Kusel Bistros, Lose, Schlossgebühren

Die Landesregierung setzt konsequent ihren bisherigen logikfreien Kurs in Sachen Gebietsreform fort. Bei einer Tombola im Mainzer Innenministerium werden in Anwesenheit aller Verbandsbürgermeister folgende Zwangsfusionen ermittelt: Waldmohr mit Baumholder, Schönenberg-Kübelberg mit Kusel, Altenglan mit Bruchmühlbach-Miesau und Glan-Münchweiler mit Meisenheim/Alsenz-Obermoschel. Alle Angaben des Landes sind wie immer ohne Gewähr. Die Verlosung fand unter Aufsicht eines Notars statt, der sich vorher vom ordnungsgemäßen Zustand des Ziehungsgerätes überzeugt hatte. Ein schwerer Unfall ereignet sich auf der gerade erst teilweise für den öffentlichen Verkehr freigegebenen Panzerstraße zwischen Kusel und Baumholder. In Höhe Mayweilerhof hat ein Traktor mit überhöhter Geschwindigkeit eine dort friedlich patrouillierende Panzerhaubitze 2000 von der Straße gedrängt. Zwei Soldaten werden leicht verletzt, drei Granaten stark beschädigt. Der rabiate Traktorfahrer beging Unfallflucht, ohne sich um den Schaden in Höhe von 434.721,58 Euro zu kümmern. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und das Dienstleistungszentrum der Bundeswehr beschließen daher den vierspurigen Ausbau der Strecke noch in diesem Jahr. Die dann neue Autobahn A 627b erhält Ausfahrten für Ulmet, Gewerbegebiet Kaserne Kusel, Blaubach und Truppenübungsplatz, ehe sie in die A 62 bei Freisen mündet. Die neue Anbindung erleichtert auch die Vermarktung des Kasernengeländes. In den Verbandsgemeinden regt sich langsam Widerstand gegen die Fusionsverlosung des Landes. Ein Mindestmaß an geografischer Überschneidung des bisherigen Grenzen sei doch Voraussetzung dafür, dass die Bürger die Fusionen akzeptieren könnten, heißt es in einer gemeinsamen Resolution der Betroffenen. Das Land bleibt wie üblich kühl: In Zeitalter digitaler Kommunikation seien derlei konservative Überlegungen überholt, kontert die Staatskanzlei. „Die Welt ist längst ein Dorf. Das sollten auch die engstirnigen Kommunalpolitiker endlich zur Kenntnis nehmen.“ Die kreiseigene Gesellschaft Ikoku (Interkulturelles Kompetenzzentrum) hat nach Jahren des Darbens endlich wieder eine Aufgabe, die ihrem Gründungszweck entspricht. Sie soll im Auftrag von Kreis und Stadt die Bürger von Kusel auf die Ankunft von 700 chinesischen Investoren samt Familien vorbereiten. Den Auftakt macht ein Kurs, in dem die Kuseler lernen, wie man Schriftzeichen in der Hochsprache Mandarin malt und wie man mit Stäbchen spricht. Jeder Absolvent erhält anschließend ein Zertifikat, das ihn zu Geschäftsbeziehungen mit den schwerreichen Neuankömmlingen berechtigt. Auch weiterhin schwelt der Konflikt zwischen Kommunen und Landesregierung wegen der Fusions-Auslosungen. Die Kommunen fordern ein Gutachten zu Ablauf und Ausgang der Verlosung. Das Land lehnt diese Forderung ab: „Erstens war die Verlosung gerecht, weil jeder die gleichen Chancen hatte. Zweitens haben wir nach Nürburgring und Flughafen Hahn kein Geld mehr für ein Gutachten.“ Auf das Angebot der Kommunen, dann selbst eine Studie in Auftrag zu geben, geht das Land nicht ein: „Wer dauernd jammert, dass er keine Mäuse hat und mit Klagen an unser Geld ran will, dem können wir Ausgaben für einen solchen Firlefanz nicht genehmigen.