Kusel Ganz am Anfang steht das Argus-Auge

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Kusel. Unsere beiden kürzlich veröffentlichten Artikel zu den maroden Straßen im Kreis haben eine sehr große Resonanz hervorgerufen. Daher wollen wir uns nochmals mit diesem Thema auseindersetzen. Viele Leser suchten die Schuld für den Zustand beim Landesbetrieb Mobilität (LBM), der in ihren Augen zu wenig tue. Daraufhin haben wir uns mit Richard Lutz, dem Leiter des LBM in Kaiserslautern, sowie Sebastian Staab (Fachgruppenleiter des Bereichs Bau) unterhalten, was im Vorfeld alles geschehen muss, bis der LBM mit der Sanierung einer Straße beginnen kann.

Um überhaupt zu wissen, wo die Probleme auf den Straßen im Landkreis liegen, erstellt der LBM regelmäßig einen Straßenzustandsbericht. Dafür wird alle vier Jahre der Zustand der Autobahnen (zuletzt 2013) und der Bundesstraßen (zuletzt 2011) erfasst. Auf Landes- (2012) und Kreisstraßen (2011) erfolgt diese Erfassung alle fünf Jahre. Dazu fährt der sogenannten Argus-Messwagen (steht für Automatic Roadcondition Graduating Unit System) die Strecken ab und misst mit Sensoren die Längs- und Querebenheit des Asphalts. Mit drei Spezialkameras am Heck dokumentiert das Fahrzeug zudem Straßenschäden. Ein zweites Fahrzeug misst im sogenannten Seitenkraft-Messverfahren die Griffigkeit des Straßenbelages. Diese Werte werden beim LBM ausgewertet. Dadurch ergibt sich eine Zustandsbewertung, die jede Straße nach einem Schulnotenprinzip von 1,0 (sehr gut) bis 5,0 (sehr schlecht) unterteilt. „Die Griffigkeit ist bei uns aber zum Glück kaum ein Problem. Wir kämpfen hier vielmehr mit sogenannten Netzrissen und dem oft mangelhaften Unterbau der Straßen“, informiert Lutz. Die Werte der Kreisstraßen werden vom LBM dann in einer Zustandskarte erfasst und dem Landkreis mitgeteilt, der im Kreistag entscheidet, welche Straßen in das Investitionsprogramm des Haushalt aufgenommen und damit saniert werden sollen. Eine Sanierung kann aber schnell sehr teuer werden. „Ein voller Aufbau einer Straße kostet rund eine Million Euro pro laufenden Kilometer“, erklärt Lutz. Damit der Kreis für eine Sanierung einen Zuschuss vom Land erhält, müssen allerdings mindestens 60 Prozent eines Streckenabschnittes mit einer Note schlechter als 4,5 bewertet sein. „Der Zustandsbericht aus dem Jahr 2011 zeigt aber gegenüber dem Stand von 2006 bereits deutliche Verbesserungen“, äußert sich Lutz erfreut. Bei Landesstraßen geht die Einteilung noch etwas mehr ins Detail. „Wer fühlt sich schon in der Lage, alle Straßen des Landes zu kennen? Das muss verständlicherweise versachlicht werden. Daher brauchen wir messbare, nachvollziehbare Daten, die eine objektive Beurteilung des Streckenzustandes ermöglichen, so dass im Anschluss eine Dringlichkeitsreihenfolge festgelegt werden kann“, erklärt der Leiter des LBM. In diese sogenannte Nutzwertanalyse fließen weitere Faktoren, wie die Verkehrsbelastung, der effektive Mitteleinsatz (Kosten pro Kilometer), Synergieeffekte wie Radwege oder auch die Werthaltigkeit (das Verhältnis zwischen Erlös und Aufwand) ein. All diese Punkte werden gewichtet und ergeben am Ende einen Wert von bis zu 100 Punkten – je höher diese Zahl, desto