Schönenberg-Kübelberg Interview: Sängerin Kathrin Yarizell Lothschütz über Musikpädagogik und Musicalauftritte

Auf vielen Bühnen zu Gast: Kathrin Yarizell Lothschütz. Sie kommt aber nicht umhin, auch zu Hause in die Tasten zu greifen.
Auf vielen Bühnen zu Gast: Kathrin Yarizell Lothschütz. Sie kommt aber nicht umhin, auch zu Hause in die Tasten zu greifen.

Kathrin Yarizell Lothschütz ist Musicalsängerin und Pädagogin. Die Halbmexikanerin ist als Künstlerin regelmäßig in Mannheim tätig und gastiert auch auf vielen anderen Bühnen, sie lebt aber ganz bodenständig in der Heimat ihres Mannes in Schönenberg-Kübelberg.Konstanze Führlbeck hat sich mit ihr unterhalten.

Frau Lothschütz, macht es für die Stimme einer Sängerin einen Unterschied, ob sie auf der Bühne steht oder unterrichtet?
Nein. Und ich lerne durch meine Schüler wahnsinnig viel über meine eigene Stimme.

Wie gehen Sie denn didaktisch an Gesangsunterricht heran?
Viele Schüler hören etwas im Radio und kommen mit einer Erwartung: Ich möchte klingen wie … . Das ist aber meist eine Studioaufnahme, keine Live-Version. Wichtig ist, dass sie herausfinden: Was kann meine Stimme? Wo stehe ich? Wohin will ich?

Was für Schüler unterrichten Sie denn?
Ich gebe acht Früherziehungskurse an der Musikschule Kuseler Musikantenland, bin im Musicalkinderchor in Brücken und bei den Chorkids mit Angelika Rübel in Glan-Münchweiler tätig und mache Stimmcoaching für den Chorverband der Pfalz. Auch für Chorleute ist es wichtig, die Technik zu lernen. In meinem eigenen Vocals Studio „Find your own Voice“ habe ich jetzt ssiebzehn Schülerinnen und Schüler ab elf Jahren. Das ist gerade der Übergang zur Pubertät. Und meine Schüler sollen eine stimmschonende Technik erlernen. Dann ist man breit gefächert aufgestellt.

Neben Ihrem Piano hängt ein anatomisches Schaubild?
Ja, es zeigt den Kehlkopf. So kann ich gleich auch zeigen, was ich erkläre.

Wie sieht so eine stimmschonende Technik aus?
Zuerst muss man seine eigene Stimme kennen lernen. Technik ist unabdingbar. Stütze, Atem und Stimme fließen ineinander. Erst singt man sich ein. Dabei hört man ein bisschen: Wo sitzt der Ton eigentlich? Dann geht man an die Stütze.

Was ist das?
Das sind Zwerchfellübungen. Der Hals ist nur ein Durchgang, die Stimme muss aus der Stütze im Bauchraum kommen. Die Kunst ist dann, die Mischstimme zu finden, dass man keinen Übergang hört. Die meisten Musicals sind in der Mischstimme geschrieben, bei der man Kopf- und Bruststimme kombinieren muss. Dann stellt sich die Frage: Ist dieser Song in meiner „Range“? Popsongs zum Beispiel sind oft sehr tief für Kinder. Und bei Popsongs sollte man auch wenig Vibrato haben, Durchlässigkeit finde ich ganz wichtig bei den Tönen. Man muss sich klarmachen: Wir senden nach draußen, es bleibt nichts im Hals stecken. Auch das Brüllen auf der Bühne will gelernt sein. Sonst macht man sich auch als Schauspieler oder Schauspielerin leicht die Stimme kaputt.

Wie veranschaulichen Sie das Ihren Schülern?
Ich gebe ihnen verschiedene Bilder, mit denen auch die Schüler gut arbeiten können. Zum Beispiel leise Töne: Das verbinden viele mit schieben, wir wollen aber nicht schieben. Oder im Chor mit Stimmbildgeschichten. Bei kleineren Kindern erzähle ich von zwei Mäusen, sie flitzen herum und singen Töne, die dann nachgesungen werden. Oder man stellt sich vor, man ist im Wasser und berührt die Töne nur. So veranschauliche ich spielerisch, dass man nicht durch Drücken Lautstärke erzeugt. Jeder Erwachsene sollte seine Indifferenzlage finden.

Was versteht man darunter?
Das ist der Bereich, in dem man am stimmschonendsten spricht. Man stellt sich ein wunderbares Essen vor, summt vor sich hin, kaut … das schmeckt aber lecker! Die Tonlage, die man dabei findet, ist die persönliche Indifferenzlage.

Welchen Raum nimmt der Unterricht in Ihrer Arbeit ein?
Er macht mir sehr viel Freude, ich bin ja auch als Stimmbildnerin bei Chorworkshops für Kinder tätig. Dennoch möchte ich das Theater nicht missen.

Welche Engagements haben Sie denn aktuell?
Zur Zeit spiele ich im Oststadttheater Mannheim in der Komödie „Das (perfekte) Desaster Dinner“ die Susanna und Anne Didon im Musical „La Cage aux folles“ im Capitol Mannheim. Außerdem spiele ich an den Wochenenden oft Konzerte, das ist ein Stück weit wie Bühne für mich. 2016 war ein ganz tolles Jahr für mich: Da war ich im Festspielhaus in Füssen das Cover für „Sissi“ in dem Musical „Ludwig II“. 2017 konnte ich in Füssen im „Sommernachtstraum“ spielen, einem Musical von Konstantin Wecker. Auch an der Landesbühne Neuwied hatte ich Engagements und ich war sechs Jahre unter der Leitung von Peter Nüesch bei den Burgfestspielen Mayen engagiert.

