Kusel Die Mühlen als Wirtschaftsfaktor und Baudenkmäler

Auf dem Titel des Kalenders ist die Streitmühle am Glan um 1990 abgebildet.
Auf dem Titel des Kalenders ist die Streitmühle am Glan um 1990 abgebildet.

Einem weithin verschwundenen Gewerbe widmet der neue Westrichkalender sein Schwerpunktthema: den Mühlen im Kreis Kusel. Richtige Dynastien entwickelten sich einst unter den Mühlenbesitzern. Derweil eine Brauerei früh den Sport als Werbung für sich entdeckte.

Illustriert mit historischen Aufnahmen und neuen Fotos spürt der Regionalhistoriker Roland Paul dem Stellenwert der Mühlen an Glan, Lauter, Odenbach oder an der Steinalb nach. Dabei fehlt nicht der Hinweis, dass einige Mühlen Ausgangspunkt für die Entwicklung der Textil- und Tuchindustrie bildeten, die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in der Region verbreitet war. Ebenso kam Mühlen mit der Stromerzeugung durch Wasserkraft eine wichtige Rolle für die Elektrifizierung zu.

Ausgeblendet wird in dem Beitrag nicht das „Mühlensterben“, ausgelöst von mehreren Gesetzen in den 1950er Jahren, was für viele kleinere Getreide- oder Ölmühlen das Aus bedeutete. Am Ende dieses Konzentrationsprozesses existierten 1978 im Landkreis noch fünf Getreidemühlen, von denen heute nur noch die Schlemmermühle in Gumbsweiler, die auf eine mehr als 400 Jahre lange Mühlentradition zurückblicken kann, Getreide mahlt. Als Sägemühle ist noch die Christoffelsmühle oberhalb von Niederalben in Betrieb.

Kreis Kusel

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Vom Wasserwerk zum Gasthaus

Erhalten und mitunter neuer Nutzung zugeführt wie die Reismühle bei Ohmbach oder die Wolfsteiner Stadtmühle blieben die stattlichen und oft das Ortsbild bestimmenden Mühlengebäude Ausweis des sogenannten „Bachadels“, wie im Volksmund die Müller bezeichnet wurden. In weiteren Beiträgen beleuchten Autoren die Geschichte der Kübelberger Klingenmühle, den Wandel der Godelhauser Mühle zum Wasserwerk und nach dessen Stilllegung zum Gasthaus sowie die sechs Mühlen am Pfeffelbach.

In der Neumühle bei Rutsweiler am Glan wurde Ende des 19. Jahrhunderts aus Schlacke, die bei der Stahlproduktion anfällt, das Düngemittel Thomasmehl gemahlen. Und in der gleichnamigen Mühle bei Brücken eröffnete 1888 der aus Steinbach stammende Jude Isidor Triefus die erste pfälzische Diamantschleiferei, wie Markus Bauer in seinem informativen Beitrag aufzeigt.

Umzug zur Ziegelhütte

Darüber hinaus bietet der Westrichkalender auf 272 Seiten wieder reichlich Lesestoff über Geschichte, Menschen und Naturkunde der Region. Einen Blick auf die Anfänge des in Vereinen organisierten Fußballsports im Kreis vor 100 Jahren wirft Jochen Körbel. Sein Beitrag macht deutlich, unter welch bescheidenen Bedingungen die Begegnungen damals stattfanden. Etwa wenn Körbel in Erinnerung ruft, dass der 1919 gegründete FV Kusel seine Wettkämpfe anfangs auf der „Weierbach’schen Wiese“ und ab 1921 auf einem neuen Sportplatz an der „Ziegelhütte“ austrug. Das Engagement der Brauerei Koch für den Kuseler Fußballverein oder für Radsportereignisse könnte dem Autor zufolge auf erste Ansätze zur Kommerzialisierung des Sports hindeuten.

Unter Kuriosa lässt sich rubrizieren, was Hans-Joachim Seiler über das wohl wenig ersprießliche Dasein des Landvermessers Heinrich Schott recherchiert hat. Schott, 1838 in Oberfranken als Pfarrerssohn geboren, wurde 1875 zum Bezirksgeometer des Messbezirks Kusel ernannt. Zwölf Monate später ehelichte er Auguste Leonhadine Beßé aus Steinwenden.

Unglücklich trotz Beförderung

Aber glücklich wurde Schott in Kusel kaum, wie Seiler anhand der Personalakte aufzeigt. In den Folgejahren stellte er ein Versetzungsgesuch nach dem anderen. Auch eine Beförderung zum Bezirksgeometer erster Klasse mit höherem Jahresgehalt hielt ihn nicht davon ab, in den Folgejahren wiederum um Versetzung in bayerische Städte zu bitten – immer ohne Erfolg. Nach 25 Jahren im Kuseler Vermessungsbezirk beantragte er 1907 die Versetzung in den Ruhestand.

Kreisheimatpfleger Dieter Zenglein, bei dem die Schriftleitung des Kalenders liegt, erinnert zum 100. Geburtstag an den Mundartpoeten, Kommunalpolitiker und Gymnasiallehrer Gerd Krieger sowie den ehemaligen Landrat Gustav Adolf Held. Andere Beiträge behandeln das Kriegsende 1945 in der Westpfalz, erinnern an einen Kriminalfall, der vor 100 Jahren in Altenglan für Aufregung sorgte, oder beleuchten die botanischen Eigenschaften und die Verbreitung der aus Nordamerika eingebürgerten Robinie im Kreisgebiet.

Info

Der „Westrichkalender Kusel 2021“ kostet fünf Euro und ist beim Bürgerbüro der Kreisverwaltung, bei der Tourist-Info „Hin & Weg“ am Bahnhof Kusel und im Buchhandel erhältlich.

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