“ Noch immer hat sich keine Lösung gefunden, wie die Sanierung des Lauterecker Schlosses bezahlt werden soll. Da verfällt Stadtbürgermeister Heinrich Steinhauer auf eine geniale Idee. Nach intensivem Studium der Vorgänge in Altenglan bringt er im Stadtrat eine Vorlage ein, die die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Straßen- und Schlossausbau vorsieht. Der Stadtrat erhebt sich spontan zu stehenden Ovationen angesichts dieses wunderbaren Vorschlags. Die Kommunalaufsicht bei der Kreisverwaltung gibt bereits am nächsten Morgen ihre Zustimmung zu diesem Verfahren und erwägt nun, auch wiederkehrende Beiträge für die noch immer nicht finanzierte Sanierung des Kuseler Hallenbads zu erheben. Schönenberg-Kübelbergs Verbandsbürgermeister Karl-Heinz Schoon hat die endlosen Debatten um eine Gebietsreform satt. Er greift zur Selbsthilfe und lässt seinen Verbandsgemeinderat in voller Mannschaftsstärke in Waldmohr einmarschieren. Als dieser nach heftigem Widerstand des allerdings zahlenmäßig unterlegenen und überrumpelten Waldmohrer Gremiums in die Ortsmitte vordringt und das Rathaus in Besitz nimmt, flüchtet der dortige Verbandsbürgermeister Rudi Agne ins Exil nach Jägersburg. Die saarländische Landesregierung erkennt ihn sofort als politischen Flüchtling an. Die SPD-Grüne-Koalition, vor allem aber die Ministerialbeamten in Mainz sind hingegen von Schoons Eigeninitiative derart entzückt, dass sie ihm umgehend für seine neue Verbandsgemeinde eine Hochzeitsprämie in Höhe von fünf Millionen Euro zusagen. Derweil kapituliert Glan-Münchweiler auch ohne Fusionsdrohung vor den Nachbarn aus Altenglan, um einer möglichen Übernahme durch Kusel zu entgehen. Neubürgermeister Klaus Schillo kommentiert diesen Schritt vorauseilenden Gehorsams mit den Worten: „Wenn die Kuseler uns grapschen, dann müssen wir deren teures Schwimmbad noch mitbezahlen. Dann ist unser niedriger Umlagesatz komplett futsch. Altenglan können wir da schon leichter unterwandern.“ In Altenglan ist plötzlich wieder Ruhe eingekehrt. Das Altenheim wird problemlos an einem neuen Standort errichtet, über die Rechtmäßigkeit der wiederkehrenden Beiträge für Wasser und Abwasser hat es eine höchstrichterliche Entscheidung gegeben, die weitere Rechtsmittel ausschließt. Die Kommunalpolitik plätschert folglich friedlich vor sich hin. Zurück bleibt damit allerdings eine ganz kleine Gruppe von eingefleischten Bürgerinitiativlern, der es nun an einem Protest-Betätigungsfeld mangelt. Um dennoch weiterhin etwas zu tun zu haben, gründen sie eine neue Bürgerbewegung mit dem Namen „Pagode“; nach Angaben der Initiatoren ist das die Abkürzung für „Protestierende Altenglaner gegen die Ordnungssucht dörflicher Entscheidungsträger“ und hat nichts mit asiatischen Investoren in Kusel zu tun. Was aber genau die Abkürzung bedeuten soll, wollen die Initiativler nicht mitteilen und verhängen umgehend einen Presseboykott. Einem in die Bewegung eingeschmuggelten RTL-Reporter kann das Medienportal „Kusel TV“ jedoch entlocken, dass Sinn und Zweck von „Pagode“ sei, stets irgendeinen Protestgrund gegen die Altenglaner Kommunalpolitik zu finden. Nach dem unerwartet großen Erfolg ihres Bistros Pfälzer Bergland in der Kuseler Innenstadt beschließt die Kreisverwaltung, derlei Bistros auch in anderen Gemeinden im Kreis einzurichten. Um nicht weiter den Verkehrsverein Kuseler Musikantenland dafür einsetzen zu müssen, gründet sie einen Eigenbetrieb mit dem Namen