Kusel Schwarzer Bildschirm mitten in der EM?

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Ausgerechnet mitten während der Fußball-EM keinen Fernsehanschluss mehr haben? Für viele eine Horrorvorstellung. Für etliche Bürger Glan-Münchweilers könnte dies aber Realität werden, denn die Firma Primacom hat ihnen diese Woche ein Kündigungsschreiben für ihren Kabelanschluss geschickt. „Hilfsweise außerordentlich“ werde ihnen der Vertrag zum 30. Juni gekündigt.

Das hat für große Aufregung im Dorf gesorgt. Betroffen sind wohl 60 Haushalte. Unter ihnen auch Manfred Häßel, der in der Ringstraße wohnt. „Es ist ganz einfach eine Frechheit, einem so kurzfristig den TV-Empfang abzudrehen“, sagt er. Hintergrund sei wohl die Sanierung der Pirminiusstraße. Dort wird zurzeit von den Pfalzwerken im Zuge der Straßensanierung die Stromversorgung in die Erde verlegt. Häßel: „Der Primacom ist es zu teuer, auch ihre Kabel, die bisher über die Dachständer verliefen, neu zu verlegen. Lieber schalten sie den ganzen Ort ab.“ Was ihn wie andere Betroffene außerdem aufregt: Die Anschlussnehmer mussten bei der Inbetriebnahme 1991 eine Anschlussgebühr von 1311 Mark zahlen, damit der „Wildwuchs der Satellitenschüsseln eingedämmt wird“, was als schlimm für das Ortsbild angesehen worden sei. Jetzt dürften sich alle solch eine Schüssel zulegen „aber dalli, dalli“. Hilfesuchend haben sich viele der Betroffenen an Gemeinde und Verbandsgemeinde gewandt. Die aber ebenfalls erst am Dienstag beziehungsweise gar nicht von der geplanten Abschaltung erfahren haben. Bürgermeister Klaus Schillo hat am 31. Mai vom Bauleiter der Primacom, Jens Schilling, gehört, dass die Kabelfernsehversorgung in Glan-Münchweiler stillgelegt werde. Betroffen ist übrigens auch die Verbandsgemeinde selbst beziehungsweise die Glantalschule in deren Trägerschaft. Schillo hat nun einen Beschwerdebrief an die Firma mit Sitz in Leipzig geschickt. Darin kritisiert er, dass die Primacom mit dem Slogan „fair und schnell“ werbe und fragt, ob sich das auf die schnelle Kündigung beziehe. Viele Kunden, die vor Jahrzehnten nach enormer Überzeugungsarbeit der politisch Verantwortlichen sich für einen Kabelfernsehanschluss entschieden hätten, fühlten sich nun zurecht vor den Kopf gestoßen. Insbesondere der kurze Zeitraum des Abschaltens sei nicht hinzunehmen. Schillo fordert Primacom auf, dass man, wenn es wirklich unumgänglich sein sollte, Glan-Münchweiler abzuschalten, den Menschen etwas mehr Zeit einräumen sollte, „damit sie einen anderen Zugang zum TV finden können“. Auch der Ortsbürgermeister von Glan-Münchweiler, Fred Müller, ist aufgebracht. Zumal er gar nicht informiert worden sei, sondern erst durch Anrufe von aufgebrachten Bürgern davon erfahren habe. Er mutmaßt, dass man die Bauarbeiten in der Pirminiusstraße zum Anlass nehme, ganz Glan-Münchweiler zu kündigen. Dort würden die Pfalzwerke jetzt die Leitungen in die Straße verlegen. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ kritisiert Müller auch, dass man zu Vorgesprächen an der Baustelle zwar Primacom wie viele andere Firmen eingeladen habe, aber niemand gekommen sei und auch nicht abgesagt habe – „wahrscheinlich bestand damals schon kein Interesse, eine Lösung anzubieten“, mutmaßt er. Vor allem ärgert sich der Ortsbürgermeister über die Art und Weise der Kündigung. Die Primacom heuchle Bedauern, halte aber die gesetzliche Kündigungsfrist von einem Vierteljahr nicht ein. Außerdem glaubt er nicht, dass die „hilfsweise außerordentliche“ Kündigung juristisch haltbar sei. Müller: „So geht man mit Leuten nicht um.“ Die Pressesprecherin der Firma Primacom konnte gestern auf Anfrage der RHEINPFALZ noch keine Aussage zu den Kündigungen in Glan-Münchweiler machen. Bauleiter Jens Schilling erklärte, wegen Umbaumaßnahmen in dem betroffenen Gebiet würden die Kabel, die bisher über Dachständer verlaufen, in die Erde verlegt. Der Firma Primacom fehlten alternative Stellpunkte für die Verteilernetzwerke, die dann benötigt würden. Das Ganze stehe auch wirtschaftlich nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis. Dass es Beschwerden über die kurzfristige Kündigung gibt, kann Schilling nachvollziehen. Gegenüber der RHEINPFALZ erklärte er, dass die Firma Primacom prüfe, ob das Signal nicht über den 1. Juli hinaus noch empfangbar bleiben könne, so dass den Kunden mehr Zeit für einen Wechsel bleibe. Außerdem wolle man möglichst dabei helfen, einen neuen Anbieter zu finden, versicherte er. (ba/mala)

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