Blickpunkt Warum sich Felix Assel für beeinträchtigte Menschen einsetzt

Sport-Inklusionslotse Felix Assel und Rollstuhlfahrer Abdul Dogan, der ihn um Hilfe gebeten hatte. Dogan war auf der Suche nach
Sport-Inklusionslotse Felix Assel und Rollstuhlfahrer Abdul Dogan, der ihn um Hilfe gebeten hatte. Dogan war auf der Suche nach einem Fitnessstudio, in dem er trainieren kann. Assel hat bei seinem Studio, dem Barbarossa Gym, nachgefragt, das barrierefrei ist, und Inhaber Mario Milana hat Dogan mit offenen Armen aufgenommen und trainiert ihn jetzt.

Interview: Felix Assel, Grundschullehrer und ehemaliger Fußballtrainer, setzt sich für beeinträchtigte Menschen ein. Als Sport-Inklusionslotse versucht er zu vermitteln zwischen Sportlern, Vereinen und Institutionen. Im Gespräch mit Maria Huber berichtet er, wie er immer wieder an Barrieren stößt, nicht nur in den Köpfen.

Wie kommt man auf die Idee, Sport-Inklusionslotse zu werden?
Den ersten Berührungspunkt mit dem Thema hatte ich im Studium. Wir hatten an der TU ein Inklusionsseminar. Ich musste in dem Rahmen nach Pirmasens in die Heinrich-Kimmle-Stiftung und hatte da den ersten Berührungspunkt in meinem Leben mit Menschen mit Beeinträchtigungen. Die Erfahrung war besonders. Wir sind da zu dritt hingefahren, dann ging das Tor auf, und uns ist schon euphorisch einer entgegengerannt. Als wir ausgestiegen sind, ist er auf mich zugerannt, hat mich umarmt. Wir haben dann mit ihnen Sport gemacht. Wir haben sie auch begleitet zum Tag des Sportabzeichens in Ludwigshafen. Das ist mir immer in Erinnerung geblieben. Jetzt, wo der Fußball bei mir komplett zunächst in den Hintergrund gerückt ist, habe ich überlegt, was könnte ich machen?! Ich habe mir immer Gedanken gemacht über Barrierefreiheit. Darüber, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen. Das Thema war für mich immer präsent. Ich wusste, dass es den Job des Sport-Inklusionslotsen gibt. Dass da noch was frei war, war mein Glück.

Arbeiten die Lotsen ehrenamtlich?
Das ist ein Minijob, der mit bis zu 35 Stunden im Monat angesetzt ist. In unserer Region – wir sind für die Nordpfalz zuständig – gibt es zwei Lotsen. Meine Kollegin und ich versuchen, bei uns die entsprechenden Strukturen zu schaffen und das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen.

Wie wurden Sie auf die Aufgabe vorbereitet?
Wir hatten eine Einarbeitungsphase, und dann ist es Learning by Doing. Die Kontakte sind das Wichtigste. Mittlerweile ist ein kleines Netzwerk entstanden.

Wie weit ist die Region in Sachen Inklusion?
Der TuS Glan-Münchweiler ist da so eine Art Vorreiter, macht ganz viel mit Laufen. Je ländlicher die Gegend, desto eher ist man dem Thema gegenüber aufgeschlossen, habe ich das Gefühl. Der SV Spesbach arbeitet im Bereich Fußball mit ganz vielen Menschen mit Beeinträchtigung. In Marnheim bin ich mit dem Muay-Thai-Boxverein in Verbindung. Die wollen sich inklusiv aufstellen. In Kaiserslautern ist es relativ zäh. Aber es gibt immer wieder Abteilungen, zum Beispiel bei der TSG Kaiserslautern, die sagen, wir wollen inklusiv arbeiten, die dann aber auch an die ein oder andere Grenze stoßen, was das Thema Barrierefreiheit oder Akzeptanz betrifft.

