Kusel Trauriger Rest vom großen Traum

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Wie stünde die Gemeinde Waldmohr heute da, hätte das Vorhaben von Moritz Rosenthal nicht ein so unerfreuliches Ende gefunden. Diese Frage stellt sich nicht nur Hobbyhistoriker Christoph Missy. Detailliert hat der Höcher die Geschichte der Grube Nordfeld, die Waldmohr einst eine innerörtliche Eisenbahn bescherte, zusammengetragen. Ende des 19. Jahrhunderts erlebte der Bergbau im westlichen Zipfel Preußens und Bayerns eine Blüte. Gruben wurden gebaut und ausgebeutet; sie verhalfen Investoren wie Regierungen und Ländern zu Wohlstand. Viele wollten sich ein Stück an diesem Kohlekuchen sichern. So kam auch dem Leipziger Moritz Rosenthal, dessen Bruder in Bexbach als Bauingenieur arbeitete, die Idee, die Kohlegruben, die auf bayerischem Gebiet existierten - in St. Ingbert, Bexbach, Frankenholz – , nach Osten auszudehnen. Der Kaufmann gründete in den 1880er Jahren eine Gesellschaft von Anteilseignern, mit der er die neue Grube zu finanzieren gedachte. 1873 hatte Rosenthal bereits eine kleine Grube bei Dunzweiler erworben, die er nun arrondierte. Das neue Grubenfeld, das sich von östlich von Frankenholz bis über die Gemarkungen von Dunzweiler und Dittweiler erstreckte, hatte eine Fläche von 376 Hektar. Beim königlich-bayerischen Bezirksamt Zweibrücken besorgte sich Rosenthal die Konzession zum Abbau von Kohle. 1889 ließ er die Gruben zusammenlegen; das „Consolidierte Nordfeld“, so der neue Name, wies eine Fläche von 443 Hektar auf. Die Euphorie stieg. Missy zitiert eine Ausgabe des „Frankfurter Handelsblatts“ vom Juli 1889, in dem es heißt, dass „der Nordwesten der bayerischen Pfalz mit Recht als die Kohlekammer der Zukunft bezeichnet werden darf“. Eingeräumt wurde der Region ein ähnlicher Status wie Westfalen. 1890 wurde in der Gemarkung Pfaffenwald – also östlich-nordöstlich von Höchen – der erste Schacht, der den schönen Namen „Fortuna“ erhielt, ausgehoben. Obwohl die Bohrungen nicht ganz so verliefen wie erwartet – es fehlten einige der erwarteten Kohlenflöze –, wurde der Schacht weiter in die Tiefe getrieben. Bevor die Gesellschafter dem bayrischen Berggesetz, das aus Sicherheitsgründen einen zweiten Schacht vorschrieb, Genüge leisteten, holten sie vorsichtshalber ein Gutachten ein. „Das hatte fatale Folgen“, sagt Missy. Der Bergassessor Leo Cremer aus Bochum prognostizierte nämlich, dass in der Grube Nordfeld 105 Jahre lang täglich 1000 Tonnen gefördert werden könnten: Ein zweiter Schacht mit dem Namen „Wilhelmine“ wurde gebohrt. Er sollte mit 867 Metern der tiefste im Saarrevier werden. Und es wurde weiter investiert: Die Gesellschaft schaffte eine Dampfkesselanlage mit acht Kesseln an, die die 1000 PS starke Fördermaschine antrieb, und einen Luftkompressor. Außerdem wurden ein 65 Meter hoher Schornstein und Beamtenwohnungen für die Grubenleitung sowie Gebäude für die Magazine und Büros gebaut. Der Abbau begann: Mit Loren wurde die Kohle zum Stolleneingang im Bransbachtal gebracht, von dort zu der 900 Meter entfernten Verladerampe, die eine Länge von 60 Meter und eine Höhe von acht Meter hat. Das schwarze Gold wurde auf Eisenbahnwaggons geschüttet und auf der 4,2 Kilometer langen, eigens gebauten Bahnstrecke zum Bahnhof Waldmohr transportiert. Weil das Gleis im Ort über die heutige Rathausstraße führte, musste am jetzigen Schuhhaus Ernst eine Bahnschranke errichtet werden. In der Ortsmitte hielt die Bahn. Händler und Privatleute holten an dem sogenannten Landdebitplatz Kohle mit ihren Fuhrwerken ab. Anschließend fuhr die Bahn zum Bahnhof. Von dort gingen Züge in Richtung Metz und Mainz. Die ehemalige Bahntrasse ist übrigens heute Teil des Glan-Blies-Radwegs. Die Bahnlinie kostete seinerzeit die stolze Summe von 332.000 Mark. Auf einer Länge von zwei Kilometern wurde Wald gerodet, es wurden Böschungen, Entwässerungsanlagen und Wege gebaut. Auch der Glan musste teilweise verlegt werden. Ihren Betrieb nahm die Bahn im Frühjahr 1903 auf. Allein in diesem Jahr wurden 77.000 Tonnen Kohle gefördert und veräußert. Doch dunkle Wolken brauten sich über der Grube Nordfeld zusammen. Das Kohlevorkommen erwies sich als längst nicht so hoch wie erwartet. Zwar wäre es möglich gewesen, die Grube Richtung Süden weiterzutreiben, doch die Preußen, denen das Gebiet gehörte, lehnten den Antrag auf eine Konzession ab. Im Juni 1904 erfuhren die Anteilseigner von der unerfreulichen Entwicklung. Bei ihrer Versammlung Ende November besiegelten sie das Aus für die Grube Nordfeld. Letztmals fuhren die Arbeiter am 1. Januar 1905 ein. 489 Bergleute und 13 Führungspersonen verloren ihre Arbeit; 300 davon fanden in der Grube Frankenholz Beschäftigung. Dort wurde ebenfalls die Fördermaschine weiter genutzt. Die Beamtenwohnungen wurden abgetragen und verändert in Höchen und Frankenholz wieder aufgebaut. Der Schornstein wurde 1925 gesprengt. Führung Christoph Missy bietet am Samstag, 9. April, eine Führung über die ehemalige Grube Nordfeld an. Treffpunkt ist um 14 Uhr am ehemaligen Jägerhaus Nordfeld.

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