Kreis Kaiserslautern „Wir sind ein ungastliches Vogelland“

Es steht nicht gut um den Spatz. Im Landkreis und in der Stadt Kaiserslautern pfeift er schon lange keine Neuigkeiten mehr vom Dach. Nun hat es der kleine Kerl und mit ihm die gesamte heimische Vogelwelt amtlich: Von unseren etwa 160 Vogelarten ist laut aktueller Roter Liste die Hälfte arg in Bedrängnis geraten. Spatz, Schwalbe und Feldlerche gehören dazu. Rebhuhn und Kiebitz sind im Kreis schon ganz von der Bildfläche verschwunden.

„Tief traurig, aber nicht überrascht“ zeigt sich Alfred Klein, Vogelkenner und ehemaliger langjähriger Vorsitzender beim Naturschutzbund (Nabu) Weilerbach. „Ich sage schon lange, wir haben beim Spatz und der Rauchschwalbe einen flächenmäßigen Totalverlust“, nennt Klein die beiden bekanntesten Arten, die ganz „selbstverständlich“ in den Dörfern immer vorkamen. Aus und vorbei! „Hören Sie mal in Ihrem Dorf, ob da der Spatz noch zschilpt. Wenn in Kaiserslautern auf dem Stiftsplatz der Markt vorbei ist, war früher immer der Spatz zur Stelle. Sehen Sie noch einen?“, fragt Klein. Er fügt an: „Was sind wir nur für ein ungastliches Vogelland?!“ Der Ornithologe geht hart ins Gericht mit Umweltministerium, den Naturschutzbeiräten, den Verbänden − und macht vor sich selbst nicht halt: „Wir haben es noch nicht einmal geschafft, die Bestände so zu halten, wie sie vor 25 Jahren waren. Was haben wir eigentlich geleistet?“ Es sind alarmierende Zahlen, die sich in der aktuell vom Land vorgelegten Roten Liste widerspiegeln: 19 Arten sind ausgestorben, weitere 27 Brutvogelarten gelten als vom Aussterben bedroht, acht der heimischen Arten sind stark gefährdet, zwölf gefährdet, vier nur noch extrem selten anzutreffen und weitere 15 Brutvogelarten stehen auf der Vorwarnliste. Damit sind rund 50 Prozent der noch vorhandenen knapp 160 bei uns brütenden Vogelarten bedroht. Ausgenommen vom Negativtrend sind Vogelarten wie Uhu, Wanderfalke, Kormoran oder Storch, die meist „Flaggschiffcharakter“ (Zitat Rote Liste) besitzen und sich dank konkreter Schutz- oder Hilfsmaßnahmen deutlich erholen konnten. Die Großen haben Artenschutz, die Kleinen sind untergegangen. Aber warum? Was ist passiert? „Wenn ich vor ein paar Jahren mit dem Auto über die Landstraße gefahren bin, musste ich hinterher die Scheibe putzen. Die war voll mit Fliegen“, deutet Klein an, dass der Mensch die Insekten gezielt zurückgedrängt hat und nun dem Vogel die Nahrung fehlt. „Wo soll das Rebhuhn in unserer ausgeräumten Landschaft Unterschlupf finden?“, kommt er zum nächsten Punkt. „Unsere Gemeinden geben viel Geld aus, um im Herbst an den Straßenrändern, den Ausgleichsflächen jeden Grashalm klein zu schreddern und damit auch das letzte Samenkorn an den Halmen zu vernichten“, sieht er für viele Samenfresser ein Nahrungsproblem, wenn es im Winter keine Altgrasfluren findet. Werde Ende des Winters gemäht, sei vielen Vögeln geholfen. Dass die Vögel aus den Dörfern und Städten verschwinden, liegt laut Klein aber auch daran, dass es immer mehr Vorgärten oder Gärten ohne Natur gibt: „Ein Futterhaus in den Steingarten gestellt, das hilft dem Vogel nicht wirklich.“ Ein großes Problem stellen laut dem Nabu-Mann die vielen verwilderten als auch die Hauskatzen dar. Weit über acht Millionen Katzen sind statistisch erfasst. Seriöse Schätzungen gehen Klein zufolge von über 20 Millionen Katzen in Deutschland aus. Selbst wenn nur ein Teil davon Freilauf hat und pro Monat zwei Vögel schnappt, sei das immens. Es reiche zudem, wenn die Katze stundenlang vor dem Nest lauert, ohne einen Vogel zu fangen. Auch dann werde nicht mehr gefüttert: „Diese Jungen können sie dann abschreiben.“ Alfred Klein plädiert dafür, die eigene Katze doch wenigstens in der Brutzeit zu beaufsichtigen. Die Vogelwelt – und seien es „nur“ Meise, Fink oder Amsel – habe es an sich schon immens schwer, wie die Rote Liste belege. Da sollte kein Vogel unnötig zum Spielball einer gut genährten Katze werden.

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