Schaidt Jubiläumstour: Seit 60 Jahren bereist der MGV Liederkranz Europa mit dem Bus

Schon bei der Tour zum 50. Jubiläum im Jahr 2013 ging es nach Kroatien, damals war die Insel Krk das Ziel.
Schon bei der Tour zum 50. Jubiläum im Jahr 2013 ging es nach Kroatien, damals war die Insel Krk das Ziel.

Athen, Rom, Oslo oder Kopenhagen – fast ganz Europa haben die Mitglieder und Freunde des MGV Liederkranz in den letzten sechs Jahrzehnten bereist – immer mit dem Bus. Am Sonntag starten die Schaidter ihre Jubiläumstour – in Erinnerung an den Initiator und dessen soziale Intention.

Am frühen Sonntagmorgen startet der Reisebus von Schaidt in Richtung Poreč, an der Küste der Halbinsel Istrien im Westen von Kroatien gelegen. Zum 60. Mal wird die Tour von Fichtenkamm Reisen aus Rheinzabern organisiert. „Der Bus ist wie immer voll“, sagt Nikolaus Weinert. Weinert ist nicht nur Schatzmeister des MGV Liederkranz, sondern hat seit 2004 auch die Federführung bei der Organisation der Busreisen inne. „Wir haben einige Gruppen, die schon seit Jahren unsere Kunden sind, aber dass eine Reisegruppe seit 60 Jahren mit uns fährt, das ist schon außergewöhnlich“, sagt Sabine Siering, die zusammen mit ihrem Bruder Tobias Fichtenkamm die Geschäftsleitung von Fichtenkamm Reisen bildet.

Genau genommen unternimmt der Liederkranz Schaidt bereits seine 62. Busreise. Bei den ersten beiden Fahrten war man mit dem Busunternehmen Friedmann unterwegs, ab 1965 übernahm dann Fichtenkamm. 1954 hat Jakob Fichtenkamm die Firma „Omnibus Fichtenkamm“ gegründet, die ab Mitte der 1960er Jahre auch Reiseziele in ganz Europa anfuhr. Mit einem der ersten dafür angeschafften Fernreisebusse waren dann auch die Schaidter unterwegs. Ziel war damals La Villa in den Dolomiten.

Emil Geörger war der Initiator

Die Idee für die Busreisen hatte der damalige Schaidter Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Emil Geörger. Unterstützt wurde er von Gemeindesekretär Hugo Burghart. Geörger wollte es den Bürgern seiner Gemeinde ermöglichen, Europa kennenzulernen. Auslandsreisen waren in den frühen 1960er Jahren noch keine Selbstverständlichkeit. Von Anfang an war der Männergesangverein mit im Boot, dessen gesellschaftliche Bedeutung damals wesentlich höher war als heute.

„Das Geld war in diesen wirtschaftlichen Aufbauzeiten noch nicht so vorhanden. Aus diesem Grund ließ der Bürgermeister eine Reisekontoliste beim Gemeindesekretär anlegen“, erzählt Weinert, der die alten Unterlagen durchgesehen hat. Jeder Teilnehmer konnte über das Jahr einen Betrag von 5 oder 10 D-Mark einzahlen. „So wie es sein finanzieller Spielraum erlaubte. In einem Monat hatte man etwas mehr Geld übrig, im anderen etwas weniger. Am Ende war dann der vollständige Reisebetrag bezahlt“, erläutert Weinert die Hintergründe. Durch diese Art der Finanzierung hätte sich der ein oder andere an der Reise beteiligen können, der nicht so finanzkräftig war. „So kamen stattliche Reisegruppen zusammen, die mit zwei oder drei Bussen auf Reisen gingen“, sagt Weinert.

Bernd Geörger übernimmt

1967 verstarb Emil Geörger, sein Sohn Bernd übernahm die Reiseorganisation. Mit Bernd Geörger und Jakob Fichtenkamm, beziehungsweise dessen Nachfolger Willi Fichtenkamm, der 1991 die Geschäftsführung des Reiseunternehmens übernommen hatte, bereisten die Schaidter fast ganz Europa. Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Spanien, Ungarn, Griechenland, Polen, England, Schottland, das damalige Jugoslawien oder die Tschechoslowakei gehörten zu den Zielen. Auch Inseln wie Sizilien, Sardinien, Korsika, Korfu oder Rügen wurden besucht.

Nikolaus Weinert war 1987 zum ersten Mal dabei, damals ging es nach Oslo und Göteborg. Ein außergewöhnliches Ziel steuerten die Schaidter im Jahr 1993 an: Moskau. Nach dem Zerfall der Sowjetunion zwei Jahre zuvor befand sich Russland im Herbst 1993 in einer Verfassungskrise. Anfang Oktober rollten sogar Panzer durch die Stadt. Da waren die Schaidter aber schon weg. „Es war eine abenteuerliche Reise, aber Moskau war nur eine Zwischenstation“, erinnert sich Weinert. Die Fahrt damals ging über die Zwischenstationen Warschau und Moskau nach Helsinki. Zwölf Tage war man unterwegs.

Aus gesundheitlichen Gründen musste Bernd Geörger 2003 die Organisation der Reisen aufgeben; Nikolaus Weinert übernahm. Bis 2010 war Willi Fichtenkamm noch sein Ansprechpartner bei dem Reiseunternehmen, dann dessen Kinder Tobias Fichtenkamm und Sabine Siering. „Die Zusammenarbeit war immer problemlos“, bestätigt Weinert.

Auch während Corona wird verreist

Inzwischen sind viele Mitglieder des MGV schon etwas älter, größere Reisestrapazen wollen sie nicht mehr auf sich nehmen. Der Bus wird trotzdem immer voll. „Zunächst frage ich unter den Sängern, wenn ich aber merke, dass es nicht genug Anmeldungen gibt, setze ich eine Meldung ins Amtsblatt, dass noch Plätze frei sind. Die Nachfrage ist dann immer groß“, sagt Weinert. Das bestätigt Sabine Siering: „Es gibt Personen, die nicht aus Schaidt sind, die sind einmal mitgefahren und jetzt regelmäßig dabei. Die wollen am Ende der Reise schon wissen, wo es nächstes Jahr hingeht.“

Gefahren wurde in den vergangenen 60 Jahren immer, auch während Corona. „Da mussten wir uns halt an die Corona-Regeln halten“, sagt Siering. 2021 ging es ins Salzburger Land, im Bus musste Maske getragen werden. „Und der Musikabend fiel aus, es durften ja keine Instrumente gespielt werden“, so Siering. Bei der Jubiläumstour gibt es natürlich wieder das volle Programm, mit Ausflügen und Abendunterhaltung.

1965 besuchten die Schaidter La Villa in Südtirol. Reisen ins Ausland waren damals noch keine Selbstverständlichkeit.
1965 besuchten die Schaidter La Villa in Südtirol. Reisen ins Ausland waren damals noch keine Selbstverständlichkeit.
x