Kusel „Ein Traum ist wahr geworden“

Jettenbach. Eugen Kleemann besucht zurzeit Jettenbach, wo er vor mehr als 91 Jahren geboren wurde. Seit etwa zwei Jahren hat er wieder Kontakt zu seiner alten Heimat. Wegen der großzügigen Unterstützung seines Geburtsortes wird der Dorfplatz am Sonntag offiziell in „Eugen-Kleemann-Platz“ umbenannt. Aus diesem Anlass ist Kleemann seit mehr als 40 Jahren zum ersten Mal wieder in der Pfalz, begleitet von seiner Partnerin Maria Gene. Im Gespräch mit RHEINPFALZ-Mitarbeiter Herwig Buntz erzählt er von seinem Leben und schildert seine Eindrücke.

Herr Kleemann, wie kam es zur Auswanderung in die USA?

Mein Vater Karl arbeitete als Kaufmann, aber die wirtschaftliche Lage war damals sehr schlecht. Deshalb wanderte er 1928 in die USA aus. In Detroit, wo es noch andere Familien aus Jettenbach gab, fand er Arbeit in der Autoindustrie. Aber auch dort wirkte sich die Weltwirtschaftskrise aus, so dass es vier Jahre dauerte, bis er meine Mutter und mich nachholen konnte. Ich war inzwischen acht Jahre alt und in Jettenbach eingeschult worden. Wie waren Ihre ersten Jahre in den USA? Sie waren sehr hart. Ich hatte es schwer als Deutscher, ich konnte kein Englisch und war für amerikanische Verhältnisse merkwürdig gekleidet. In Jettenbach hatte ich die zweite Klasse besucht, in Detroit musste ich wieder in die erste geben. Dort wurde ich zur Zielscheibe von Hänseleien und sogar tätlichen Angriffen. Aber ich konnte mich wehren und schnell laufen. Dabei stellte sich heraus, dass ich ein sehr guter Fußballspieler war. Das hat mir sehr geholfen, denn jetzt wollten mich alle Mitschüler in ihrem Team. Einige meiner Quälgeister wurden später meine besten Freunde. Was war der Grund, dass Sie 1936 noch einmal nach Jettenbach kamen? Meine Mutter fühlte sich in den USA nicht wohl. Deshalb fragte sie mich, ob ich meine Ferien in Jettenbach verbringen wollte. Wahrscheinlich hatte sie vor, dort zu bleiben. Ich war natürlich begeistert, meine Verwandten und Freunde wieder zu treffen. Aber nach einigen Monaten kehrten wir in die USA zurück. Meine Mutter hatte die politische Lage richtig beurteilt und die drohende Kriegsgefahr erkannt. Wie verlief Ihr schulischer und beruflicher Werdegang? Nach den schwierigen Anfängen erlebten wir jetzt eine positive Entwicklung. Mein Vater arbeitete 30 Jahre lang bei einer Firma, die Autokarosserien herstellte. Ich besuchte die High School, studierte und schloss meine Ausbildung mit dem „Bachelor of Science“ als Elektroingenieur und dem „Master“ als Autoingenieur ab. Anschließend war ich mehr als 30 Jahre lang bei der Firma Chrysler beschäftigt. In dieser Zeit war ich beruflich viel im Ausland, auch in Deutschland, weil Chrysler mit Firmen und Bundeswehr zusammenarbeitete. Waren Sie später noch einmal in Jettenbach? In Jettenbach war ich noch zweimal. Während meiner Militärzeit bei der Marine war ich im Mittelmeer stationiert. Während eines Urlaubs traf ich 1951 hier meine Eltern. Einige Jahre später hatte ich in Baumholder zu tun und fuhr von dort mit dem Auto kurz nach Jettenbach. Wie kam es zu dem Kontakt mit Jettenbach vor zwei Jahren? Ich wollte wissen, wer von meinen Verwandten und ehemaligen Schulkameraden noch lebt, soweit ich mich an ihre Namen erinnerte. Ich fragte in Jettenbach nach, aber dort konnte man mit den Namen nichts anfangen. Erst vor zwei Jahren fand Marias Sohn Jim heraus, dass es zwei Orte mit dem gleichen Namen gibt, von denen einer in Oberbayern liegt. Jim, der für ein deutsches Unternehmen in den USA arbeitet, besuchte während eines Aufenthaltes in Frankfurt das „richtige“ Jettenbach. Er machte Fotos und brachte einen Prospekt mit, auf dem die Telefonnummer der Verbandsgemeinde stand. Dort gab man mir die Nummer von Günter Kleemann, dem Sohn meines Cousins. Als ich ihn anrief, meldete er sich mit „Kleemann“, worauf ich antwortete: „Hier auch Kleemann“. Seitdem haben wir regelmäßig Kontakt. Wie kam es dazu, dass Sie Jettenbach finanziell unterstützten? Ich bin nicht verheiratet und habe keine Nachkommen. Meinen Eltern habe ich ein Denkmal gesetzt, indem ich für die Kapelle in meinem Wohnort einen größeren Betrag gespendet habe. Sie heißt seitdem „Karl-und- Frieda-Kleemann-Kapelle“ und ist für Angehörige aller Glaubensrichtungen offen. Nun wollte ich auch meinem Geburtsort helfen und unserer Familie dort ein weiteres Denkmal setzen. Deshalb habe ich in den letzten zwei Jahren für verschiedene Projekte Geld gegeben, zum Beispiel für die Solaranlage des Schwimmbads oder für den Kindergarten, der von deutschen und amerikanischen Kindern besucht wird. Vor zwei Jahren schrieben Sie: „Wish, I could return“. Diesen Wunsch haben Sie sich jetzt erfüllt. Das ist auch das Verdienst von Maria. Ich habe sie vor 27 Jahren bei einem Arzt kennengelernt, aber erst vor vier Jahren wieder getroffen. Sie war inzwischen verwitwet, und ich brauchte aus gesundheitlichen Gründen Hilfe. Seitdem leben wir zusammen. Wie waren die ersten Tage in Jettenbach? Wow! Es ist fantastisch, ein Traum ist wahr geworden. Günter hat mich in Frankfurt auf dem Flughafen abgeholt und ich wohne hier in einem Apartment mit einem herrlichen Blick auf das Dorf. Günter war inzwischen mit mir viele Stunden in Jettenbach unterwegs und hat mir das ganze Dorf gezeigt. Dabei wurden viele Erinnerungen lebendig, bei meinem Elternhaus in der Höhstraße, in der Kirche, wo es eine kleine Feier gab, aber auch am Bach, in den ich als Kind hineingefallen bin. Ich weiß noch gut, dass der gestaute Bach am Marktplatz zugefroren war und ich wollte ausprobieren, ob das Eis trägt. Was gefällt Ihnen hier besonders gut? Mir gefällt alles, das Wetter, die Landschaft und die Menschen. Ich habe viele Mitglieder der Familie Kleemann zum ersten Mal in meinem Leben getroffen und neue Freunde gefunden. Wenn ich 20 Jahre jünger wäre, würde ich vielleicht für immer hier bleiben. Info Am Sonntag, 9. August, 11 bis 17 Uhr, erhält der Jettenbacher Dorfplatz im Rahmen einer Feier offiziell den Namen „Eugen-Kleemann-Platz“.

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