Wie gehen Sie eine neue Rolle an?
Ich lese mir das ganze Stück durch, schaue, in welcher Zeit das spielt, und erarbeite mir ein Rollenprofil.

Ein Rollenprofil erarbeiten – wie kann man sich das vorstellen?
Ich habe einen Katalog von W-Fragen für meine Rollen entwickelt und die gehe ich dann durch.

Worum geht es da?
Um die Beziehung meiner Figur zu den anderen Rollen, um den gesellschaftlichen Stand meiner Figur, hat die Rolle vielleicht einen 'Tick'? Wie ist sie von der Körperlichkeit? Wer bin ich als Rolle? Wer sind die anderen? Wieso stecke ich gerade in dieser Situation? Was will ich? Was war vorher? Was kommt danach? Dann gehe ich an meinen Text. Wie spreche ich? Pfälzisch? Hochdeutsch?

A propos Textarbeit: Wie lernen Sie denn Ihren Text?
Ich spreche ihn mir auf und höre ihn sehr oft an, lösche, spreche ihn wieder auf. Dabei spreche ich auch ein, was die anderen Figuren sagen.

Haben Sie eigentlich eine „andere“ Stimme beim Singen als beim Sprechen?
Ja, ich spreche sehr tief für eine Frau. Ich singe aber sehr klar und lieblich, ich bin keine 'Rockröhre'. Und ich muss natürlich für meine jeweilige Rolle meine Stimme finden, sowohl meine Sprech- als auch meine Singstimme. Vor allem bei meiner Sprechstimme redet dann auch der Regisseur oft mit.

Treten Sie in nächster Zeit auch hier in der Pfalz in einem Musical auf?
Ja, im April spiele ich in „Maniacs“. Das ist eine Show des Kreativen Musicalprojekts mit Susanne Dowaliby, meinem Mann Manuel Lothschütz sowie dem Pianist Matthias Stoffel und Cellistin Christine Rutz. Wir präsentieren Lieder aus den Musicals der frühen Jahre sowie Highlights aktueller Produktionen.

Wann hatten Sie den Wunsch, Musicalsängerin und Schauspielerin zu werden?
Erst einmal habe ich 2000 angefangen, Geige zu spielen. Da habe ich auch Konzertreisen mit der Musikschule Kusel gemacht, zum Beispiel nach Ungarn und Finnland, und konnte zum ersten Mal Bühnenluft schnuppern. 2009, nach der elften Klasse, habe ich mich dann entschieden: Ich werde Schauspielerin. Für meine Eltern war es ok. Sie kannten Astrid Vosberg vom Pfalztheater Kaiserslautern und Peter Nüesch und haben mir ihre Nummern gegeben. Wenn die sagen, das macht Sinn, dann mach' es. Und beide meinten: Ja, Kathrin, das kann ich mir gut vorstellen.

Wo haben Sie denn Ihre Ausbildung absolviert?
Ich habe im Sommer 2010 schon mal in Mayen als Elève bei den Burgfestspielen mitgespielt, dort habe ich auch meinen Mann Manuel kennengelernt. Ich wollte eigentlich am liebsten an die Theaterakademie August Everding in München. Aber nach der zweiten Runde war ich raus. Ich hab' dann Privatunterricht bei Astrid Vosberg genommen und viel gespielt und konnte dann meine Ausbildung „Musikpädagogik und Musical“ an der Jungen Akademie Stuttgart machen.

Wann war das?
2014 ging das los. Wir durften als Anfänger direkt vorsprechen, singen und tanzen, unter anderem am Staatstheater Karlsruhe. 2016 kam dann in der Sommerpause das Festspielhaus Füssen dazu.

Wie sind Sie eigentlich zu Ihrem ungewöhnlichen Zweitnamen „Yarizell“ gekommen?
Meine Mutter ist Mexikanerin. Sie hat in Tijuana studiert, das ist nahe der US-amerikanischen Grenze. Und mein deutscher Vater hat eine USA-Reise gemacht. Bei einem Abstecher nach Tijuana hat mein Vater meine Mutter kennengelernt. Yarizell ist ein aztekischer Name.

Wo sind Sie denn aufgewachsen?
Meine Eltern haben in Obermohr gelebt, meine Großeltern hatten dort den Obermohrer Hof. Sie sind dann alle Anfang der 90 nach Neunkirchen am Potzberg gezogen. Meine Mutter ist zu meiner Geburt nach Mexiko geflogen, nach Tijuana, aber aufgewachsen bin ich in Deutschland. Mich zieht auch nichts nach Mexiko, meine Verwandtschaft ist dort sehr verstreut. 2002 war ich das letzte Mal in Guadalajara, Tijuana und dem kleinen Dorf Mixlan.

Was für Zukunftspläne haben Sie denn? Sie sind gerade 33 geworden und haben eine kleine Tochter.
Ich möchte beide Schienen weiter verfolgen. Das Unterrichten macht mir sehr viel Spaß, die Bühne aber auch. Man spielt anders, man geht anders, man schlüpft in eine andere Rolle. Die Theaterbühne ist phantastisch. Das Spielen auf der Bühne hat etwas Lebendiges und etwas Wahrhaftiges.

Live im Loungecafé

Wer Kathrin Yarizell Lothschütz hören möchte, hat am Donnerstag, 14. Dezember, beste Gelegenheit dazu: Die Sängerin kommt diesmal im Duo „DoubL“ – mit ihrem Mann Manuel, der Klavier spielt und ebenfalls singt. Zu erleben ab 18.30 im Loungecafé am Ohmbachsee. Rockiges, Poppiges, auch weihnachtliche Melodien sind zu erwarten.

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