Kreis Kusel American-Football ist mehr als Sport

Voll motiviert beim Einlauf, konsequent und kompromisslos auf dem Platz. Die Footballer der South West Wolves aus St. Wendel lie
Voll motiviert beim Einlauf, konsequent und kompromisslos auf dem Platz. Die Footballer der South West Wolves aus St. Wendel ließen ihrem Gegner aus Trier nicht den Hauch einer Siegchance.

«ST. WENDEL.» „Na? Das war doch mal ein Ereignis, oder?“, ruft mir ein Bekannter hinterher, als ich gerade dabei bin, das Sportzentrum in St. Wendel zu verlassen. Und es war tatsächlich spektakulär, was ich am Wochenende erlebt habe – nicht nur wegen des imposanten 65:7-Erfolgs der Footballer der South West Wolves gegen die Mosel Valley Tigers in ihrem ersten Spiel in der neu formierten Verbandsliga Rheinland-Pfalz/Saar.

American Football ist für mich zwar alles andere als neu, zähle ich mich doch schon seit Beginn der 90er Jahre zum bis vor ein paar Jahren noch recht kleinen Kreis der Football-Fans in Deutschland. Aber zuletzt ein Amateur-Spiel live im Stadion? Das liegt dann doch schon ein paar Jährchen zurück – eigentlich zu viele ... Die St. Wendeler Wölfe sollten mich nicht enttäuschen. Ganz im Gegenteil. Schon bei der Ankunft am Sportpark ist von weitem Musik zu hören, und der Stadionsprecher heizt das Publikum bereits kräftig an. Auf dem Weg Richtung Eingang fallen mir die unterschiedlichsten Nummernschilder auf: unter anderem aus Kusel, Trier, Zweibrücken, Kirchheimbolanden, Koblenz, Pirmasens und natürlich dem gesamten Saarland sind die Fans gekommen.

Eingefleischte Fans

Im Innenraum tummeln sich bereits gut eine Stunde vor Kick-off zahlreiche Footballfreunde. Mehr als 450 sind es an diesem Tag, werden mir die Helferinnen am Eingang später in der Halbzeitpause berichten. Normalerweise seien es sogar noch weit mehr, doch das schöne Wetter und die Tatsache, dass die Saarland Hurricanes zeitgleich in Saarbrücken ein Spiel der zweithöchsten deutschen Spielklasse austragen, hätten nicht ganz so viele Zuschauer kommen lassen. Rund 100 Helfer seien bei jedem Heimspiel im Einsatz. An der Tribüne angekommen, lasse ich meinen Blick schweifen. Erwartungsgemäß erblicke ich die typischen Trikots und Shirts von NFL-Klubs: Packers, Falcons, Raiders, Jets, die Bandbreite ist groß. Doch weitaus mehr Menschen tragen ein T-Shirt oder eine Mütze mit dem Logo der Wölfe. Eingefleischte Fans eben. Schmunzeln muss ich allerdings, als ich ein Pärchen entdecke: Sie trägt ein Shirt der Seattle Seahawks, er ein Trikot der New England Patriots, zwei Teams, deren Fans sich üblicherweise nicht unbedingt sympathisch sind – wenngleich es unter Football-Fans in dieser Hinsicht weitaus ruhiger zugeht als beim Fußball. Dennoch denke ich „das kann ja lustig werden, wenn die NFL-Saison in den USA wieder losgeht“, und suche mir meinen Platz auf der überdachten Tribüne.

