Kreis Kusel/Kreis St. Wendel Grenzbus ab Montag sogar ohne Leerfahrten unterwegs

Christina Cravens (47) mit ihren Söhnen Samir (15) und Oliver (10) sowie ihrem Neffen Maximilian Much (11, mit orange-grauer Jac
Christina Cravens (47) mit ihren Söhnen Samir (15) und Oliver (10) sowie ihrem Neffen Maximilian Much (11, mit orange-grauer Jacke) an der Bushaltestelle in Lautenbach, dem ersten Dorf im Saarland.

Auf dem Land passiert es nicht allzu oft, dass das Angebot an Busfahrten ausgebaut statt zusammengestrichen wird. Und das auch noch, wenn’s über die Landesgrenze geht. Das geschieht nun aber zwischen der Pfalz und dem Saarland. Und dabei wird auch noch ein Kuriosum beseitigt.

Nur zwölf Kilometer liegt die saarländische Kreisstadt St. Wendel vom westlichsten Ort der Pfalz entfernt, von Breitenbach im Kreis Kusel. Trotz der Nähe: Nie verband eine Buslinie die beiden Orte.

Seit September aber gibt’s einen Bus. Er fährt an Schultagen morgens um 6.45 Uhr von Breitenbach nach St. Wendel und nachmittags nach der sechsten bis neunten Stunde viermal von St. Wendel zurück nach Breitenbach. Die Zeiten richten sich zwar nach den Schulstunden, doch jeder kann mitfahren: Es handelt sich um eine öffentliche Linie.

Und wenn am kommenden Montag die Winterferien im Saarland vorbei sind, dann gibt’s eine weitere Neuerung: Denn dann dürfen die Busse auch in umgekehrter Richtung benutzt werden: nachmittags geht’s um 13.32 Uhr, um 14.24 Uhr, um 15.04 Uhr und um 15.58 Uhr viermal von Breitenbach nach St. Wendel.

Bisher durfte auf der Rückfahrt niemand einsteigen

Die vier Fahrten sind nicht wirklich neu, denn der Bus, der die Schüler von St. Wendel nach Breitenbach heimfährt, muss ja wieder zurück. Bisher durfte auf der Rückfahrt niemand einsteigen, der Bus fuhr quasi inkognito und damit leer und stand auch nicht im Fahrplan. Das lag nicht an mürrischen Busfahrern, sondern an einem bürokratischen Aberwitz.

Jetzt wetzen die Behörden ihre Scharte aus, so dass ein Breitenbacher nun zum Beispiel die Möglichkeit hat, um 13.32 Uhr nach St. Wendel zu fahren, um einen Angehörigen im Krankenhaus zu besuchen und um 15.41 Uhr wieder zurück.

Mutter trommelt so lange, bis die Linie eingerichtet wird

Die Breitenbacher haben die neue Buslinie einer Mutter aus dem Nachbardorf Lautenbach zu verdanken. Christina Cravens älterer Sohn besucht eine Schule in St. Wendel. Die Mutter brachte ihn jeden Morgen mit dem Auto hin und holte ihn nachmittags wieder ab. „Warum fährt da kein Bus, wenn St. Wendel so nah ist und viele weiterführende Schulen hat?“, fragte sich Cravens und begann zu trommeln. Sie warb beim Ortsvorsteher von Fürth (Kreis Neunkirchen), Otfried Ratunde (SPD), um Unterstützung und bei dessen Lautenbacher Kollegen Jan Rosenfeldt (CDU). Die waren sofort begeistert von der Idee. Ebenso Breitenbachs Bürgermeister Johannes Roth (Wählergruppe). Plakate wurden gedruckt und aufgehängt und Unterschriften gesammelt.