dringender muss die Straße saniert werden. „Ein Riesen-Vorteil dieser Dringlichkeitsregelung: Es gibt zwar Hunderte Sanierungswünsche, die natürlich für den jeweiligen Betroffenen dringend notwendig erscheinen. Anhand dieser Reihung können wir diese Strecken aber objektiv bewerten und zielgerichtet abarbeiten. Von daher gibt uns eine solche Liste auch eine gewisse Planungssicherheit“, erklärt Staab. Ist die Entscheidung bei Kreis oder Land getroffen, welche Straßen saniert werden sollen, geht der LBM an die Planung der Projekte. Soll dabei eine Straße zum Beispiel verbreitert, sollen Kurven oder Straßenführung verändert werden, ist zudem ein Baurechtsverfahren notwendig. Sind Planung und Baurechtsverfahren abgeschlossen, schlägt der LBM die zu sanierenden Straßen wiederum beim Kreis oder Land zur Finanzierung vor. Erst wenn von diesen Gremien das Signal kommt, dass die Finanzierung gewährleistet ist, kann der Landesbetrieb konkret mit dem Bau beginnen. „Solche Maßnahmen brauchen in der Regel zwischen zwei und vier Jahren, wenn eine Planung und ein Baurechtsverfahren notwendig sind. Muss eine Straße nicht verbreitert oder von unten herauf ganz neu aufgebaut werden, geht es schneller“, informiert Lutz. Die Finanzierung solcher Sanierungsmaßnahmen ist oft auch deshalb kompliziert, weil es drei verschiedene Geldtöpfe für Bundes-, Landes- und Kreisstraßen gibt. „Das ist heutzutage so streng geregelt, dass es sehr schwierig ist, auch mal eine Ausnahme machen zu können“, erklärt der Leiter des LBM. „Die Gelder dürfen auch zwischen diesen einzelnen Töpfen nicht hin- und her geschoben werden, selbst wenn das ab und an sinnvoll wäre. Die gesetzliche Regelung ist da sehr deutlich“, fügt Staab hinzu. Im Landkreis Kusel wird der LBM in diesem Jahr neben einem bereits laufenden Projekt an der K 11 zwischen Krottelbach und der Kreisgrenze (geplante Fertigstellung Ende April) noch 14 weitere Projekte angehen; darunter vier an der B 420. Neben einer neuen Decke auf der Strecke Altenglan-Patersbach-Erdesbach (Beginn voraussichtlich im Mai) und einem sogenannten Dünnschichtbelag zwischen Odenbach und Meisenheim sowie zwischen Glanbrücken und Offenbach-Hundheim (beide ab Juni) ist für Sommer der Ersatzneubau einer Brücke in Bledesbach (B 420/K 14) geplant. Bei den Landesstraßen stehen Projekte an der L 350 (Ortsdurchfahrt Herschweiler-Pettersheim), der L 352 zwischen Liebsthal und Quirnbach, der L 358 (Ortsdurchfahrt Nanzdietschweiler) sowie zwei weitere an der L 372 zwischen Eßweiler und Oberweiler im Tal sowie zwischen Rothselberg und Kollweiler an. In Sachen Kreisstraßen wird der LBM voraussichtlich ab Mai die K 47 zwischen Kreimbach-Kaulbach und Morbach (Kreis Kaiserslautern) auf einer Länge von 3,2 Kilometern sanieren. Des weiteren stehen ab April beziehungsweise im Sommer Maßnahmen in den Ortsdurchfahrten von Reipoltskirchen (K 41), Reichweiler (K 61) und Hoppstädten (K 67) auf dem Plan. Außerdem wird auf der K 25 (Abzweig B 420) bei Ulmet ab Juni ein Dünnschichtbelag aufgebracht. Das Argus-Messfahrzeug ist in diesem Jahr ebenfalls wieder im Einsatz und untersucht turnusmäßig den Zustand der Bundesstraßen im Landkreis.

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