Kusel Der Rekord-Dorfchef

UNTERJECKENBACH. An einem mangelt es Karl Christian Michel auf keinen Fall: Erfahrung. Der 63-Jährige aus Unterjeckenbach ist derzeit der am längsten dienende Ortsbürgermeister im Landkreis Kusel. 35 Jahre sind ihm noch nicht genug: Der Rekord-Dorfchef startete jetzt in seine achte Periode.

Eigentlich hatte Michel mehrfach angekündigt, einen Generationswechsel im Gemeinderat vollziehen zu wollen. „Aber die Wähler haben es überhört“, sagt der alte und neue Ortsbürgermeister lächelnd. Sie hätten einfach die gleiche Mannschaft wiedergewählt. Zunächst sei die Überraschung groß gewesen, schildert Michel. Da er die meisten Stimmen bekommen habe, sah er sich dann aber durchaus zur Ortsbürgermeister-Kandidatur verpflichtet. Visionen und Projekte habe er schließlich noch genug. Der SPD-Mann steht für eine sachlich orientierte Politik. Teamarbeit sei ihm wichtig, Parteipolitik liege ihm fern. „Mir geht es um die Menschen. Das wissen die Unterjeckenbacher“, mutmaßt er, warum er das Ehrenamt schon so lange innehat. Unterjeckenbach ist mit weniger als 70 Einwohnern die zweitkleinste Gemeinde im Kreis. „Das macht es aber nicht leichter“, stellt Michel fest. Seit drei Jahren gebe es keinen Kita-Nachwuchs mehr, der drastische Rückgang der Bevölkerung sei eines der Hauptprobleme. Die Einwohnerzahl nach unten gedrückt habe auch der benachbarte Truppenübungsplatz, ist Michel überzeugt. „Er hat die Struktur des Dorfes verändert. Wir sind vom Hinterland abgeschnitten.“ Auch die mögliche Installation von Windrädern werde durch das Militär verhindert. „Wir wollen darum in Berlin Strukturausgleichsmaßnahmen fordern“, kündigt der Ortschef an: „Wir Kleinen lassen uns nicht unterkriegen.“ Insgesamt sieht Michel sein Dorf gut bestellt. Schulden? „Nicht bei uns“, erklärt er. „Wir geben nur das aus, was wir haben.“ 1979 habe er das Dorf mit Minusbeträgen aus der Flurbereinigung übernommen, erinnert sich Michel. „Damals war ich mit 28 Jahren einer der jüngsten Ortsbürgermeister.“ In 35 Jahren habe sich das Ortsbild von einer ehemals landwirtschaftlich geprägten hin zu einer reinen Wohngemeinde stark verändert. Das Licht der Welt erblickte der Pfarrerssohn in Konken. Nach der Versetzung des Vaters wuchs er mit seinen Geschwistern in Oberndorf bei Alsenz auf. In den 1960ern wechselte die Familie nach Rehborn, wo Michel erstmals Kontakt nach Unterjeckenbach knüpfte – zu seiner späteren Ehefrau Christa. Frisch verheiratet zog das Paar 1973 in deren Elternhaus. Im gleichen Jahr absolvierte er seine Ausbildung in der Kreuznacher Finanzverwaltung für den gehobenen Dienst. Seither hat Michel schon einige Finanzämter von innen gesehen. Von Bad Kreuznach kam er nach Idar-Oberstein und 1990 nach Kusel. Zuständig ist der Sachgebietsleiter unter anderem für die Veranlagung, für Controlling und die Presse. In den 90er Jahren war er zudem mit dem Aufbau Ost befasst. 1998 wechselte Michel wiederum nach Bad Kreuznach, bevor er 2010 nach Kusel zurückkehrte. Seine Erfahrungen aus der Verwaltung nutzen dem Ortsbürgermeister. „Man weiß, wie es funktioniert“, sagt Michel. Vieles werde Routine, an einigen Projekten, etwa an der Sanierung der Maschinenhalle, sei er bereits zum zweiten Mal dran. Schnelles Internet und Handy-Empfang stünden aktuell auf der Wunschliste. Als besonders großes Projekt schildert er den Kanalbau 1999 mit folgendem Straßenausbau. In der Gruppe der „Zwölf“ im Nordkreis vom demografischen Wandel stark betroffenen Gemeinden, setzt sich Michel für regionale Verbünde ein. „Zusammen mit anderen sind wir stark“, lautet seine Erfahrung. Etwa bei der Feuerwehr, deren Förderverein er als Gründungsmitglied angehört. Engagiert ist er ferner als Presbyter. Michel hat zwei erwachsene Söhne und ein Enkelkind. „Die Familie ist mein Hobby“, sagt er. Frau und Kinder stünden hinter ihm. Lesen sei ein weiteres Hobby, bevorzugt Zeitung: „Ich kann mich stundenlang in die RHEINPFALZ vertiefen“, verrät er. Was ihm noch Freude macht, ist natürlich sein Job als Ortsbürgermeister. „Ich sehe das nicht als Belastung an.“ (suca)

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