Worum geht es da genau?
Die Fechtabteilung der TSG befasst sich mit dem Thema, will Fechten für Rollstuhlfahrer anbieten. Man braucht dafür eine Bahn mit einer Schiene für den Rollstuhlfahrer. Wir sprechen da von circa 10.000 Euro an Kosten für das Equipment, und was da noch dazukommt ist das Thema mit der Barrierefreiheit.

Wie kann ein Inklusionslotse helfen? Indem er Kontakte knüpft, berät, bei der Beschaffung von Fördergeldern hilft, falls es die gibt?
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten der Unterstützung: die Aktion Mensch, der Sportbund, Stiftungen, die von der Steuerungsgruppe Inklusion im Sport geschaffene INpuls-Prämie. Es gibt die Mittel, aber man muss sie beantragen. Hier unterstützen wir als Lotsen. Es ist ein Grundrecht, dass ich ein solches Angebot auch annehmen kann. Wenn ich es nicht schaffe, in die Halle reinzukommen, auf die Toilette zu gehen, dann ist das für mich fast eine Ausgrenzung.

Die Beeinträchtigte ohnehin immer wieder erfahren ...
Ich stelle mir das so vor: Wenn ich in ein Restaurant gehe und werde dreimal abgewiesen, dann gehe ich nicht mehr in dieses Restaurant. So wird das auch bei den Menschen sein. Die gehen in drei Sportvereine, und es interessiert sich niemand für sie. Dann wird diese Hemmschwelle immer größer, und man sagt irgendwann, dann mache ich gar nichts mehr.

Was sind die Hauptprobleme, wenn es ums Thema Inklusion geht? Ist es manchmal nur eine Rampe?
Es ist manchmal nur der Zugang. Die Inklusion ist oft gar nicht das Thema. Man kann zum Beispiel auch Rollstuhltennis oder Sitzvolleyball anbieten. Und wenn ich einen ausgebildeten Übungsleiter dafür habe, dann kriege ich vom Behindertensportverband sogar die Übungsleiterpauschale zurück. Und für verschiedene Projekte gibt es auch die sogenannte INpuls-Prämie.

Ihre Aufgabe ist es jetzt, Sportler und Vereine zusammenzubringen?
Ja. Zum Beispiel eine Frau, die ich aus dem Fitnessstudio kenne, die im Rollstuhl sitzt und gern schwimmen würde. Für sie suche ich jetzt eine Möglichkeit. Was ich auch plane, sind Sportfeste. Aktuell planen wir zudem mit verschiedenen Institutionen sowohl inklusive Sporttage, als auch Sportfeste, bei denen die Menschen der jeweiligen Einrichtung ein Sportabzeichen erwerben können. Wir versuchen mit solchen Aktionen die Leute zu sensibilisieren und das Thema breiter zu treten, damit alle ein Gespür dafür kriegen. Das sind genauso Menschen wie wir. Man hat genauso viel Spaß mit ihnen, und sie machen sich über das, über das wir uns Gedanken machen, keine Gedanken. Sie sind glücklich mit dem, was sie haben. Ich habe einen Rollstuhlfahrer gefragt: „Wie wäre es? Ich setze mich einen Tag in deinen Rollstuhl, und du darfst einen Tag in meinen Körper. Er hat gesagt, das will er gar nicht.“

Zur Person Felix Assel

Der 29-jährige Pfälzer ist Lehrer an der Grundschule in Enkenbach-Alsenborn. Er war Schüler des Heinrich-Heine-Gymnasiums, hat Sport und Sozialkunde studiert und wohnt in Kaiserslautern. Bis zum Saisonende war er Trainer des Fußball-Landesligisten SC Weselberg, hatte das Team als Spielertrainer zur Meisterschaft in der Bezirksliga geführt. Er war nach seiner Jugendzeit beim FK Pirmasens auch für den TuS Hohenecken am Ball. Nach einem Kreuzbandriss ruht der Fußball. Felix Assel fährt gern Rad, spielt Tennis und joggt regelmäßig durch den Pfälzerwald. Seit Juni arbeitet er als Sport-Inklusionslotse.

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