischenzeitlich seien Sänger aus Nußbach, Homberg, Reipoltskirchen dazugestoßen, aber „oft ist das nicht von Dauer. Es sind eben ältere Menschen, und die Fahrerei ist ungünstig“. Eigentlich, so sagt Müller deutlich, „haben wir keine Zukunft“.

Jubiläumskonzert lädt ein zum Mitsingen

Und doch genieße man die Zeit, solange es eben geht. „Wir haben eine gute Gemeinschaft, schöne Singstunden, einen geduldigen Chorleiter, und Zwist oder böse Worte gibt es nicht.“ Neben dem Singen – immer mittwochs ab 20 Uhr in der Gemeindehalle – sei die soziale Komponente, das Vereinsleben eine tragende Säule. Das Zusammenspiel mit den Frauen, die den Verein seit Anfang des Jahrtausends unterstützen – „als der Verein praktisch schon am Ende war“ –, sei sehr gut und habe für eine schöne Entwicklung gesorgt. Die will der Verein solange wie möglich weiterführen. Vielleicht wird die kleine Jubiläumsfeier für Zuspruch sorgen, denn in seiner Geschichte hat der Medarder Gesangverein schon so manches Tief gemeistert.

Info

Das Jubiläum wird am Sonntag, 14. April, ab 14 Uhr mit einem Konzert in der Gemeindehalle gefeiert. Der Nachmittag mit Kaffee und Kuchen steht unter dem Motto „Schlager- und Musicalmelodien“. Neben dem MGV werden auch der Gemischte und Frauenchor Wolfstein und der Chor Crossover aus Lauterecken singen. Den instrumentalen Part übernimmt der Musikverein Odenbach. Die Besucher sind eingeladen mitzusingen, die Liedtexte werden an die Wand projiziert.

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