Musikantenland-Kaffeehäuser. Erste weitere Standorte sind Lauterecken neben dem „Pfälzer Hof“, Wolfstein nahe des früheren CJD-Cafés und Glan-Münchweiler, etwa 50 Meter neben dem „Budchen“. In einer Pressemitteilung des Kreises heißt es, die Erfahrungen in Kusel hätten gezeigt, dass es für den Start eines solchen Bistros leichter sei, die Kunden von einem bereits bestehenden Gastronomiebetrieb wegzulocken, als sich an einem eigenen Standort selbst zu etablieren. Landrat Winfried Hirschberger betont zudem, hier könne man endlich einmal sehen, wozu der hoch verschuldete Landkreis Kusel in der Lage sei, wenn er selbst und frei wirtschaften dürfte. Die Einweihungsfeier des lange heftig umstrittenen Gemeindehauses in Offenbach-Hundheim wird zu einem gewaltigen Flop. Denn kein einziger Vertreter der Ortspolitik kommt. Die Initiatoren des Projekts bleiben der Feier fern, weil sie bei der Wahl im vergangenen Jahr eben wegen des Gemeindehauses vom politischen Gegner heftig unter Beschuss genommen worden waren und die Mehrheit verloren hatten. Die Gegner des nicht gerade billigen Häuschens, das unter ihrer Regie nun zwangsweise fertiggestellt worden ist, wollen diesen Anlass nicht auch noch feiern. Stattdessen versammeln sie sich zu einer Gegenkundgebung im Feuerwehrhaus, um ihren Protest gegen die, ihrer Meinung nach, Geldverschwendung auszudrücken. Die 487 bei der Einweihungsfeier anwesenden Bürger sind zunächst einigermaßen verwirrt, weil niemand eine Rede halten will. Doch dann trösten sie sich mit einem Rundgang durch die neuen Räume und stürzen sich dann auf die bereitgestellten Häppchen. Die Stadt kauft der Bima das Gelände der Unteroffizier-Krüger-Kaserne für den symbolischen Preis von einem Cent ab und stellt die Bewachung des Geländes ein. Stattdessen wird die Liegenschaft zu einem offenen Abenteuerspielplatz erklärt. Stadtbürgermeisterin Ulrike Nagel erläutert den mutigen Schritt: „Nachdem die Amerikaner nicht kommen und wir auch sonst derzeit keine konkrete Verwendung für die Liegenschaft haben, wollen wir wenigstens die Abrisskosten so gering wie möglich halten.“ Sie setzt dabei ganz auf den Einsatz von gelangweilten Chaoten, rabiaten Paintball-Spielern und fleißigen Metalldieben. „In etwa vier Monaten werden wir so das Gelände frei von Altlasten haben.“ Dann könne man auf den Brachflächen all das Gras pflanzen, das für den geplanten Ponyhof notwendig sei. In Absprache mit den Erstellern der Machbarkeitsstudie habe man nämlich darauf verzichtet, auch ein Pferdebedarfsartikel-Outlet hier anzusiedeln, wie das ursprünglich vorgesehen gewesen sei. Der Umweltschutz macht auch beim Winterdienst der Straßenmeisterei Kusel weitere Fortschritte. Nach den gelungenen Schritten vom Streusalz hin zu einer mäßig gesalzenen Lauge soll nun beim Räumen ganz auf Salz verzichtet werden, das der Natur nicht gefällt und das auch die Autos so hässlich verdreckt. Künftig werde in einem Modellversuch nur noch Wasser eingesetzt, um die Straßen im Winter von Eis und Schnee zu befreien, heißt es in einer Mitteilung des Infrastrukturministeriums, das dabei auch nicht verhehlt, dass sich das Land nach einer erneuten Strafzahlung für den Flughafen Hahn kein Salz mehr leisten kann. Erste Ergebnisse der Wasser-Offensive im Winterdienst sollen bis Februar vorliegen. (wop)

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