Kusel „Die Chancen für die Region sehen“

91-62868814.jpg

Andreas Hartenfels, Kuseler Landtagsabgeordneter für die Grünen, rechnet mit 60 bis 70 neuen Arbeitsplätzen, falls sich das Land dafür entscheidet, in der ehemaligen Bundeswehrkaserne eine Sammeleinrichtung für Flüchtlinge einzurichten. Das sagte er in einem Gespräch mit der RHEINPFALZ, in dem es auch um seine Rolle in der Landtagsfraktion ging. Dort ist er Mitte Januar zum haushaltspolitischen Sprecher aufgestiegen. Eine erneute Kandidatur für das Amt des Kuseler Landrats schloss er in diesem Gespräch aus.

Hartenfels sagte, er gehe inzwischen davon aus, „dass die Einrichtung in Kusel kommen wird“ – nur wann, dazu habe er noch keine Hinweise. „Das wäre jetzt pure Spekulation.“ Derzeit werde noch geprüft, ob die Kuseler Kaserne überhaupt geeignet sei; das werde vermutlich in den nächsten zwei bis drei Wochen entschieden sein. Danach seien Arbeiten auf dem Gelände nötig. „In Sachen Heizung, Wasser und Brandschutz muss etwas gemacht werden“, gab Hartenfels Informationen aus dem Büro seiner Parteikollegin und Integrationsministerin Irene Alt weiter. Dass die Unterbringung von möglicherweise bis zu 700 Flüchtlingen im ländlichen Raum eine gewisse Brisanz hat, wollte Hartenfels nicht verhehlen: „Das kann nur im Einvernehmen gehen.“ Deshalb müssten ganz früh beispielsweise die Räte eingebunden, runde Tische veranstaltet werden – vor allem aber müsse man die Bürger mitnehmen, deren ehrenamtliches Engagement unerlässlich sei. „Wir haben diese Organisationen ja hier, die dabei helfen können.“ Hartenfels betont aber, man müsse die Chancen für die Region durch eine solche Einrichtung sehen. Dazu gehöre beispielsweise, dass neue Arbeitsplätze für die Betreuung der Flüchtlinge – für die dann Kusel die Anlaufstation für die ersten drei Monate wäre, ehe sie dezentral untergebracht würden – entstehen müssten. Hartenfels rechnet mit 60 bis 70 unter anderem für die ärztliche und soziale Betreuung, für deren Finanzierung allein das Land zuständig sein könne. Ohnedies erwartet er, dass das Land zu 100 Prozent alle Kosten übernimmt, die mit der Einrichtung einhergingen. Das gelte beispielsweise auch für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen unter den Flüchtlingen. „Das sind etwa ein Drittel der Menschen, die dann nach Kusel kämen.“ Für die Region sei eine solche Einrichtung aber auch eine Chance, den Problemen der Demografie entgegenzuwirken. Unter den Flüchtlingen sei viel Fachpersonal, beispielsweise mit medizinischer Ausbildung. „Wenn wir uns als Region gut darstellen und für uns werben – warum sollen diese Menschen nicht dauerhaft hierbleiben und helfen können, Engpässe in der medizinischen Versorgung zu beheben?“ Schließlich sei eine solche Sammelunterkunft auch eine Entlastung für die Kommunen, da sie auf die Zuteilung von Flüchtlingen angerechnet werde. Wenn 500 Flüchtlinge in der Kaserne seien, müssten die Kommunen im Kreis 40 Menschen weniger dezentral unterbringen. Dass Hartenfels sich darüber freut, nun endlich eine wirkliche Debatte um ein Zuwanderungsgesetz zu bekommen, passt in seinen Politikstil. Der lautet: sich mit Themen sachlich und ohne persönliche Profilierung über Parteigrenzen hinweg zu beschäftigen. Das hat ihm nicht nur seit Jahren im Kreis, sondern inzwischen auch in der Landespolitik Anerkennung eingetragen, wo er speziell als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses vermittelnd tätig sein kann und muss. Ohnedies ist er nicht der Politiker, der die Ellenbogen ausfährt, um seine Ansichten oder seine Karriere zu befördern – womöglich hat ihn das ein Amt in der Regierung gekostet. Bedauern tut er das nicht. „Ich möchte ein starkes Parlament – und ich möchte dort eine starke Rolle spielen. Ich glaube, das gelingt mir.“ Ein Posten als Minister oder Staatssekretär wäre für ihn als Neuling 2011 sowieso zu früh gekommen, räumt er selbstkritisch ein. „Ich wollte erst einmal in die Landespolitik hineinschnuppern, lernen, wie hier alles läuft.“ Dennoch würde er sich nach der nächsten Landtagswahl, wo er wieder auf Platz vier der Landesliste antreten möchte, nicht vehement gegen einen Regierungsjob wehren, so die Grünen wieder mit in der Regierung wären. Wenn es nicht klappe, sei er auch nicht böse, solange er sich im Parlament gut einbringen könne. Das kann er jetzt als neuer haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion umso mehr. „Das ist der Wechsel vom Fachpolitiker zu einem, der alle Bereiche im Blick haben muss“, erläutert er. Und dass seine Fraktion ihm das einhellig zutraut, erfüllt ihn mit Stolz. Was er im Gespräch mit der RHEINPFALZ für sich – nach jetzigem Stand – ausgeschlossen hat: eine erneute Kandidatur für das Amt des Landrats. 2009 hatte er ohne große Wahlwerbung fast 40 Prozent der Stimmen geholt. Er wolle weiterhin auf Landesebene tätig bleiben, sagt er. Auch als Mitglied einer möglichen schwarz-grünen Landesregierung? Hartenfels ist skeptisch. Zwar komme er sehr gut mit vielen CDU-Kollegen aus. Doch mit einer Ministerpräsidentin Julia Klöckner könne er sich eine Zusammenarbeit nicht vorstellen, weil „ihr Politikstil nicht der meine ist“; zu laut, zu wenig sachlich. (wop)

x