"Mädchen für alles"

Doch schnell wird klar: Ich muss näher ans Geschehen. Also bahne ich mir meinen Weg zum Spielfeld, vorbei an dem massiven, aber freundlichen Security-Mann. Kurz darauf stehe ich an den drei blauen Pavillons, unter denen nicht nur Massagebänke für die Behandlung kleiner Blessuren bereitstehen: Auf zwei Tischen daneben warten in mehreren Schalen kiloweise kleingeschnippelte Bananen, Äpfel, Weintrauben, aber auch Salatgurken, Paprika, Tomaten und mehr darauf, den rund 50 Spielern des Heimteams neue Energie zu liefern. Daneben stehen allerlei isotonische Getränke und Wasser bereit. „Seit 8.30 Uhr sind wir schon bei den Vorbereitungen – und das obwohl ich nur drei Stunden geschlafen habe“, erzählt Sarah Zilz, nach eigenen Angaben Vorstandsmitglied der South West Wolves und „Mädchen für alles“ bei den Saarländern. Außerdem sei sie die Gründerin der Cheerleader „Mystic Wolves“, die das Publikum immer wieder mit akrobatischen Einlagen unterhalten – Hebe- und sogar Wurffiguren inklusive.

"Wir wollen unbedingt aufsteigen"

Unterstützt wird Zilz unter anderem von Michaela Roberts, der Ehefrau von Wolves-Headcoach Bill Roberts – der Cheftrainer sozusagen. Sein Trainerstab besteht aus drei Offense- und zwei weiteren Defense-Trainern. Dazu kommen ein eigener Team-Arzt und vier Physiotherapeuten, die die Spieler während der Partie betreuen. Einer der drei Defensiv-Trainer ist der 42-jährige Linebacker-Coach Antonio Ploderer. „Wir haben mit den Jungs wirklich hart trainiert“, erzählt er und stellt klar: „Wir wollen unbedingt aufsteigen.“ Mittlerweile läuft das erste Saisonspiel der Wölfe gegen die Mosel Valley Tigers aus Trier. Allerdings scheint das Wolfsrudel tatsächlich so gut trainiert zu haben, wie Ploderer berichtet hat, denn die Tiger aus dem Moseltal haben an diesem Tag auch nicht den Hauch einer Chance. Am Ende wird es 65:7 für die Wolves stehen. Spannung ist anders. Aber diese einseitige Partie gibt mir Gelegenheit, mich noch ein wenig umzuschauen.

Das Unparteiischen-Gespann hat die Partie souverän im Griff

Zugegeben, ein wenig Kulturschock ist dann auch dabei: Die Schiedsrichter in schwarz-weiß gestreiften Trikots sind zwar ein Anblick, der von den NFL-Übertragungen bekannt ist, und auch die Geste, die der Hauptschiedsrichter macht, um ein Foul anzuzeigen, erschließt sich. Doch wenn dann die Erklärung nicht wie gewohnt in englischer Sprache erklingt („Personal Foul. 15 yards penalty, automatic first down“), der Schiedsrichter stattdessen in bestem Pirmasenser Dialekt „Perseenlisches Foul. Fuffzeh Meder Stroof, audomadisches erschdes Daun“ ruft, muss sich der geneigte Fernseh-Football-Fan doch ein wenig zusammenreißen. Aber: Das Unparteiischen-Gespann hat die Partie souverän im Griff. Mein Blick schweift wieder in Richtung Publikum, und dabei wird nochmal deutlich: Den „typischen Football-Fan“ gibt es nicht. Das Publikum in St. Wendel kommt aus beinahe allen Altersklassen und Gesellschaftsschichten. Zwischen erwachsenen Fans wuseln ungezählte Kinder umher. Kein Wunder, denn ein Spiel der South West Wolves ist mehr als nur Sport, sondern ein Rundum-Erlebnis mit Musik, sportlichen Darbietungen am Spielfeldrand und einer eingeschworenen Fangemeinde. Der gelungene Auftakt lässt aber auch aus sportlicher Sicht so einiges erwarten für die Saison. Im nächsten Verbandsliga-Heimspiel geht es für die Wolves am Samstag, 26. Mai, gegen die Koblenz Gladiators. Die haben ihre ersten beiden Partien gegen die Tigers (18:27) und gegen die Hunsrück Protectors (13:36) verloren.

Gleich kracht es: Ein Tigers-Defensivspieler verhindert den Passfang.
Gleich kracht es: Ein Tigers-Defensivspieler verhindert den Passfang.
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