Hoffnung auf das neue Schuljahr

Der Landkreis St. Wendel versprach: Wenn mindestens 50 Anmeldungen für den Bus zusammenkommen, wird die neue Linie eingerichtet. Es wurden dann sogar 85. Und St. Wendel hielt sich an das Sprichwort: Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen. Die neue Linie startete am ersten Schultag des Schuljahrs 2023/24.

Indes: 85 Fahrgäste saßen noch nie zusammen im Bus. De facto fährt knapp ein Dutzend Schüler wirklich täglich mit dem Bus hin und her. Allerdings, sagt Christina Cravens: Als die Kinder im Winter oder Frühjahr 2023 verbindlich an den weiterführenden Schulen in St. Wendel angemeldet werden mussten, sei es ja keineswegs sicher gewesen, dass die gewünschte Buslinie auch tatsächlich kommt. Da seien einige Eltern auf Nummer sicher gegangen und hätten ihre Kinder dann doch auf Schulen in Neunkirchen, Ottweiler oder Homburg (alles im Saarland) geschickt.

Doch nun gibt es die Buslinie tatsächlich und Christina Cravens hofft deshalb, dass zum neuen Schuljahr mehr Kinder an Schulen in St. Wendel angemeldet werden. Der Landkreis St. Wendel habe fest zugesagt, die Linie nicht wieder zu streichen. Der Aufwand dafür hält sich sowieso in Grenzen, denn früher verkehrte der Bus zwischen St. Wendel und dem Dorf Dörrenbach, das zur Stadt St. Wendel gehört. Nun fährt der Bus eben drei Dörfer weiter, die alle dicht beieinander liegen: von Dörrenbach über Fürth und Lautenbach nach Breitenbach in die Pfalz und dann wieder zurück: kein riesiger Aufwand.

Es reicht auch für den Zug nach Saarbrücken oder Mainz

Weil nur eine bestehende Verbindung verlängert wurde, liegt die Abfahrtszeit am Morgen in Breitenbach auch recht früh: 6.45 Uhr. Aber damit haben auch Berufspendler, die zum Beispiel um 8 Uhr in Saarbrücken sein wollen, die Möglichkeit, um 7.23 Uhr am St. Wendeler Bahnhof bequem den Zug in die saarländische Landeshauptstadt zu erreichen oder zur selben Zeit den Zug in die andere Richtung zu nehmen, nach Mainz.

Der Heilige Bürokratius kommt dem Heiligen Wendel in die Quere

Und warum fuhren die Busse nachmittags ein halbes Jahr lang in eine Richtung leer? Weil der Heilige Bürokratius dem Heiligen Wendel in die Quere kam. Der Landkreis St. Wendel als Verkehrsträger der Linie hatte diese auch mit dem Ziel eingerichtet, das Einzugsgebiet für seine Schulen zu erweitern. Da Lautenbach und Fürth aber nicht im Landkreis St. Wendel liegen, sondern als Stadtteile von Ottweiler im Landkreis Neunkirchen, musste dieser der Einrichtung der neuen Schulbuslinie zustimmen, was er auch tat. Dann musste der Landkreis St. Wendel sich die neue Linie noch von der Landesregierung genehmigen lassen. Die Landesregierung gab zwar grünes Licht, doch auf einmal legte der Landkreis Neunkirchen Widerspruch ein.

Denn St. Wendel hatte in die Papiere, die nach Saarbrücken gingen, nicht nur die Schulfahrten notiert, sondern auch die nachmittäglichen Fahrten zurück nach St. Wendel. Doch mit dem Kreis Neunkirchen waren ursprünglich nur die Schulfahrten und nicht die Rückfahrten abgestimmt. An die Rückfahrten hatte man damals einfach nicht gedacht. Die Folge: formaler Fehler, Veto Neunkirchen, folglich mussten die Nachmittagsbusse leer fahren. Inzwischen ist der Formfehler geheilt, der Kreistag Neunkirchen hat den Nachmittagsfahrten in aller Form zugestimmt. Sankt Bürokratius ist wieder besänftigt.

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