Kreis Kaiserslautern „Besser Pälzisch als Deutsch“

„Schee“ und die Steigerung „Mäschdisch schee“ waren am Wochenende in Landstuhl immer wieder zu hören. Allerdings nicht aus einheimischen, sondern vielmehr aus brasilianischen Kehlen. Solange Kamphorst, Carlos Alberto Klein und Marco Alles bereisen zehn Tage lang die Heimat ihrer Vorfahren.

Am Samstag besuchten sie das Westpfälzer Musikantenmuseum und die Burgruine Nanstein. Zustande gekommen ist dieser Besuch durch die Tournee der „Pälzer Komödie“ aus Landstuhl im vergangenen Herbst. Schon jetzt wird an einer Fortsetzung dieser Freundschaft gefeilt. „Sprechen alle noch Deutsch?“, will Elwir Held wissen. Ein dreistimmiges „Ja“ und den Zusatz „Aber besser Pälzisch“ erhält er als Antwort. Das Trio aus Brasilien staunt nicht schlecht, als es die Ausstellungsräume des Westpfälzer Musikantenmuseums in Mackenbach betritt. Bedeutet doch der Rundgang auch ein Eintauchen in die Geschichte der Vorfahren, die sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Westpfalz und dem Hunsrück auf den Weg in aller Herren Länder machten, um sich und ihre Familien durchzubringen. Darunter befanden sich auch Bauernfamilien, die in Brasilien eine neue Heimat fanden. Schnell finden sich Anknüpfungspunkte und Gemeinsamkeiten. Held zeigt die Instrumente, greift zur Trompete und drückt die Schalter des Zirkusmodells. Man tauscht sich über Gepflogenheiten und Bräuche aus, und als Held ruft „Wem is die Kerb?“, kommt prompt die Antwort: „Unser!“ Gemeinsam wird auch das Lied „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“ angestimmt. „Wenn du musizieren kannst, machen dir die Leute in der ganzen Welt die Tür auf“, merkt Carlos Alberto Klein an. „Musik ist international, jeder versteht sie.“ Zum Abschied überreicht ihm Held eine Mundharmonika aus dem Archiv und kommt nicht umhin, sie mit Datum zu signieren. Anders hingegen sieht es mit der Pfälzer Mundart in Brasilien aus. „Die Generation nach uns spricht kaum noch Deutsch. Es gibt schon heute Verständigungsprobleme“, erzählt Solange Kamphorst. Sie befürchtet, dass diese Wurzeln bald verkümmern könnten. Dies ist auch der Grund, weswegen die Tournee der „Pälzer Komödie“ für die Nachfahren der Auswanderer – mittlerweile die sechste Generation – eine so große Bedeutung hatte. Dahinter steckt die Hoffnung, dass sich gerade junge Menschen wieder für den Dialekt interessieren und damit auch ihre Identität und Kultur bewahren. Eine Chance dazu sieht Klein in dem Volkstheater, das er in seiner Heimat betreibt, in dem auch die Akteure aus der Pfalz aufgetreten waren. „Einige Zuschauer haben bedauert, dass sie nicht alles verstanden haben“, berichtet er. „In Deutschland spricht man nicht mehr so wie wir.“ Er selbst steht in Brasilien als Schauspieler auf der Bühne und ist im Fernsehen als „Herta“ zu sehen, die zu einer Kultfigur geworden ist. Mit Lockenkopf, Lippenstift und Nagellack blüht die Witwe im fortgeschrittenen Alter auf, nachdem sie jahrelang Kinder und Enkelkinder betreut hat, und begibt sich auf Männerfang. Während des Besuchs hier hat er sich bei zwei Auftritten in Nohfelden und Schweich-Issel in sie verwandelt. „Ich war etwas aufgeregt, weil ich nicht wusste, ob mich die Zuschauer verstehen“, gesteht er ein. Doch diese Gedanken scheinen unbegründet. „Der Auftritt ist gut angekommen.“ Ähnlich wie auch die Spieler der „Pälzer Komödie“ bei ihrer Tournee von Gastfamilien aufgenommen wurden, ist das Trio nun bei den Darstellern hier untergebracht, die ihnen auch die Region zeigen. Bereist haben sie bereits die Region verbunden mit Stippvisiten in Idar-Oberstein, Trier, Bernkastel-Kues und an der Saarschleife. Besuche in Koblenz, Mainz und Heidelberg stehen noch bevor. Am Samstag haben sie nun auch den Nanstein kennengelernt, dessen Geschichte ihnen von Walter Potdevin näher gebracht wurde. Marco Alles ist zum ersten Mal in Deutschland. „Man macht sich ein Bild von einem Land – aber es ist gar nicht so“, beschreibt er seine Eindrücke. „Man denkt, dass die Deutschen so verschlossen und zugeknöpft seien, aber wir sind überall willkommen.“ Carlos Alberto Klein fügt an: „Wir haben viele Fotos gesehen, aber es ist noch viel schöner und hat so viel Geschichte. Wundervoll!“ Für das Trio steht fest, dass es an diesem Austausch und den geknüpften Freundschaften festhalten möchte. Ein nächster Besuch im Sommer, eventuell mit einem Auftritt von Kleins Ensemble in der Sickingenstadt, wird derzeit vorbereitet. Für Potdevin hat diese Freundschaft ebenfalls eine große Bedeutung. „Es freut mich, wenn wir die Menschen in ihren Bemühungen um den Erhalt des Kulturguts unterstützen können“, sagt er. „Unsere Spieler lernen dadurch viel Neues und machen ganz andere Erfahrungen.“ (lmo)

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